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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten
Autoren: Mary Scott
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Buschland, wo wir uns jetzt befanden, denn nach etwa weiteren acht Meilen erreichten wir das, was damals >der rote Briefkasten< genannt wurde, wo die Kawhia-Postkutsche Briefe und Vorräte deponierte. Dort verließen wir die Hauptstraße nach Kawhia und bogen in eine andere ein, kaum breiter als ein Trampelpfad, die direkt in den Busch hineinführte. Sie hieß Pekanui Road. Hier war, mit Ausnahme von ein paar Sommer- und Herbstmonaten, der Boden immer mit tiefem, klebrigem Schlamm bedeckt. Wir kamen nur sehr langsam voran; sogar Jack trottete ernüchtert hinterdrein. Leicht möglich, daß er dabei von den ebenen, glatten Straßen Canterburys träumte.
    Der dichte Busch zu beiden Seiten beschattete die Straße; die Steigung war steil mit zahllosen Haarnadelkurven. Endlich, nach, wie ich glaubte, vielen Meilen, die aber in Wirklichkeit nur drei waren, erreichten wir vergleichsweise ebenes Gelände, wo zwei Farmen aus dem Busch herausgeschnitten worden waren. Es waren primitive Häuser, die etwa eine Meile voneinander entfernt lagen, aber sie waren die ersten, die ich sah, seit wir die Hauptstraße verlassen hatten. Mein Mut begann sich ein wenig zu heben. Wir mußten den Gipfel dieses endlosen Hügels erreicht haben. Als ich das zu Walter sagte, schüttelte er bloß den Kopf.
    »Die Hälfte«, erklärte er und fügte überflüssigerweise hinzu, was er in den kommenden Jahren noch oft tun sollte: »Bist du sicher, daß du es nicht bereust?«
    Die Straße während dieser letzten drei oder vier Meilen war noch steiler und schmaler und durchquerte wildes, einsames Land. Nur unberührter Busch und hoher, riesenhafter Farn; kein Zeichen menschlicher Niederlassung. Alles beherrschend brütete darüber der Berg, seinen Gipfel in Dunstschleier gehüllt, und jetzt erschien er meinen müden Augen ein ganz klein wenig drohend. Zwischen uns und seinem Gipfel lagen steil abfallende Schluchten. Die Kurven der Serpentinen wurden immer schärfer.
    »Was auch immer kommen mag, ich werde niemals diese Straße hinunterfahren!« erklärte ich feierlich. »Ich wüßte nicht, was ich tun sollte, wenn mir in einer dieser halsbrecherischen Kurven ein Fahrzeug entgegenkäme.«
    Doch sogar sieben Meilen von Schlamm und Busch müssen schließlich einmal aufhören. In einem atemlosen Augenblick kamen wir aus der feuchten Düsternis heraus und standen plötzlich auf dem Gipfel des Hügels, auf einer grob beschotterten Straße, und schauten hinunter auf eine, wie mir vorkam, vollkommen neue Welt. Es war inzwischen Nachmittag geworden. Weit in der Ferne ließ die Sonne ein blaues Gefunkel aufleuchten. »Das ist der Hafen von Kawhia«, sagte Walter. »Und dort draußen, jenseits der Landzunge, liegt der Tasman.«
    Es war eine wunderbare Aussicht; aber nachdem ich lange Zeit geschaut hatte, erkundigte ich mich einigermaßen mißtrauisch: »Gibt es eine Straße nach Kawhia? Und haben wir dort unsere Einkäufe zu machen?« Unmöglich, sich vorzustellen, daß die lebensnotwendigsten Dinge all diese Meilen von Te Awamutu gebracht werden müßten! Und wie sollten die wohl transportiert werden?
    »Nein, bis jetzt gibt es noch keine Straße nach Kawhia. Von Oparau aus geht ein Motorboot, oder bei Ebbe kann man reiten. Aber in Oparau gibt es einen Laden, acht Meilen von unserer Farm. Die Straße dorthin ist beschottert — wenn man es eine Straße nennen kann. Schon eher ein Flußbett, mit all diesen verdammten Kieselbrocken, die sie zum Schottern nehmen.«
    Ich dachte immer noch an Kawhia, das offenbar unser nächstliegendes Dorf war.
    »Bei Ebbe?« Ich hatte eine grausige Vision, wie ich von der herantosenden, wildschäumenden See erfaßt würde. »Aber wo reitet man da?«
    »Quer über die Schlammbänke, den einen Teil des Weges muß man mit dem Pferd schwimmen, wenn man von der Flut überrascht wird. Wir werden bald hinüberreiten. ich habe dort verschiedenes mit der Bank und so weiter zu regeln.«
    »Wir werden aber nur bei sehr niedriger Ebbe gehen«, erklärte ich fest, denn ich hatte immer schon eine geheime und unüberwindliche Angst vor Wasser.
    Er lachte. »Nur noch zwei Meilen jetzt und wir sind zu Hause. Komm schon. Genug nun mit der Aussicht. Du wirst sie dauernd vor der Nase haben.«
    Aber ich sollte niemals wirklich genug davon bekommen. Zwischen uns und diesem blauen, glitzernden Streifen des Meeres erhoben sich Hügelketten. Ich zählte neun, jede tiefer liegend als die vorhergehende, bis sie endlich, weit unten am Hafen, nicht mehr zu
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