Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer
Autoren: Guy Gavriel Kay
Vom Netzwerk:
bediente.
    »Weißt du«, teilte er Dave mit, während sie darauf warteten, dass Paul mit der Zimmerreservierung fertig wurde, »dass ich mich kaum noch erinnern kann, wann mich das letzte Mal eine umgelegt hat?«
    Dave, dem es ebenso erging, und das mit größerer Berechtigung, grunzte nur. »Wie wär’s, wenn du mal zur Abwechslung deine Gedanken aus der Hose nehmen würdest?«
    Das war wohl eine schlüpfrige Bemerkung von ihm gewesen, dachte Kevin. Aber er war kein Mönch und konnte auch nicht so tun, als ob er einer wäre. Diarmuid würde das verstehen, überlegte er, obwohl er sich zugleich fragte, ob der liederliche Prinz in der Lage wäre, zu begreifen, was in Kevin beim Liebesakt vorging oder gar was es war, dem er so hartnäckig nachjagte. Höchst unwahrscheinlich, grübelte Kevin, schließlich wusste er es selber nicht so genau.
    Paul hatte die Schüssel; zwei angrenzende Zimmer, eines mit drei Einzelbetten, das andere mit einem Doppelbett.
    »Wie teilen wir die Schlafplätze auf?« versuchte Kevin zu scherzen, erhielt jedoch keine entsprechende Antwort.
    Indem sie Kimberly, die darauf bestanden hatte, allein in ihrem Zimmer zurückließen, fuhren die vier ein Stück in westlicher Richtung und schlossen sich den Reisebussen und Kleinbildkameras an der Gedenkstätte an. Sobald sie dort ankamen, wurde Kevin, trotz des etwas schäbigen Anblicks bei Tageslicht, wieder nüchtern und besonnen. Sie hatten zu tun, mussten sich auf die Ereignisse der kommenden Nacht vorbereiten.
    Im Flugzeug hatte Dave sich danach erkundigt. Es war schon sehr spät gewesen, der Film vorbei, die Beleuchtung gedämpft. Jennifer und Paul hatten geschlafen, als der hünenhafte Mann herübergekommen war, dorthin, wo Kevin und Kim saßen, wach, aber schweigend. Kim hatte die ganze Zeit nichts gesagt, war mit ihren Gedanken weit fort in einem beunruhigenden, aus Träumen geborenen Land.
    »Was haben wir dort eigentlich vor?« hatte Dave sie schüchtern gefragt, als hätte er Angst, sie zu stören.
    Und das weißhaarige Mädchen neben Kevin hatte sich dazu aufgerafft, zu antworten: »Ihr Vier werdet tun müssen, was es zu tun gibt, damit ich genügend Zeit für alles habe.«
    »Wofür denn?« wollte Dave weiter erfahren, und Kevin hatte Kim den Kopf zugewandt und sie angesehen, während sie, bei weitem zu sachlich, ihre Antwort formulierte. »Einen König von den Toten auferstehen zu lassen und ihn zu zwingen, dass er den Namen preisgibt, auf den sein Sohn hören muss. Wenn das geschafft ist, bin ich auf mich allein gestellt.«
    Da hatte Kevin an ihr vorbei aus dem Fenster geblickt und jenseits der Tragfläche die Sterne gesehen; sie flogen hoch droben über tiefes Wasser.
     
    »Wie spät ist es?« fragte Dave nun schon zum fünften Mal und versuchte mit seiner Nervosität fertig zu werden.
    »Nach elf«, gab ihm Paul Bescheid und fuhr fort, mit einem Löffel herumzuspielen. Sie befanden sich in der Bar des Hotels; er, Dave und Jen saßen am Tisch, und Kevin, es war nicht zu glauben, stand drüben an der Theke und schäkerte mit der Kellnerin. Aber eigentlich war es so unglaublich nun auch wieder nicht; er kannte Kevin Laine schließlich lange genug.
    »Wann, verdammt noch mal, kommt sie runter?« In Daves Stimme schwang Gereiztheit mit, echte Gereiztheit, und Paul konnte spüren, wie in ihm selber die Anspannung wuchs. Mitten in der Nacht würde der Ort ganz anders aussehen, wusste er, ohne das Gedränge. Unter den Sternen würde Stonehenge weit in die Vergangenheit zurückfallen. Es war dort nach wie vor eine Macht spürbar, und er wusste, in dieser Nacht würde sie offenkundig werden.
    »Wissen alle, was sie zu tun haben?« fragte er zum wiederholten Male. Dave war nicht der einzige.
    »Ja, Paul«, versicherte Jennifer überraschend ruhig. Beim Abendessen hatten sie ihr Vorgehen besprochen, nach ihrer Rückkehr von der Gedenkstätte. Kim hatte ihr Zimmer nicht verlassen, schon seit ihrer Ankunft nicht.
    Kevin kam mit einem vollen Bierglas wieder an den Tisch geschlendert.
    »Du besäufst dich doch nicht etwa?« erkundigte Dave sich streng.
    »Sei kein Idiot. Während ihr hier rumgesessen und langsam verschimmelt seid, habe ich die Namen von zwei Wachleuten dort draußen besorgt. Len ist der Große mit dem Bart, und der andere heißt Dougal, behauptet Kate.«
    Die beiden Männer schwiegen.
    »Gut gemacht«, lobte Jennifer.
    »Okay«, sagte Kim, »lasst uns gehen.« In Fliegerjacke und Schal gehüllt stand sie am Tisch. Ihre Augen unter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher