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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter
Autoren: Michael Rothballer
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beifällige Getuschel, das diesen Worten folgte, wurde durch einen erneuten Zwischenruf übertönt: »Das ist doch ein Haufen Pferdemist! Die Insel braucht eine Garde. Die Festung, die Straßen, der Hafen müssen erhalten werden und ihr selbst werdet auch nicht nur von Luft und Wasser leben. Das kostet alles Geld. Wie wollt ihr das aufbringen, wenn ihr keine Steuern erhebt?«
    Diesmal war es Rai beinahe gelungen, den Zwischenrufer zu entdecken. Die Stimme kam von jemandem innerhalb einer kleinen Gruppe auffällig dunkel gekleideter Gestalten, etwa zehn Schritt von der Rednertribüne entfernt. Nur welcher von ihnen gesprochen hatte, war Rai auch dieses Mal entgangen. Aber er hatte bereits einen Verdacht.
    »Ganz einfach«, erwiderte Barat, bemüht seine Fassung zu wahren. »Wir werden ebenso unser Brot verdienen müssen wie ihr. Im Bergwerk von Andobras wird auch weiterhin geschürft, allerdings nur noch mittels bezahlter freiwilliger Arbeitskräfte. Das Erz und die daraus hergestellten Schmiedewaren sollen verkauft werden und der Gewinn wird für die Bezahlung der Minenarbeiter, die Erhaltung der Stadt, den Unterhalt der Garde und alle sonstigen Ausgaben verwendet, die dem Allgemeinwohl dienen.«
    »Aber wer entschädigt uns dafür, dass wir euch in nächster Zeit alle durchfüttern müssen?« Die vielstimmigen Unmutsbekundungen, welche dieser eingeworfenen Frage folgten, zeigten deutlich, dass dies für die Stadtbevölkerung eines der drängendsten Probleme darstellte.
    »Das wird sich aber später für euch auszahlen«, beeilte sich Barat, zu versichern. »Dann, wenn die Minenflüchtlinge als neue Stadtbewohner Fische aus dem Meer holen, neue Felder anlegen oder das Erz aus den Minen zutage fördern. Das wird der ganzen Insel zu Wohlstand verhelfen, denn die neuen Einwohner werden ihr verdientes Geld in euren Geschäften ausgeben. Zudem sind wir nicht mehr so sehr auf Lieferungen vom Festland angewiesen, die Preise für Nahrung und andere Güter werden sinken, wenn wir sie selbst herstellen. Vorläufig gibt es natürlich keinen Ersatz für eure Aufwendungen, doch langfristig wird es sich für euch lohnen.« Barat setzte ein gewinnendes Lächeln auf.
    »Was ist mit dem Tempelgold?«
    Nun war es um Barats Beherrschung wie auch um die mühsam aufrechterhaltene Ruhe in der Markthalle endgültig geschehen. Der Veteran ließ seinen Blick zornig über die aufgeregten Andobrasier schweifen, die offenbar durch die bloße Erwähnung des Wortes »Gold« vollkommen außer sich gerieten. Barat wusste, dass bei der Durchsuchung des Tempels außer einer großen Zahl von Kisten mit Waffen und Rüstungen keine weiteren Dinge von Wert gefunden worden waren. Wie dieser unliebsame Zwischenrufer darauf kam, dass in dem Cittempel innerhalb der Festung noch irgendwelche Goldschätze verborgen liegen sollten, blieb ihm schleierhaft. Aber natürlich weckten solche Gerüchte, ob nun wahr oder nicht, Begehrlichkeiten.
    Indessen hielt Rai seinen Blick unverwandt auf einen Mann in dunklem Mantel inmitten der Zuhörer gerichtet. Der letzte Satz war zweifelsohne von dieser zwielichtigen Gestalt gekommen. Außerdem begann für Rai die vage Vermutung, dass er diesen Aufwiegler bereits kannte, nun zur Gewissheit zu werden. Auch wenn das Gesicht unter der Kapuze des schweren Reitermantels, den der Mann trug, nicht zu erkennen war, so offenbarte das Kleidungsstück trotzdem ein körperliches Merkmal, das Rai den notwendigen Hinweis lieferte. Der rechte Mantelärmel hing nämlich schlaff herab, was darauf schließen ließ, dass dem Mann ein Arm fehlte. Da Rai auch die Ausdrucksweise und der Klang der Stimme bekannt vorkamen, blieb nun kaum noch ein Zweifel: Es war der Hundeführer Ferrag.
    Rai nutzte die momentane Unruhe und trat nach vorn zu Barat, der erfolglos versuchte, die Menge mit strafenden Blicken zum Schweigen zu bringen.
    »Der Zwischenrufer ist Ferrag«, flüsterte Rai Barat ins Ohr. »Er steht da vorn, etwa zehn Schritt von der Tribüne entfernt. Er hat sich in einen langen Mantel gehüllt und wird von einigen dunkel gekleideten Männern umgeben. Das sind wahrscheinlich die Wurzelbalg-Jäger.« Die Erinnerung, wie diese Männer mit ihrer Hundemeute Rai, Barat und auch einige Wurzelbälger durch den Wald gehetzt und schließlich auf ihr Sklavenschiff verschleppt hatten, erfüllte Rai noch immer mit Schrecken.
    Barat kniff angespannt die Augen zusammen und suchte die von Rai beschriebene Gruppe inmitten der versammelten Städter. Bald schon
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