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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh
Autoren: Matthias Praxenthaler
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ging es los. Mit einer Tagesration Joints in der Tasche und einem Abschiedskuß auf den Mund, machte sich der Euro auf den Weg zum Kundenfang. Nur daß dieser Kundenfang eben viel zäher vonstatten ging, als er sich das vorgestellt hatte. Was natürlich auf die Stimmung drückte. Nach seiner Kalkulation hätte er bis Donnerstag abend mindestens 280 Joints verkaufen wollen, doch als er am Donnerstag nachmittag den Englischen Garten betrat, hatte er nicht einmal ein Fünftel der Zielvorgabe erreicht. Und dann tappte er in die Falle. Gleich beim ersten Versuch. So schnell konnte er gar nicht schauen, da kam für Paule auch schon die Rote Karte und er flog vom Platz.
    Die Werneckwiese war gut besucht. Menschen lagen in derSonne, Menschen spielten Ball, Menschen machten Musik und Menschen lenzten faul. Der Müßiggang war das bestimmende Motiv der Szenerie, und der Euro erkannte sofort, daß er zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Und sein erstes Opfer hatte er auch ganz schnell ausgemacht. Es war ein Mann in bunten Klamotten, er saß auf einer Decke unter einem Baum, er hatte Dreadlocks und er brauchte anscheinend dringend einen Joint, denn er traf den Rhythmus nicht. Vor ihm standen zwei Bongotrommeln, auf die er wie ein Geistesgestörter einschlug, allerdings – und hier wurde der Euro plötzlich hellwach – ohne jedwedes Taktgefühl. Es schien sich um einen blutigen Anfänger zu handeln, und da konnte ein kleines Tütchen sicherlich nicht schaden. Dem Rhythmus zuliebe, und auch aus Respekt den anderen gegenüber. Die meisten Bongospieler gehören sowieso von der Erde verbannt und die, die es nicht mal können, am besten gleich ertrommelt.
    Voller Elan trabte der Euro also über die Wiese, witterte schon die schnelle Mark und steuerte siegessicher in Richtung Trommelwirbel, um nach kurzer Zeit direkt vor dem Bongospieler stehenzubleiben.
    »Let da rhythm hit ya, Bruder«, sagte er zur Begrüßung und machte das Peace-Zeichen.
    »Yeah, man«, antwortete der Bongospieler nur und trommelte unbeirrt und falsch weiter.
    »Sag mal«, eröffnete der Euro daraufhin sein übliches Verkaufsgespräch. »Du als Rasta, ich meine, du hast nicht zufällig was zum Kiffen dabei, oder?«
    »Shit no, Mann«, sagte der Bongospieler und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
    »Willst du denn was zum Kiffen?« startete der Euro die zweite Stufe seiner Verkaufsrakete.
    »Wieso?« fragte der Bongospieler zurück und trommelte immer noch. »Sehe ich etwa so aus?«
    Der Euro lachte. »Erstens ja, und zweitens würde dir so ein Joint wahrscheinlich nicht schlecht bekommen. Ich meine, du spielst ja total am Takt vorbei.«
    Jetzt unterbrach der Bongospieler sein Trommeln und warf gekonnt seine verfilzten Dreadlocks nach hinten.
    »Gefällt es dir etwa nicht?« fragte er grimmig.
    »Um ehrlich zu sein, es hört sich entsetzlich an. Richtig brutal. Folter für die Ohren. Ungefähr so.«
    »Na und?« gab der Bongospieler zurück. »Stefan Mross spielt ja auch Trompete und kann es nicht.«
    »Da hast jetzt du wieder recht«, gab sich der Euro geschlagen. »Aber zurück zur Frage. Wie wäre es jetzt mit einem kleinen Joint? Damit du in den Groove reinkommst. Und der Groove macht schließlich die Musik, Bruder, der Groove.«
    Der Bongospieler überlegte kurz.
    »Was hast du denn zu bieten?« fragte er. »Ich bin nämlich Rastafari. Vom Glauben her, falls du verstehst, was ich meine. Und wir rauchen nicht einfach jeden Scheiß, Mann. Wir rauchen nur Ganja aus dem Garten des Herrn.«
    »Da bist du bei mir zum Glück genau an der richtigen Stelle«, sagte der Euro und war hochzufrieden.
    Dann griff er in seine Umhängetasche, die vom Style her zu seinem Trainingsanzug paßte, und holte mit einem gekonnten Griff eines der Plastikröhrchen heraus.
    »Darf ich mich vorstellen«, strahlte er und hielt dem Bongospieler den verpackten Joint vor die Nase. »Mein Name ist Paul Breitner. Ich bin der Jointverkäufer deines Vertrauens. Hier, greif zu. Beste Ware. Und nur einen Fünfer pro Flug.«
    Der Bongospieler war sichtlich beeindruckt. Entspannt nahm er das Plastikröhrchen in die Hand, hielt es gegen die Sonne, holte dann in aller Ruhe den Joint heraus, roch daran und fing an zu grinsen.
    »Du bist also Paul Breitner«, sagte er und schaute Billy in die Augen.
    »Paul Breitner persönlich, jawohl!« sagte der Euro und grinste zurück.
    »Und du verkaufst Joints?« fragte der Bongospieler weiter.
    »Ready to smoke und zum besten Preis der Stadt«,
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