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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten
Autoren: Mary Scott
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ich wirklich mag! Du kennst mich erst seit vier Monaten.«
    »Da hast du eigentlich recht«, sagte er nachdenklich. »Ich weiß verflixt wenig über dein Leben, bevor wir uns trafen. Wir waren so damit beschäftigt, zu reiten und uns zu amüsieren und eine Farm zu kaufen, daß wir gar nicht dazu kamen, uns mit der Vergangenheit zu befassen. Ich weiß, daß du eine vergnügte Kindheit und eine Menge Spaß an der Schule und der Uni hattest; aber sonst nicht viel mehr. Das ist gerade der richtige Augenblick und der passende Ort für eine lange Story. Erzähl mal.«
    »Und du aber auch.«
    Er lachte. »Das ist mit ein paar Sätzen erledigt. Wanganui >Collegiate School<, ein paar Jahre auf einer Schaffarm, ein paar Jahre als Verwalter — dann hat es sich schon. Das reicht für heute nacht. Jetzt bist du an der Reihe.«
    Er warf einen mächtigen Holzklotz ins Feuer, goß frischen Tee auf und toastete ein paar Scheiben von unserem altbackenen Brot.
    »Fang ganz von vorne an. Was ist das erste, woran du dich erinnerst?«
    So saßen wir denn im Schein des Kaminfeuers in diesem leeren, kleinen Haus am Abhang des Pirongia, und ich erzählte ihm die Story meines Lebens.
     

Kindheit und Schulzeit
     
    Von einer ernsthaften Biographie erwartet man ein gründliches Eingehen auf die Vorfahren des Schriftstellers, aber nicht in einem so unbedeutenden Werk wie diesem. Deshalb werde ich, ungeachtet der Tatsache, daß das Leben meiner Vorfahren viel interessanter als mein eigenes war, nur wenig über sie berichten.
    Meine beiden Großväter waren Missionare. Mein Großvater väterlicherseits, George Clarke, kam als einer von Marsden’s Laien-Missionaren zur Bay of Islands und war später der erste >Schirmherr der Ureinwohners<, ein Amt, in das ihm sein ältester Sohn, ebenfalls mit dem Namen George Clarke, nachfolgte.
    Jemand, der sagt, daß seine Großeltern im Jahre 1824 in dieses Land kamen, müßte eigentlich nahezu selber hundertjährig sein, aber ich hinke sozusagen eine Generation hinter meinen Zeitgenossen her, weil mein Vater, Marsden Clarke, sich unter den jüngeren von einer dieser enormen Familien befand, mit denen unsere Großmütter erstaunlicherweise fertig wurden, und er heiratete eine Frau, die zwanzig Jahre jünger als er selbst war.
    Meine Mutter war ebenfalls die Tochter eines Missionars, der allerdings nicht aus Neuseeland stammte. Ihr Vater, Edward Craig Stuart, hatte viele Jahre in Indien verbracht, bis seine Gesundheit angegriffen war. Immer noch hoffend, daß ihm sein Arzt die Rückkehr dorthin erlauben würde, reiste er mit seinen beiden jungen Töchtern nach Sydney und lebte dort ein paar Jahre bei seinem Bruder, Sir Alexander Stuart, damaliger Premierminister von Neusüdwales. Als endgültig feststand, daß es ihm seine Gesundheit nicht erlauben würde, seine Tätigkeit in Indien wiederaufzunehmen, berief ihn die >Church Missionary Society< nach Neuseeland, damit er sich dort mit gewissen Problemen befasse, die mit den Auseinandersetzungen über Eingeborenen-Land verbunden waren. Natürlich besuchte er auf dieser Reise Waimate North, die Wiege missionarischer Bemühungen. Dort traf und heiratete meine Mutter Marsden Clarke.
    Sie hatten drei Kinder, einen Sohn und zwei Töchter, mit einem Abstand von mehr als vier Jahren zwischen jedem von uns. Mein Vater starb, als ich noch ein Baby war, und meine junge Mutter ertrug zwei Jahre lang die Einsamkeit und die vielen Schwierigkeiten des Lebens in ihrem Heim in Waimate North. Dann übersiedelte sie auf die Bitte ihres Vaters nach Napier, wo er zum Bischof von Waiapu ernannt worden war.
    Trotz des Altersunterschiedes waren meine Schwester und ich unzertrennlich. Wir hatten — davon bin ich überzeugt — eine ideale Kindheit. Unser Heim war ein großes, altmodisches Haus, das unter dem Namen >Napier Terrace< bekannt war. Ein Teil davon war früher einmal eine Knabenschule gewesen. Sein weitläufiger, verwilderter Garten grenzte an den Besitz der Colensos. Mr. Colenso lebte damals in dem einzigen Haus dort, wo sich heute ein dichtbewohntes Villenviertel befindet. Alles andere waren Wiesen und Weiden, und da Mr. Colenso ein Freund meiner Mutter war, durften wir Kinder nach Herzenlust auf dem weiten Gutsgelände herumtollen.
    Die einzige Gegenleistung, die man dafür von meiner Schwester und mir erwartete, war, daß wir jeden Samstagvormittag dem alten Herrn einen formellen Besuch in fleckenlosen weißen Schürzchen abstatteten. Er war eine ehrwürdige Gestalt mit
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