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Das verwunschene Haus

Das verwunschene Haus

Titel: Das verwunschene Haus
Autoren: Pierre Bellemare
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wirklich etwas passiert, egal was, selbst wenn es schlimm ist. Andernfalls greift diese vergiftete Atmosphäre immer mehr um sich, und am Ende verlieren wir dabei noch den Verstand...«
    Eine halbe Stunde später soll der Wunsch des Inspektors in Erfüllung gehen. Wie er telefonisch erfährt, hat man soeben die Leiche von Doris Crosby aus dem Kanal gezogen, jenes jungen Mädchens also, das telefonisch belästigt worden war. Doris Crosby ist ertrunken, wie der Inspektor feststellt, als er, von schweigenden Schaulustigen umgeben, am Schauplatz zu ermitteln beginnt. Sie weist weder Würgemale noch sonstige Verletzungen auf. Hat sie also ihrem Leben selbst ein Ende gemacht, oder hat man sie ins Wasser gestoßen? Genau diese Frage gilt es zu beantworten.
    Und wieder führen die Ermittlungen zu keinem Ergebnis. Allem Anschein nach hatte Doris Crosby in der vergangenen Nacht das Haus verlassen und sich in die Nähe des Kanals begeben, doch hatte niemand in der Gegend etwas Verdächtiges bemerkt. Es bleibt Inspektor Ashbourne also nichts anderes übrig, als auf Selbstmord zu schließen.
    Dennoch ändert sich mit dem Tod von Doris Crosby von einem Tag auf den nächsten die gesamte Situation. Wie durch Zauberei hören die Geschichten über nächtliche Überfälle unvermittelt auf. Die Lokalzeitungen beginnen, über andere Dinge zu schreiben. Und in Sheridan breiten sich erneut Ruhe und Frieden aus...
    Was also war geschehen? Diese Frage geht Inspektor Ashbourne immer wieder durch den Kopf, als er vierzehn Tage später an seinem Schreibtisch sitzt. Wie soll man diese Art von kollektivem Verfolgungswahn begreifen, der sich so vieler Bewohner der Stadt Sheridan bemächtigt hatte? Abgesehen von der jungen Doris, die vermutlich unter nervösen Störungen litt, hatten die anderen Geschichten durchaus glaubhaft und vernünftig geklungen. Außerdem hatten sich die betroffenen Personen untereinander nicht gekannt. Sie waren sich nie begegnet. Folglich hatten sie sich gegenseitig auch nicht beeinflussen können.
    Es war, als habe seit der Nacht vom 15. auf den 16. Mai irgend etwas in der Luft gelegen, das die Menschen von Grund auf veränderte. Sicher ist dies keine ausreichende Erklärung, doch was soll man sonst sagen? Das, was künftig nur noch »das Rätsel von Sheridan« genannt werden wird, wird sein Geheimnis nie lüften.
    Plötzlich wird an die Tür von Ashbournes Büro geklopft. Es ist Golding. Mit leichtem Lächeln sagt er: »Draußen ist eine Dame, Inspektor. Sie sagt, es sei dringend...«
    Peter Ashbourne fühlt sich einer Ohnmacht nahe, doch im selben Moment trippelt eine schüchtern wirkende, kleine alte Dame herein.
    Ashbourne bricht in Gelächter aus, und Wachtmeister Golding stimmt mit ein.
    »Miss Seagrove! Sie wollen mir doch nicht etwa erzählen, daß Ihr Kater noch immer auf dem Baum sitzt?«
     

Jesus, Maria und Josef!
    Adelaide Mercier ist alles andere als vernünftig. Mit ihren einundachtzig Jahren einen einsamen Bauernhof mitten auf dem Lande zu bewohnen ist äußerst gefährlich, zumal sie fast immer die Tür offenläßt. Wenn ihre Kinder und Enkel sie besuchen, sagen sie immer wieder zu ihr: »Du bist wirklich leichtsinnig, Mutter! Eines Tages wird dir etwas zustoßen, wo du doch dein ganzes Geld hier aufbewahrst!« Doch die alte Adelaide bleibt solchen Argumenten gegenüber taub.
    »Was soll einer dummen alten Frau wie mir schon zustoßen? Für mich interessiert sich doch niemand. Und außerdem wird meine Stunde ohnehin bald gekommen sein, so oder so...«
    Im nächstgelegenen Dorf Clergy, das sich bei Besançon befindet, denken die Leute dasselbe: Die alte Mutter Mercier fordert den Teufel heraus! Jeder weiß, daß sie Ersparnisse hat. Am Ende wird doch noch ein Unglück geschehen...
     
    14. September 1946. Es ist acht Uhr abends. Madame Boisseau, die Nachbarin von Adelaïde Mercier, erreicht den Dorfplatz von Clergy und stürzt ins Café. Bei ihrem Erscheinen wissen die übrigen Gäste sofort, daß etwas passiert sein muß, denn es ist das erste Mal, daß sie den Fuß über diese Schwelle setzt.
    »Rasch«, sagt sie aufgeregt, »wir müssen die Gendarmen anrufen. Es geht um Adelaïde... Sie ist überfallen worden. Ich glaube, sie ist tot.«
    Eine halbe Stunde später ist die Polizei am Tatort. Nein, Adelaïde Mercier ist nicht tot. Sie liegt mit blutendem Kopf auf dem Steinboden des Wohnraums, doch atmet sie noch.
    Schließlich kommt sie sogar wieder zu sich und kann nach und nach erzählen, was geschehen
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