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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten
Autoren: Mary Scott
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werden. Wir frühstückten noch im Hotel, und schon vor acht Uhr zogen wir los. Die ersten neun Meilen ging es schnell und angenehm voran; ein breiter Grasstreifen erlaubte einen leichten, gleichmäßigen Galopp, mit Jack an der Spitze und Jumbo schwerfällig hinterdrein rumpelnd.
    Die Landschaft von Waikato war flach und wirkte vielleicht sogar ein wenig eintönig auf jemand, der an die hügelige und abwechslungsreichere Gegend von Gisborne und Hawke’s Bay gewöhnt war; aber auf den Wiesen grünte frisches Frühlingsgras, und während wir an den Bauernhäusern vorbeiritten, begegneten wir Herden von Milchkühen auf ihrem Weg zur Weide, die erstaunt aus ihren sanften Augen die vier Pferde anglotzten.
    Nach dem wilden, unzugänglichen Buschland der letzten dreihundert Meilen tat mir dieser vertraute, freundliche Anblick richtig wohl. Immer vor uns, fast bis zum Fuß mit Buschwerk bewachsen, erhob sich Mount Pirongia. An diesem schönen Frühlingstag blickte er blau und mild auf uns herunter, und für mehr als vierzig Jahre sollte er unser Leben beherrschen.
    Das Dorf, welches nach ihm benannt ist, hatte selbst damals schon längst seine Blütezeit hinter sich. Einmal war es ein militärischer Vorposten gewesen und hatte die Grenze zwischen King Country, wo der weiße Mann und seine sogenannte Zivilisation nicht eingedrungen waren, bewacht. Nun schlummerte es friedlich im Schatten des Berges. Es rühmte sich eines zweistöckigen Hotels, das bereits in jenen Tagen schon ein bißchen baufällig war, aber einen gewissen Ruf als >das letzte Hotel mit einer Lizenz, Alkohol auszuschenken, bevor Sie King Country betretem besaß. Es stimmte haargenau, daß es dort das letzte Hotel mit einer Ausschanklizenz für Alkohol war; aber dank der vielen >schwarzen< Brennereien, welche in jener Zeit im Busch und in Schluchten munter weiterexistierten, bestand andererseits kein Grund, sich deswegen Sorgen zu machen, — wie ein Irländer, der später auf der Farm bei uns arbeitete, es ausdrückte: »Kein Mann braucht zu fürchten, daß er entweder verdursten oder viele Meilen weit reiten muß. Den Heiligen sei Dank...« — oder zumindest den zahlreichen Schwarzbrennern.
    Zwei Meilen hinter Pirongia verwandelte sich ganz plötzlich das Landschaftsbild. Schotter hörte auf, und bald wateten wir bis herauf zu den Fesseln der Pferde im Schlamm. Grüne Weiden wurden nun von Farn und spärlichem Graswuchs abgelöst. Viele der Farmen gehörten hier den Maoris, der Rest schwer kämpfenden Milchfarmern, und die Häuser in dieser Gegend waren primitiv. Das Vieh sah ungepflegt aus, und viele der Wirtschaftsgebäude standen mitten im Schlamm. Wir kamen an eine lange Holzbrücke, unter welcher der Weipa-Fluß, immer noch hoch nach den winterlichen Regenfällen, wild und drohend wirbelte. »Nun sind wir über die Grenze. Wir befinden uns jetzt im King Country — dem vergessenen Land«, sagte Walter, während wir hinüberritten.
    Ich verstand nicht ganz, was er damit meinte. Da ich nur sehr wenig über King Country wußte, gab es eigentlich nichts, das ich hätte vergessen können. Vage Erinnerungen an Rewis letzten Widerstand, an Grenzwachen und Scharmützel zwischen den feindlichen Parteien flitzten durch mein unhistorisches Gedächtnis. »Wieso vergessenes Land?« fragte ich.
    »Weil es ein armes Land mit schlechtem Boden und miserablen Straßen ist. Und ein großer Teil davon ist in den Händen der Eingeborenen. Die Maoris brauchen keine Steuern zu zahlen, weshalb die Verwaltungsbezirke arm sind. Es gibt noch massenhaft freies Land und sehr wenig Steuereinkünfte. Du wirst bald genug davon zu sehen bekommen.«
    Heute sind diese Ebenen fruchtbar und wohlhabend. Rentable Milchfarmen stehen zu beiden Seiten der geteerten Straße, und die Häuser, ob sie nun Maoris oder Pakehas gehören, sind solid gebaut. Als wir zum erstenmal dort durchritten, war es ein hoffnungsloser Anblick. Wer wollte schließlich schon nach King Country gehen, wenn man ohne Schwierigkeiten gutes Land in Reich-weite der Zivilisation kaufen konnte? Nur Menschen, die jung und arm, optimistisch und abenteuerlustig waren. Nur verrückte Leute wie wir, sagten wir zueinander und lachten und freuten uns, wenn wir hin und wieder einen Grasstreifen fanden, der frei von Schlamm war, galoppierten munter dahin und versicherten uns gegenseitig, daß dies das einsame, wilde Buschland war, wie wir es uns gewünscht hatten. Genau das Richtige für uns.
    Kein Zweifel, es war mitten im
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