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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh
Autoren: Matthias Praxenthaler
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das in Deutschland mittlerweile nun mal die harte Realität sei, beklagte er sich in Rage, und weil sie als Polizisten bestimmt auch nicht die dicksten Hosen an hätten, versuchte er eine Verbrüderung, würden sie doch sicherlich verstehen, in welcher moralischen Zwickmühle er sich befunden hätte. Und deshalb habe er eben nachgedacht. Und beim Nachdenken sei er dann auf diese Idee mit den Joints gekommen, habe sich in Holland ein Säckchen Gras gekauft und das Gras in mühevoller Heimarbeit zu 500 (!) Spaßzigaretten verarbeitet. Einzig und allein mit dem Ziel, so betonte er, diese dann auf der Straße mit ordentlich Gewinn zu verkaufen, damit seine Eltern endlich mal wieder rauskämen, aus ihren eigenen vier grauen Wänden in Giesing. Denn da, so drückte er schließlich auf die Tränendrüse, stürben sie noch früh genug.
    »Und eins sage ich Ihnen«, beendete der Euro mit Verve seine Ausführungen. »Das ist die Wahrheit. Ich bin nämlichkein Dealer. Ich bin ein anständiger Bürger. Ich habe ja nicht mal einen Punkt in Flensburg. Und ich schwöre Ihnen, wenn Sie mir nicht dazwischengegrätscht wären, dann hätte ich meine 500 Joints verkauft, hätte meine Alten für ein paar Wochen nach Malle in die Sonne geschickt und alle wären zufrieden gewesen. Und deswegen, meine Herren, tun Sie mir den Gefallen und schieben Sie mich bloß nicht in diese Kriminellenecke. Auch wenn es für Sie so aussehen mag. Ich weiß ja selbst am besten, daß ich gegen das Gesetz verstoßen habe. Und das tut mir auch leid. Aber vor Gott habe ich ein reines Gewissen. Ich wollte wirklich nur etwas Gutes tun. Das müssen Sie mir glauben.«
    Die beiden Cops glaubten dem Euro kein Wort, und daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, daß sich alle Angaben, die er gemacht hatte, als wahr herausstellten. Er hatte tatsächlich einen Job als Kellner vorzuweisen, er hatte tatsächlich kranke, arme Eltern, die seit Jahren nicht mehr in Ferien waren, er hatte natürlich keine Kohle auf dem Konto (jedenfalls nicht in Deutschland, haha) und selbstverständlich hatte er auch eine Wohnung, in der er ordnungsgemäß gemeldet war und wo die Polizei bei der Durchsuchung ein paar hundert Joints sicherstellte. Aber eben nur ein paar hundert und nicht 5000. Der Rest lagerte woanders. An einem absolut sicheren Ort. Bis heute.
    Der Euro blieb bei seiner Geschichte. Selbst im Gerichtssaal wich er keinen Millimeter davon ab. Da konnte der Staatsanwalt noch so laut schimpfen, ihn als einen »unverschämten Märchenonkel« beleidigen und schließlich sogar die Gutartigkeit seines Charakters in Frage stellen. Aber warum sollte den Euro das jucken? Er konnte sich schließlich hundertprozentig auf sein ausgeklügeltes System aus Tarnen und Täuschen verlassen, das er für den Fall der Fälle entwickelt hatte. Wie dieses System allerdings genau funktionierte, welche Menschen ihm dabei behilflich waren und vor allem, warumihm die Polizei trotz erheblicher, investigativer Anstrengungen nicht auf die Schliche kam, blieb am Ende sein Geheimnis. Nicht mal in seiner Autobiographie, die übrigens zwei Jahre nach seiner Haftentlassung erschien, legte er die Karten auf den Tisch. Obwohl er unter einem Pseudonym veröffentlichte, hielt er sich diesbezüglich lieber stark zurück. Allein schon aus Rücksicht auf seine Komplizen. Lesenswert ist seine Autobiographie trotzdem. Allerdings mußte er sich einen neuen Titel einfallen lassen. »Kiffen mit Paul Breitner« gefiel dem Verlag nicht. »80 Prozent aller Bücher werden von Frauen gelesen«, hatte man ihm gesagt. »Und welche Frau interessiert sich schon für Fußball?«

Eselsmilch.
    Muhammad und Ali ging es prächtig. Sie nahmen gerade ein Bad. Im Forellenteich. Billy hätte spucken können, als er das sah. Nicht, daß er ihnen die Abkühlung nicht gegönnt hätte. Er wußte schließlich aus eigener Erfahrung, wie herrlich erfrischend so ein Bad in seinem Forellenteich war. Und wenn er ebenfalls bis unter die Nüstern bekifft gewesen wäre wie seine beiden Esel, hätte er sogar gerne eine Runde mit geplantscht. Aber erstens war er stocknüchtern und zweitens ein wenig im Streß. In knapp einer Viertelstunde würde sie kommen, seine Ex. Und Billy hatte ihr versprochen, letzte Woche am Telefon, daß es auch Fisch geben würde. Weil Annabelle das mittlerweile lieber mochte als Fleisch. Ihr Job als Chirurgin hatte etwas Grundsätzliches bei ihr verändert. »Kein Problem«, hatte Billy zu ihr gesagt. »Ich fange dir ganz
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