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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
Autoren: William R. Forstchen
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schlimm«, entgegnete Hawthorne.
    »Alle Offiziere sind Mistkerle«, knurrte Jim Hinsen. »Denk doch nur, was er in Gettysburg mit uns gemacht hat und außerdem in Nordost-Virginia – er hat uns mitten ins dickste Getümmel geführt, der Mistkerl!«
    »Halt die Klappe, du kleiner Furz, du verfluchter winselnder Köter!«, raunzte Sergeant Barry in seiner hohen Stakkato-Stimme und trat auf sie zu. »Ihr zwei wart nicht mal dabei! Ihr seid nichts weiter als Frischfleisch, verdammte Söldner, die nur an ihr Geld denken! Sagt also bloß nicht ›uns‹, wenn ihr von diesem Regiment sprecht, bis ihr dem Ungeheuer in die Augen geblickt und euch dieses Recht verdient habt!«
    »Ich habe gar nichts gegen ihn gesagt«, erwiderte Vincent leise.
    »Na, es sollte mir lieber auch nicht zu Ohren kommen!«, wies ihn Barry ab. »Und an deiner Stelle würde ich mich von Hinsen hier fernhalten.«
    Und ohne noch etwas zu sagen, drängte sich Barry nach vorn, um dabei zu helfen, die Männer an Bord zu führen.
    »Mistkerle, alles Mistkerle«, murmelte Hinsen so leise, dass es kaum zu hören war.
    Beschämt wie er war, reagierte Vincent nicht darauf. Es traf zu, dass er noch Frischfleisch war und erst im vergangenen Monat zum Regiment gestoßen war. Aber wie hätte er erklären sollen, dass er als Quäker erst Soldat geworden war, nachdem er lange mit der Verwerflichkeit des Tötens einerseits und andererseits der Notwendigkeit, die Sklaverei zu beseitigen, moralisch gerungen hatte? Und außerdem führte nichts daran vorbei, dass er erst siebzehn war und somit noch die Sünde des Lügens über sein Alter hatte begehen müssen, um angenommen zu werden.
    Er warf einen verstohlenen Seitenblick auf Hinsen, der immer noch leise vor sich hinfluchte. Er verschloss sein Ohr vor den Flüchen und dankte Gott in Gedanken dafür, dass wenigstens der Marsch von über dreißig Kilometern vorbei war und er ihn überstanden hatte, ohne sich Schande zu machen und vor Erschöpfung zusammenzubrechen, vor einer Erschöpfung, die er während des letzten Kilometers nicht überleben zu können glaubte.
    »Einige von ihnen klingen nicht besonders glücklich.«
    Andrew nickte, als Emil Weiss, der Regimentsarzt, an seine Seite trat. Andrew blickte auf den Kahlkopf des Doktors hinunter und konnte kaum dessen rötliches Gesicht sehen, umrahmt von einem wallenden weißen Bart und normalerweise von ein wenig zu viel medizinischem Brandy erhitzt.
    Andrew schwang sich vom Pferd. Er übergab es einem Stabsburschen, der Mercury zur Verladestelle führte.
    »Falls sie nicht meckerten, würde ich mir allmählich Sorgen machen«, sagte Andrew philosophisch. »Ich bin nur froh, dass Hans diesen kleinen Wortwechsel nicht mitbekommen hat, in den Barry geraten ist, sonst wäre der Teufel los gewesen.«
    »Mutterhenne Hans gluckt über ihre Killerküken«, lachte Weiss in sich hinein.
    »Haben Sie alle Ihre medizinischen Güter beisammen?«, erkundigte sich Andrew.
    »Sind nie genug«, knurrte Weiss. »Verdammt, Junge, es sind nie genug Verbände, und was diese Limonentinktur angeht, so scheint unmöglich, jemals einen ausreichenden Vorrat davon zu kriegen.«
    Weiss war kurz vor Gettysburg zum Regiment gestoßen, und Andrew war ewig dankbar dafür. Ungeachtet dessen, was die übrigen Stabsärzte über den »verrückten Judendoktor« des 35. sagten, schworen Andrew und die Männer auf ihn, diese seltene Erscheinung in einer Armee, in der meist halb ausgebildete Landärzte und Metzger Dienst taten.
    Weiss hatte in Budapest studiert und redete unaufhörlich über einen unbekannten Arzt namens Simmelweiss, der in den späten ’40ern etwas ausgetüftelt hatte, was sich antiseptische Wundbehandlung nannte. Andrew hatte einigen von Emils Debatten mit Stabsarztkollegen gelauscht, die harmlosen Eiter als gute Sache bezeichneten und behaupteten, Infektion wäre die natürliche Begleiterscheinung einer Wunde. Stets brüllte Emil dann los, sie wären mittelalterliche Metzger und man könnte Infektionen stoppen, indem man die Instrumente und Verbände kochte und sich zwischen Operationen die Hände mit Limonentinktur wusch.
    Was immer der Doktor wusste und benutzte, jedenfalls hatte sich herausgestellt, dass die Männer des 35. eine fast doppelt so hohe Chance hatten, Verletzungen zu überleben, als die Angehörigen der übrigen Regimenter.
    Andrew fasste sich erneut an den Armstumpf und fand, dass er ganz persönlich Weiss Loyalität schuldete. Seit Gettysburg machte er sich nicht mal
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