Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh
Autoren: Matthias Praxenthaler
Vom Netzwerk:
unterwegs. Da haben wir mehr als genug Zeit.«
    »Aber jetzt wäre ich gerade genau in der richtigen Stimmung«, versuchte Johann es noch einmal.
    Erfolglos. Billy ließ sich nicht darauf ein.
    »Da kommt sie schon«, sagte er nur. »Annabelle ist jetzt da, Johann. Also, ich muß Schluß machen. Wir sehen uns dann morgen, ja? Schlafen Sie wohl, Johann. Gute Nacht.«
    Dann legte er auf, trank noch einen Schluck und ging Annabelle entgegen. Am Ende dann doch ohne Glas in der Hand.

Sonnenaufgang.
    Billy hatte den besten Chef der Welt und einen Traumjob gleich mit dazu. Es hatte alles gestimmt. Seit dem Augenblick, als Johann, der Freie Herr von den Maaren, ihm mitten auf dem Starnberger See seinen dicken Montblanc-Füller gereicht und Billy eine Minute später seine Unterschrift unter den Ausbildungsvertrag gesetzt hatte, gab es keine Sekunde, in der er seine Entscheidung bereut hätte. Besser hätte er es gar nicht treffen können. Er war angekommen an einem Ort des beruflichen Glücks, von dem er nie gedacht hätte, daß er für ihn so existieren könnte. Seine Arbeit machte ihm nichtnur Spaß, sie war seine Erfüllung. Er hatte tatsächlich seine Passion gefunden. Und das war ein enormes Geschenk.
    Johann hatte Billy nicht zuviel versprochen. Am 23. Mai um Punkt drei Minuten nach elf Uhr, kurz nachdem der Bigbird für alle Zeit in der Tiefe des Starnberger Sees verschwunden war und die letzten Luftblasen an der Wasseroberfläche in den Nachthimmel ploppten, änderte sich alles, und Billy ging wie prophezeit vor Freude in die Knie. Die Überraschung war Johann jedenfalls gelungen. Billy stellte sich seitdem oft die Frage, wo er wohl gelandet wäre, wenn er sich tatsächlich an die Dachreling seines Mercedes gekettet hätte? Ganz oben, bei BMW, da, wo er sich damals eingebildet hatte, eigentlich hinzuwollen, garantiert nicht.
    Als Billy die zwei roten Leuchtkugeln über sich in den Himmel aufsteigen sah, war ihm sofort klar, daß etwas passieren würde. Natürlich, er traute seinen Augen nicht und konnte es sich auch nicht erklären. Aber er wußte, daß das kein Zufall sein konnte. Und daß dahinter kein anderer steckte als Johann, der Freie Herr von den Maaren, das wußte er auch. Weil es so eindeutig und gleichzeitig so einfach war. Im Grunde ein billiges Rätsel. Zwei mal zwei ist vier, ja und? Erst das »Haus der zwei roten Sonnen«, und dann zwei rote Leuchtkugeln, abgefeuert zur richtigen Zeit in tiefdunkler Nacht. Kinderspiel.
    Der folgende Auftritt war dagegen ein Hammer. Johann sah aber auch aus! Billy hatte ihn gar nicht erkannt, wie er da plötzlich angefahren kam, fast lautlos aus dem Nichts, in diesem albernen Elektroboot und angezogen wie auf dem Weg in die Oper. Nur sein Gesicht war nicht zu sehen. Einerseits war es rabenschwarze Nacht, und außerdem hatte Johann sich ein Nachtsichtgerät über den Kopf gezogen, das er sich extra für dieses Treffen auf dem Starnberger See gekauft hatte. Und er war hochzufrieden damit.
    »Tolle Technik«, befand er, als er neben Billys Ruderbootzum Stehen kam und sich das Nachtsichtgerät vom Kopf zog. »Die Schweizer Armee benutzt das gleiche Modell. Auf die Schweizer kann man sich halt noch verlassen, wenn es um Fragen der Qualität geht. Wollen Sie mal?«
    Johann, der Freie Herr von den Maaren, reichte Billy das Nachtsichtgerät ins Boot. Billy griff zu, hielt es sich vor die Augen und sah Johann sprachlos an. Er strahlte. Ganz hell.
    »Nachtsichtgeräte werden immer wichtiger«, fuhr Johann nach einem Moment begeistert fort. »Ohne Nachtsichtgeräte ist schon bald kein Krieg mehr zu gewinnen auf dieser Welt, glauben Sie mir. Was im Umkehrschluß leider nicht bedeutet, daß man ohne Nachtsichtgeräte einen Krieg in jedem Fall verliert. Sonst müßte man dieses Teufelszeug ja nur verbieten und Ruhe wär, nicht wahr?«
    Billy mußte kurz nachdenken. Das war gerade alles ein bißchen viel für ihn.
    »Warum sind Sie hergekommen?« fragte Johann dann.
    »Ich weiß nicht«, antwortete Billy. »Es war so ein Gefühl.«
    »Das ist gut«, sagte Johann. »Dann können wir ja endlich zum Geschäftlichen schreiten.«
    Er griff nach einer ledernen Aktentasche, öffnete sie und zog einige lose Papiere heraus.
    »Erich Kästner sagt«, begann Johann jetzt »›Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.‹ Ein schlauer Satz. Und er führt uns direkt zu Ihrem derzeitigen Dilemma, nicht wahr? Deshalb sind Sie schließlich gekommen. Und ich will nicht lange rumreden, denn es ist doch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher