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Das verwunschene Haus

Das verwunschene Haus

Titel: Das verwunschene Haus
Autoren: Pierre Bellemare
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Job, obwohl das Viertel von Queens längst nicht die Kriminalitätsrate von Stadtteilen wie Manhattan oder der Bronx erreicht. Da Mordfälle aber auch hier an der Tagesordnung sind, zeigt er sich nicht besonders überrascht, als einer seiner Kollegen ihm ankündigt: »Es gibt Arbeit für Sie, Inspektor. Eine junge Frau von siebenundzwanzig Jahren namens Kitty Holden ist heute nacht in der Austin Street ermordet worden. Sie wurde überfallen, als sie um halb vier Uhr morgens nach Hause zurückkehren wollte. Das übliche also. Der Leichnam befindet sich im Saint-Patrick-Hospital.«
    Nachdem all das zur täglichen Routine gehört, antwortet Dray in professionellem Ton: »Gut, ich sehe sie mir an. Anschließend möchte ich den Beamten sprechen, der den Fall als erster aufgenommen hat.«
    In der Leichenhalle des Hospitals untersucht der Inspektor das Opfer.
    >Schade um sie<, denkt er. >Eine hübsche junge Frau...< Dunkelhaarig, groß, schlank und gut proportioniert war sie sicher ein angenehmer Anblick gewesen. Früher jedenfalls, denn was Dray jetzt zu sehen bekommt, ist rundheraus gesagt schrecklich. Alles deutet auf das Martyrium hin. das die Unglückliche vor ihrem Tode durchgemacht haben muß.
    Ohne die Ausführungen des Gerichtsarztes abzuwarten, stellt William Dray fest, daß der Tod durch mehrere Messerstiche verursacht wurde, mindestens zehn an der Zahl. Außerdem muß sich das Opfer, bevor es starb, verzweifelt gewehrt haben: Die Kleider hängen in Fetzen, die Hände weisen tiefe Schnittwunden auf, und die Knie sind mit Abschürfungen übersät, als wäre sie lange Zeit auf dem Boden gekrochen, bis sie zusammenbrach.
    Obwohl er ein abgehärteter Bursche ist. verzieht William Dray in Anbetracht eines so gewalttätigen und ekelhaften Verbrechens angewidert das Gesicht.
    Wieder in seinem Büro angekommen, findet er dort den Beamten vor, der den Fall als erster bearbeitet hatte.
    »Man hat uns um drei Uhr fünfunddreißig angerufen, Inspektor. Das Opfer lag in der Eingangshalle seines Appartementhauses in der Austin Street 1023. Die Frau ist im Krankenwagen gestorben. Sie hatte ihr Auto, einen grünen Volkswagen, dreihundert Meter weiter unten auf dem Parkplatz von Kew Gardens abgestellt. Dort hat der Kerl sie überfallen, denn wir haben Blutspuren und die Schuhe des Opfers gefunden. Sie konnte zunächst entkommen, aber der Mann hat sie ein Stück weiter oben wieder eingeholt, vor einem Spirituosengeschäft. Auf dem Gehsteig haben wir erneut Spuren eines Kampfes entdeckt. Der Mörder hat offenbar geglaubt, sie dabei getötet zu haben, und ist geflüchtet, während die Frau noch die Kraft aufgebracht hat, sich kriechend bis zu ihrem Haus zu schleppen, denn wir haben überall auf dem Gehsteig blutige Handabdrücke gefunden. Als sie es schließlich bis in die Eingangshalle der Austin Street 1023 geschafft hatte, ist der Mörder abermals zurückgekehrt und hat ihr den Rest gegeben.«
    Inspektor Dray verzieht erneut das Gesicht. Wahrhaftig ein abscheuliches Verbrechen! Jetzt bleibt ihm nichts anderes übrig, als nach Zeugen zu suchen.
    Die Austin Street, in der er sich kurz darauf einfindet, ist wirklich eines der angenehmsten Fleckchen von New York. Die Straße ist von Baumreihen gesäumt, die Gehsteige sind breit und sauber gefegt, die Häuser wirken gepflegt. Man hat nicht den Eindruck von zunehmender Verwahrlosung wie in so vielen anderen Gebieten der Stadt.
    Inspektor Dray stellt seinen Wagen auf dem Parkplatz von Kew Gardens ab, direkt neben dem grünen Volkswagen von Kitty Holden. Er hat vor, zu Fuß bis zur Nummer 1023 zu gehen, während er sich vorzustellen versucht, was sich vor nur wenigen Stunden hier abgespielt haben mag. Verglichen mit anderen Verkehrsschlagadern New Yorks ist die Straße sehr ruhig. Nachts wird es noch weniger Verkehr geben, denkt sich Dray; folglich muß irgend jemand die Schreie des Opfers gehört haben. Und irgend jemand hat sicher auch etwas gesehen, denn die Bäume tragen noch keine Blätter, und die Austin Street ist durch die großen Straßenlaternen, die in einem Abstand von nur dreißig Meter verteilt sind, besonders gut beleuchtet.
    Es ist Mittagessenszeit, und William Dray sagt sich, daß er die meisten Leute jetzt zu Hause antreffen wird. Also kehrt er zu seinem Ausgangspunkt zurück und klingelt an einer Wohnung in dem Anwesen, das sich direkt gegenüber dem Parkplatz befindet.
    Ein Mann um die dreißig, ziemlich korpulent, in Hemd und Hosenträgern, macht ihm auf. Er hat die
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