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Das Blut der Medusa

Das Blut der Medusa

Titel: Das Blut der Medusa
Autoren: Jason Dark
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{c}Vorwort{/c}
    Medusa - eine Frauengestalt aus der griechischen Sage - ist eine betörende Schönheit. Ihr Name steht aber auch für Tod, Schrecken und Grauen. - Medusa ist das Symbol für den Zwiespalt. Ihre Haare sind widerliche Schlangen, und jeder, dem sie in die Augen blickt, versteinert auf der Stelle.
    Erst dem Gott Perseus gelingt es, die Schreckensherrschaft der Medusa zu beenden. Er köpft sie und überreicht ihren Schädel der Göttin Pallas Athene…
    »Es wird a Wein sein - und wir werden nimmer sein…« Die Stimme des Sängers tönte schmalzig aus den beiden Radio-Lautsprechern und drang in die Ohren des Nachtwächters Fritz Hoppitzan, der vor zwei Stunden seinen Dienst im Künstlerhaus angetreten hatte.
    »Schmäh!« grantelte er. »Ich kann ihn nicht mehr hören.« Er stellte den Apparat nicht ab, nur leiser, und die Stimme war so gut wie nicht mehr zu hören.
    Wein, Weib und Tod. Ein bißchen Lebenslust, ein bißchen morbide, ein wenig Leichengeruch, mit dem Tod kokettieren, das war es, was die Wiener noch immer liebten. Da konnte noch so viel Zeit vergehen, da konnten die Menschen modern werden und dem neuesten Trend nachlaufen, etwas blieb immer im Hinterkopf.
    Das Warten auf den Sensenmann…
    Auch Fritz Hoppitzan, dessen Eltern einst aus Ungarn eingewandert waren, dachte daran. Aber er wollte nicht so recht. Trotz seiner 65 Jahre hatte er vor, dem Knöchernen noch einige Schnippchen zu schlagen. Und deshalb mochte er auch die rührseligen und melancholisch klingenden Lieder nicht, in denen so oft vom Sterben, vom Tod, vom Ende gesungen wurde. Da bekam man fast schon Sehnsucht nach dem Zentralfriedhof, der auch nicht mehr das war wie früher, als noch die Leichentram fuhr und die Toten zur letzten Ruhestätte schaffte. Hoppitzan saß in seinem kleinen Büro und stierte auf die Schreibtischplatte. Er dachte an seine Tochter Anni, die sich vor zwei Wochen hatte scheiden lassen. Jetzt hockte die Dreißigjährige zu Hause herum und redete nicht nur den Tag über mit ihrer Mutter, auch noch die halbe Nacht. Da war der gute Fritz schon froh, den Posten als Nachtwächter angenommen zu haben.
    Er stellte das Radio wieder lauter.
    Und der Sänger schnulzte noch immer. Er wiederholte den Text viel zu oft.
    »Scheiße!« schrie Fritz in seinem breiten Dialekt. »Jetzt habe ich genug.« Mit einer wütenden Bewegung stellte er den Kasten aus und war froh, daß endlich Ruhe einkehrte.
    »Sterben!« sinnierte er vor sich hin und sagte dann halblaut: »ist auch nicht das Wahre.« Dann lachte er völlig unmotiviert. Seine Schultern zuckten dabei, denn er dachte daran, daß die Bilder, die hinter ihm in den Hallen hingen, viel mit dem Tod, dem langsamen Sterben der Menschen und einer unheimlichen Mystik zu tun hatten. Wer die Bilder betrachtete und schwache Nerven besaß, konnte schon mehr als einen Schauer bekommen.
    Hoppitzan überlegte, ob er sitzenbleiben oder seine Runde drehen sollte. Er beschloß, noch einmal durch die Hallen zu gehen, in denen nur die Notbeleuchtung brannte. Wenn ein Bild von ihrem diffusen Lichtschein getroffen wurde, wirkte es oft noch unheimlicher und manchmal sogar angsteinflößend.
    Ächzend stand er auf. Die Knochen wollten nicht mehr so, wie er es gern gehabt hätte. Fritz schob es auf das Wetter, das auch nicht mehr so war wie früher.
    In dieser komischen Zeit ging der Frühling direkt über in den Herbst, der sehr schnell von einem langen Winter abgelöst wurde. In diesem Jahr war die Wiener hnenstadt im März tatsächlich noch vereist gewesen, und manch ein vornehmes Pärchen hatte sich langgelegt, ohne es eigentlich zu wollen. »Es wird a Wein sein…«
    Er hätte sich fast auf den Mund geschlagen und schalt sich einen Narren, weil er das Lied nachsang, das er gerade im Radio gehört hatte. Es ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Komischerweise dachte er auch immer stärker an den Tod und an sein eigenes Ende. Wann würde man ihn holen?
    Er ging in die erste Halle, wo auf dem Parkettboden noch Teppiche mit interessanten Motiven lagen. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, stets am Rand der Teppiche herzugehen.
    Den Wert der Gemälde, die aus der Zeit des Manierismus stammten, konnte er nicht einmal schätzen. Solche Summen waren für ihn unvorstellbar. Schön waren die meisten Bilder ja. Vor allen Dingen noch bunt. Man konnte auch erkennen, was sie darstellten. Besonders ein Bild faszinierte die Menschen. Es besaß einen Titel, der nicht so leicht zu vergessen war.
    {c}DAS
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