Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh
Autoren: Matthias Praxenthaler
Vom Netzwerk:
einfach eine Forelle.« Doch das konnte er jetzt natürlich vergessen. Von den Forellen war nichts mehr zu sehen, als er mit seiner Angel und einem Kescher am Teich ankam. Muhammad und Ali hatten sie vertrieben. Die blöden Kiffer.
    Ansonsten war alles gut. Billy roch lecker, der Champagnerwar wohltemperiert, die Grillkohle glühte weiß und der Tisch auf der Terrasse sah aus wie ein Bild aus dem Garten-Special von ›Schöner Wohnen‹. Auch die Kerzen waren mittlerweile weit genug runtergebrannt, daß Annabelle nicht sofort sehen würde, daß er sie extra für sie und den heutigen Abend gekauft hatte. Abgesehen vom fehlenden Fisch stand einem gelungenen Wiedersehen also nichts mehr im Wege. Bis auf Billy selbst. Der war nämlich gespannt wie ein Trafohäuschen, und das bereitete ihm in gewisser Weise Sorgen. Sie habe etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen, hatte Annabelle zu ihm gesagt, als sie sich für heute verabredet hatten. Und das war sehr komisch. Was konnte es schon Wichtiges geben, nach über einem Jahr absoluter Stille?
    Billy riß sich eine Flasche Champagner auf und goß sich kräftig ein. Das erfrischte und beruhigte zugleich. Außerdem wirkte man als Gastgeber immer irgendwie souveräner, wenn man die Gäste mit einem Glas in der Hand begrüßte. »Schön, daß ihr da seid«, hieß da die Botschaft. »Aber ich hätte mich natürlich auch prächtig amüsiert, wenn ihr zu Hause geblieben wärt, ihr alten Arschlöcher.« Und etwas von genau dieser Haltung wünschte sich Billy im Moment. Nachher erzählte ihm Annabelle noch, daß sie diesen Pierre geheiratet habe, jetzt von ihm ein Kind erwarte, und deshalb wissen wolle, ob er, Billy, nicht vielleicht den Patenonkel machen würde. Und für einen Fall wie diesen wollte Billy gewappnet sein. Man wußte ja nie, was die Ladies vorhatten. Und darauf eine Witwe Cliquot.
    Dann klingelte das Telefon. Um kurz vor acht und mitten hinein zwischen das erste und zweite Glas. »Annabelle!« dachte Billy sofort. Aber verdacht. Es war nur Johann, der Freie Herr von den Maaren.
    »Guten Abend, Billy«, sagte er mit aller Ruhe der Welt. »Wie geht es Ihnen denn so, an diesem herrlich lauen Sommerabend?«
    »Gut Johann, sehr gut«, antwortete Billy. »Ich bin nur leider gerade nicht unbedingt in Plauderlaune. Annabelle kommt jede Minute. Sie wissen schon. Außerdem haben wir uns doch erst vor zwei Stunden gesehen. Und da ging es mir auch schon gut.«
    »Natürlich weiß ich, daß Ihre Verflossene zum Nachtessen kommt. Ich habe doch kein Alzheimer. Ich habe nur leicht erhöhte Cholesterinwerte. Und ich wollte auch nur fragen, ob die Flugtickets angekommen sind.«
    »Sie sind, Johann«, beruhigte ihn Billy. »Sie waren in der Post und ich habe sie auch schon überprüft. Lissabon. Zweimal Business. Morgen hin und übermorgen zurück.«
    »Dann bleibt also alles wie besprochen?«
    »Ich hole Sie morgen pünktlich um 9 Uhr ab. In der Früh. Alles wie besprochen«, sagte Billy und hörte in der Ferne ein Motorengeräusch.
    »Was sind Sie denn so schrecklich nervös, Billy?« wollte Johann wissen. »Sie leiden doch hoffentlich nicht unter einem Anfall von akutem Liebesfieber, oder?«
    »Nein.«
    »Dann vielleicht Reisefieber?«
    »Nein, Johann. Ich leide unter gar keinem Fieber«, antwortete Billy und reagierte harsch. »Und ich bin auch nicht nervös. Ich bekomme nur jede Sekunde Besuch von einer Frau, mit der ich vier Jahre zusammen war, die mich dann für einen anderen verlassen hat und sich jetzt nach fünfzehn Monaten Funkstille wieder bei mir meldet, weil sie mir angeblich etwas Wichtiges zu sagen hat. Und da habe ich nun mal etwas anderes im Kopf als unsere kleine Reise morgen. Außerdem ist es ja nicht das erste Mal, daß wir zusammen wegfahren, habe ich recht?«
    »Und
wie
nervös Sie sind, Billy«, sagte Johann nur und blieb dran. »Das ist ja richtig rührend. Das erinnert mich an die Zeiten, als ich auch noch verliebt war. Reisefieber dagegenhabe ich bis heute, hatte ich Ihnen davon eigentlich schon mal erzählt?«
    Auf diese Geschichte hatte Billy nun wirklich keine Lust. Zumal er mittlerweile auch das passende Auto zu dem Motorengeräusch sehen konnte. Es war ein Alfa Romeo, der da über die Straße flog und röhrend näher kam. Ein 1750er Spider Rundheck. In Silber. Und er gehörte Annabelle. Schon immer.
    »Johann, bitte, können wir das vielleicht morgen im Flieger besprechen, ja?« versuchte er daher das Gespräch abzuwürgen. »Wir sind ein paar Stunden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher