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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition)
Autoren: Thomas de Padova
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Prag gekommen zu sein, wo ihm sämtliche Beobachtungsdaten seines Vorgängers, des von Messinstrumenten besessenen Sternenguckers Tycho Brahe, zugefallen sind.
    Kepler hat diesen Schatz gehoben. In aufreibender Kleinarbeit hat er Brahes präzise Daten ausgewertet und mit eigenen physikalischen Hypothesen verbunden. Seinen Berechnungen zufolge ziehen sämtliche Planeten, inklusive der Erde, in elliptischen Bahnen um die Sonne. Sie ist der Motor des ganzen Planetenkarussells: über riesige kosmische Distanzen hinweg wirkt eine Sonnenkraft auch auf die Erde ein. Gleichzeitig hebe die Anziehungskraft des sehr viel näheren und kleineren Mondes die Weltmeere an und verursache auf diese Weise Ebbe und Flut. Nicht einmal Galilei wird ihm das abnehmen.
    Die Neue Astronomie gründet auf astronomischen Beobachtungen, physikalischen Überlegungen, mathematischen Beschreibungen und nicht zuletzt auf Keplers tiefen religiösen Überzeugungen. Der gebürtige Schwabe hat Theologie studiert. Er wollte Pfarrer werden, ehe man ihn als Mathematiklehrer nach Graz schickte. Am Anfang seiner Begeisterung für die Himmelskunde steht sein fester Glaube, dass das Universum ein wohlgeordnetes Ganzes bildet: Gott habe den Kosmos nach rationalen Kriterien entworfen, die für den Menschen einsichtig sind. Als Mathematiker hat Kepler es sich zur Aufgabe gemacht, diese rationale Struktur des Universums zu erkennen und die disparaten Himmelserscheinungen zu einem einheitlichen, einsichtigen Bild zusammenzufügen.
    Genau darum haben sich vor ihm schon viele Gelehrte bemüht. Sie alle aber haben sich im Dickicht der Planetenbewegungen mehr oder weniger verrannt. Von der Erde aus betrachtet, malt zum Beispiel ein Planet wie der Mars bei seinen nächtlichen Wanderungen wundersame Schleifen an den Himmel. Immer wieder kommt es vor, dass der Planet seine Bewegungsrichtung umkehrt und kurzzeitig den entgegengesetzten Kurs einschlägt.
    Solche Unregelmäßigkeiten in Gottes Schöpfungsplan nimmt Kepler nicht hin. Zumal die Marsschleifen verschwinden, sobald man die von Nikolaus Kopernikus aufgestellte Theorie ernst nimmt und konsequent weiterdenkt: Nicht die Erde bildet das Zentrum des Kosmos, um das der Mars und alle anderen Planeten kreisen, sondern die Sonne. Und es ist auch nicht die ganze Sternenschar, die sich Nacht für Nacht um unseren Globus dreht, sondern lediglich die Erdkugel, die in 24 Stunden einmal um ihre Achse rotiert.
    Für seine Zeitgenossen ist das eine bizarre Vorstellung. Selbstverständlich hält jedermann die Erde für den Mittelpunkt der Welt. Keine alltägliche Erfahrung deutet darauf hin, dass der Globus in rasender Fahrt durch das Universum jagen könnte.
    Wohl aber die Ergebnisse der astronomischen Studien Keplers. Er hat die kopernikanische Theorie anhand der seinerzeit präzisesten und umfangreichsten Beobachtungsdaten geprüft. Um als Zuschauer auf einer sich drehenden Erde die »wahre« Bahn des Mars um die Sonne zu ermitteln, hat er mathematisch äußerst anspruchsvolle Berechnungen angestellt. Die Schlussfolgerungen daraus sind ihm zunächst alles andere als willkommen gewesen.
    Er hat sich gegen die eigene Vernunft gesperrt und die Daten immer wieder hin und her gewendet. Erst in einem jahrelangen Kampf, seinem »Kampf gegen den Mars«, hat er sich zu der These durchgerungen, dass die Planeten nicht in Kreisen, sondern auf weniger schönen Ellipsenbahnen um die Sonne ziehen. Und das nicht einmal gleichmäßig. Auf ihrem Weg ändern sie auch noch ihre Geschwindigkeiten.
    Kepler bricht mit den traditionellen Vorstellungen vom Aufbau des Kosmos, die das Denken der Astronomen über zweitausend Jahre geprägt haben. Seit der Antike ist die gleichförmige Kreisbewegung Ausdruck für die Regelmäßigkeit und Perfektion sämtlicher Abläufe am Himmel gewesen. Sie gilt als »natürliche« Bewegung der Gestirne, die sich ohne jegliche Veränderung bis in alle Ewigkeit fortsetzt. Kopernikus und Brahe haben an diesem Gedanken festgehalten und den Kosmos in ein unübersichtliches Räderwerk aus ineinander geschachtelten Kreisen verwandelt, um den Beobachtungsdaten gerecht zu werden.
    Nur widerstrebend hat sich Kepler von dieser Denkfigur verabschiedet. Fieberhaft hat er versucht, das Spiel der Bewegungen mit derselben Mathematik zu beschreiben wie seine Vorgänger, sich dadurch aber nur in immer neue Nöte gestürzt. Doch anders als Galilei lacht Kepler über die eigenen Fehler, um sich kurz darauf über seine Erkenntnisfortschritte
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