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Das vierte Opfer - Roman

Das vierte Opfer - Roman

Titel: Das vierte Opfer - Roman
Autoren: H kan Nesser
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blieb stehen. Richtete den Lichtkegel auf ein altes Puppenhaus, vollgestopft mit Spielsachen: Puppen, Teddys und allem möglichen anderen. »Ich hätte es wissen müssen ... aber das ist natürlich ziemlich viel verlangt.«
    Sie gingen weiter nach unten, Münster einen halben Schritt hinter Van Veeteren. Der Geruch von Erde wurde immer stärker... von Erde und einer ihn durchziehenden Spur kalten Zigarettenrauchs. Der Gang wurde enger, und die Deckenhöhe niedriger, sie mußten sich etwas zusammenkrümmen, gingen leicht vorgebeugt und geduckt weiter – tasteten sich vor, trotz der Führung durch das flackernde Licht der Taschenlampe.
    »Hier!« sagte der Hauptkommissar plötzlich. Er blieb stehen und leuchtete auf eine solide Holztür mit doppelter Verriegelung und einem kräftigen Hängeschloß. »Hier ist es!«
    Er klopfte vorsichtig an.
    Nichts zu hören.

    Er versuchte es wieder, etwas stärker diesmal, und Münster konnte ein leises Geräusch von der anderen Seite vernehmen.
    »Inspektor Moerk?« fragte Van Veeteren, die Wange an die feuchte Holztür gepreßt.
    Jetzt war ein klares, deutliches »Ja« zu vernehmen, und in dem Moment spürte Münster, wie etwas in ihm zusammenbrach. Plötzlich schossen ihm die Tränen in die Augen, und es gab keine Möglichkeit, sie zurückzuhalten. Ich bin ein zweiundvierzigjähriger Bulle und stehe hier und heule, dachte er. O Scheiße!
    Aber er schämte sich nicht. Er stand hinter dem Rücken des Hauptkommissars und weinte einfach im Schutz der Dunkelheit. Danke, dachte er, ohne eine Ahnung davon zu haben, an wen er seinen Dank richtete.
    Van Veeteren holte ein Brecheisen hervor, und nach ein paar mißglückten Versuchen bewegte sich das Hängeschloß. Er öffnete die Riegel und schob die Tür auf.
    »Nimm das Licht weg«, flüsterte Beate Moerk, und das einzige, was Münster von ihr sah, waren die Handschellen, das dicke, verfilzte Haar und die Hände, die sie sich vor die Augen hielt.
    Bevor er ihr gehorchte, ließ der Hauptkommissar den Lichtkegel ein paar Sekunden lang über die Wände wandern.
    Dann murmelte er etwas Unverständliches und machte die Lampe aus.
    Münster tastete sich zu ihr vor. Es gelang ihm, sie auf die Füße zu stellen ... sie lehnte sich schwer an ihn, und ihm war sofort klar, daß er sie tragen mußte. Vorsichtig hob er sie hoch und merkte, daß er immer noch weinte.
    »Wie geht es dir?« brachte er trotzdem hervor, als sie ihren Kopf auf seine Schulter gelegt hatte, und seine Stimme klang erstaunlich sicher.
    »Nicht besonders gut«, flüsterte sie. »Danke, daß ihr gekommen seid.«
    »Keine Ursache«, sagte Van Veeteren. »Ich hätte es eigentlich
früher wissen müssen, aber... ich fürchte, du mußt die Handschellen noch eine Weile ertragen. Ich habe kein Werkzeug dabei.«
    »Das macht nichts«, sagte Beate Moerk. »Aber wenn ihr sie abgekriegt habt, will ich drei Stunden lang ein Badezimmer nur für mich.«
    »Selbstverständlich«, sagte Van Veeteren. »Schließlich hat die Inspektorin reichlich Überstunden gemacht.«
    Dann führte er die beiden hinaus.
     
    Draußen auf der Terrasse warteten bereits Kropke und Mooser.
    »Er ist nicht zu Hause«, sagte Kropke.
    »Scheiße«, sagte Van Veeteren.
    »Du kannst mich absetzen, wenn du willst«, sagte Beate Moerk. »Vielleicht kann ich ja selbst gehen ...«
    »Kommt gar nicht in Frage«, sagte Münster.
    »Wo, zum Teufel, steckt er?« knurrte der Hauptkommissar. »Es ist halb sechs Uhr morgens ... da sollte er doch in seinem Bett liegen?«
    Beate Moerk hatte die Augen geöffnet, schattete sie aber mit der Hand gegen das schwache Dämmerungslicht ab.
    »Er war vor einer Weile bei mir«, sagte sie.
    »Vor einer Weile?« wiederholte Kropke.
    »Ich habe etwas Probleme mit der Zeitberechnung«, erklärte sie. »Vor einer Stunde ... vielleicht vor zwei.«
    »Und er hat nicht gesagt, wo er hinwollte?« fragte Van Veeteren.
    Beate Moerk überlegte.
    »Nein«, sagte sie. »Aber er wollte ein Zeichen haben, sagte er.«
    »Ein Zeichen?« wiederholte Mooser.
    »Ja.«
    Van Veeteren dachte eine Zeitlang nach. Er zündete sich eine Zigarette an und lief auf den Steinfliesen hin und her.
    »Mmh, mmh«, sagte er schließlich und blieb stehen. »Ja, das ist natürlich möglich – warum nicht? Münster!«

    »Ja.«
    »Du befreist die Inspektorin von den Handschellen und fährst sie ins Krankenhaus.«
    »Nach Hause«, sagte Beate Moerk.
    Van Veeteren brummte.
    »All right«, lenkte er ein. »Dann schicken wir
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