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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh
Autoren: Matthias Praxenthaler
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und stellte mit einem lauten Wiehern klar, daß es sich hier bloß um einen üblen Scherz gehandelt hatte. Ali saß währenddessen mit dem Hinterteil auf der Motorhaube von Billys BMW und lachte sich scheckig.
    Das sonderbare Verhalten von Muhammad und Ali hatte einen einfachen Grund. Die beiden waren auf Drogen. Eindeutig und mit großer Wahrscheinlichkeit zum allerersten Mal in ihrem Leben. Billy wollte es am Anfang zwar nicht glauben, aber dann fand er leider den Beweis dafür. Er steckte zwischen Muhammads Zähnen. Es war ein sattgrünes Hanfblatt, das die beiden Esel schließlich überführte. Es war Ende August, Billys bescheidene Marihuanaplantage, die er hinter dem Haus – natürlich ausschließlich zum Gedenken an einen lieben Freund – angelegt hatte, stand in voller Blüte. Und obwohl er die fünf kleinen Pflanzen der Sorte »Northern Light« seiner Meinung nach ausreichend vor unbefugtem Verbiß gesichert hatte, hatten Muhammad und Ali dennoch einen Weg gefunden, sich an ihnen zu vergehen. Esel sind eben viel schlauer als ihr Ruf. Ganz anders als die Hühner.

Post aus St. Adelheim.
    Gott sei Dank gibt es Tiere. Sonst gäbe es weniger Menschen. Der Zusammenhang entsteht allerdings nicht in der Küche, wie man zunächst vermuten könnte, sondern im Labor. Es ist der Tierversuch, der vielen Menschen das Leben rettet, nicht das Steak. Susi wäre schon lange tot und Dieter gar nicht erst geboren, wenn sich nicht täglich das Tier für den medizinischen Fortschritt und damit für den Menschen aufopfern würde. Danke dafür, ihr blöden Viecher.
    Billy drehte den Spieß nun um. Der Anblick seiner beiden bekifften Esel ließ ihm keine andere Wahl. Einerseits wollte er Muhammad und Ali natürlich nicht ihren Trip versauen, weil er wußte, wie schön und heilig so ein Trip im Normalfall war. Andererseits wollte er die beiden vor einer möglichen Paranoia schützen, weil Paranoia selbst den schönsten und heiligsten Trip rasend schnell in ein absolutes Fiasko verwandeln konnte. Also tat er für seine Esel, was er in der gleichen Situation auch für sich getan hätte. Er sorgte vor. Vorsicht ist halt die Mutter der Kiffkiste. Er gab Muhammad und Ali daher zunächst eine große Portion Äpfel zum Fressen, damit das Vitamin C Schlimmeres verhinderte und gleichzeitig der Freßflash, der die beiden irgendwann zwangsläufig überkommen würde, nicht unbefriedigt blieb. Anschließend kümmerte er sich dann noch um die Musik. Marihuana macht schließlich Rhythmus in den Hüften. Er stellte die Boxen auf die Terrasse, drehte den Verstärker auf volle Kraft und überlegte sich, mit welchen Songs er Muhammad und Ali auf ihre Reise schicken wollte. Schnell fand er das ideale Lied für die Ouvertüre. Er entschied sich für Americas »A Horse With No Name«.
    Die Esel spitzten zufrieden die Ohren, hauten sich die Wampen voll, und Billy konnte sich endlich wieder um die Vorbereitungen für den bevorstehenden Abend kümmern. Der unerwartete Drogenexzeß von Muhammad und Ali hatte ihnallerdings etwas aus seinem zeitlichen Konzept gebracht. Es war mittlerweile halb sieben Uhr durch, und der Countdown lief unerbittlich gegen Null. Er mußte sich ranhalten. Er wollte Annabelle schließlich einen großartigen Abend bieten. Er hatte sie seit über einem Jahr nicht mehr gesehen. Seit dem Tag, an dem sie sich von ihm getrennt hatte. Und angesichts der historischen Dimension, die das bevorstehende Wiedersehen darstellte, konnte man schon ein wenig aufgeregt sein. Hoffentlich beißen die Forellen heute wenigstens, dachte er noch, als er zum Briefkasten lief, um wie jeden Abend nach der Post zu sehen.
    Der Briefkasten war voll. Die Abrechnung seiner goldenen Kreditkarte von American Express, zwei antiquarische Bücher, die er bestellt hatte ebenso, und auch die beiden Flugtickets nach Lissabon waren endlich gekommen. Daneben fand er den üblichen Schwung Werbemüll, eine Kostenaufstellung seines Homöopathen und schließlich noch einen Brief in blauem Umschlag. Bereits an der Handschrift erkannte er den Absender. Es war der Euro, der da mal wieder geschrieben hatte. Und diesmal hatte er ausnahmsweise gute Neuigkeiten.
    ***
    St. Adelheim, der 23. August 2002
    Servus Billy,
    wie laufen sie, die Geschäfte? Bist Du schon Millionär? Ich bin es noch nicht.
    Hier ist alles wie gehabt. Die Tage sind zu lang und die Nächte viel zu lang. Eine Frau wäre mal eine Idee. Immer dieses blöde Wichsen. Wie will man denn da wieder ein vollwertiges
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