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Das verwunschene Haus

Das verwunschene Haus

Titel: Das verwunschene Haus
Autoren: Pierre Bellemare
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Man hat ihn geschnappt!
    Der Vagabund läßt sich atemlos zu Boden fallen. Während zwei Beamte ihn überwältigen, erklärt er in einem Ton, der selbstsicher klingen soll: »Ich habe nur noch fünfzig Centimes bei mir, aber noch vor einer Stunde hatte ich eine Zehnfrancs-Note, das schwöre ich! Sie brauchen sich nur im Café von Clergy zu erkundigen. Man wird Ihnen dort dasselbe sagen.«
    Wachtmeister Vauquier leuchtet ihm mit seiner Taschenlampe ins Gesicht.
    »Was soll diese Geschichte von Francs-Noten und Centimes? Hör zu, Bursche, wenn du trotz der Schüsse hinter dir einfach weitergerannt bist, mußt du einen verdammt guten Grund dafür gehabt haben! Also los, wir reden auf der Gendarmerie darüber.«
    In Handschellen folgt Blanchet den Polizisten. Er muß klein beigeben, aber er ist jetzt trotzdem ein wenig beruhigt. Sein Mangel an Geld scheint die Gendarmen nicht sehr beeindruckt zu haben, und das ist ein gutes Zeichen.
    Auf dem Polizeiposten von Clergy beginnt sofort das Verhör. Lucien ist inzwischen zu Tode erschrocken. Fünf Gendarmen sind um ihn herum und starren ihn an. Und diese vielen Uniformen... Seit seiner Kindheit fürchtet er sich vor Uniformen. Er würde alles dafür geben, in diesem Moment woanders zu sein...
    Wachtmeister Vauquier, der Luciens ausgefransten Personalausweis in der Hand hält, richtet das Wort an ihn: »Gut, du hast deine Papiere bei dir, das ist ja schon einmal etwas. Sag, Lucien, ich wette, du hast keine Lust, die ganze Nacht hierzubleiben. Du willst doch genau wie wir, daß die Sache rasch ein Ende hat, nicht wahr?«
    Lucien Blanchet lächelt und enthüllt dabei die schwarzen Löcher in seinem Oberkiefer. Das ist zu schön, um wahr zu sein, damit hatte er nicht gerechnet! Im Grunde sind die Gendarmen nicht so schlimm, wie sie tun.
    »Oh, ja!« ruft er.
    »Also wirst du jetzt brav unsere Fragen beantworten.«
    Und Lucien beantwortet brav alle Fragen, wie man ihn geheißen hat.
    »Wo hast du dich versteckt, als du auf die alte Mutter Mercier gewartet hast?«
    »Nun, ich weiß nicht...«
    »Sei vernünftig. Du willst doch, daß wir bald damit fertig sind. War es im Wohnzimmer?«
    »Ja, im Wohnzimmer.«
    »Und als sie hereinkam, hast du sie mit den Fäusten geschlagen. Und du hast sie auch noch geschlagen, als sie am Boden lag...«
    »Ja, genau.«
    »Obwohl sie laut geschrien hat. Sie hat gerufen: >Jesus, Maria und Josef!< Sie hat dich gebeten, damit aufzuhören, aber du hast sie weiterhin geschlagen...«
    Offensichtlich beeindruckt schüttelt Lucien den Kopf: »Jesus, Maria und Josef!«
    »Und dann hast du den Hund von Madame Boisseau bellen gehört, und da hast du Angst bekommen...«
    »Ja, ich hatte Angst.«
    »Und dann bist du fortgelaufen...«
    »Ja, ich bin fortgelaufen.«
    »Du konntest nichts anderes mitnehmen als einen Laib Brot, nicht wahr?«
    Der Vagabund schüttelt erneut den Kopf und sagt gleichzeitig: »Ja, so ist es.«
    Wachtmeister Vauquier lächelt zufrieden.
    »Siehst du, es hat gar nicht lange gedauert! Gut, ich lese dir jetzt dein Geständnis noch einmal vor: >Ich, der Unterzeichnete Blanchet, Lucien, geboren am 7. März 1907, erkläre hiermit, daß ich des Nachts bei der besagten Mercier, Adelaide, eingebrochen bin, mit der Absicht, sie zu bestehlen. Als diese hereinkam, stürzte ich mich auf sie und versetzte ihr mit den Fäusten mehrere Schläge ins Gesicht. Sie fiel hin und rief: Jesus, Maria und Josef!< und flehte mich an, sie zu verschonen. Dennoch schlug ich weiter auf sie ein, als sie am Boden lag. Durch das Bellen des Hundes von nebenan überrascht, wurde ich von Angst ergriffen und floh, indem ich einen Laib Brot mitnahm<... Kannst du unterschreiben?«
    »Nein.«
    »Also mach hier mit deinem rechten Daumen einen Abdruck.«
    Lucien Blanchet tut, was man ihm sagt. Er gibt sich sogar redlich Mühe und streckt die Zunge heraus, um den Daumen zu befeuchten. Dann steht er auf und fragt mit seinem strahlenden Lächeln: »Kann ich jetzt gehen?«
    Einige der Polizisten brechen in Gelächter aus, während Wachtmeister Vauquier nur die Schultern zuckt.
    Einige Wochen später bestätigt der Gefangene Blanchet ohne zu zögern sein Geständnis gegenüber dem Ermittlungsrichter.
    »Ja, Herr Richter, so war es. Sie hat gesagt: >Jesus, Maria und Josef!<«
    Er hält seine Baskenmütze auf den Knien und lächelt wie gewöhnlich. Er würde den Richter gern fragen, wann er endlich gehen kann, aber der Richter ist eine noch bedeutendere Persönlichkeit als die Gendarmen,
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