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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
Autoren: William R. Forstchen
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verwirrt zeigte.
    Und in diesem Augenblick tat Andrew seinen ersten Schritt auf dem Weg, ein echter Soldat zu werden, denn was wäre ihm sonst übrig geblieben unter dem Blick dieser Augen?
    An jenem Abend kam Colonel Estes zu Andrew und beförderte ihn zum Captain, weil er auf dem Feld einen solch kühlen Kopf und solchen Mut gezeigt hatte. Die Männer der eigenen Kompanie schlugen ihm auf den Rücken und nannten ihn einen tapferen Kerl, der sich auf Menschenführung verstand. Er wusste, dass Estes vor der Schlacht an ihm gezweifelt und offen darüber gemurrt hatte, dass ein Bücherwurm von College-Lehrer und Brillenträger zu seinem Kommando gehörte. An jenem Abend wurde Andrew jedoch klar, dass man ihn endlich akzeptierte.
    Das Seltsame an der ganzen Sache war, dass sich Andrew überhaupt nicht erinnerte, was er getan hatte. Er hatte nur noch das Bild vor Augen, wie ihm den ganzen Tag lang Hans zur Seite stand, wie er einfach nur dastand und zusah und zuzeiten seinen Rat anbot.
    »Junge, ich habe Sie gesehen«, erzählte ihm Hans an jenem Abend. »Ich habe Sie gesehen und wusste gleich, dass aus Ihnen ein Soldat werden würde, sobald Sie erst mal die Kniffe gelernt haben. Sie werden sich in diesem Krieg gut schlagen, falls man Sie nicht vorher über den Haufen schießt.«
    Das war das letzte Mal, dass Hans ihn jemals »Junge« nannte. Von da an war er Captain Andrew Lawrence Keane, und Hans sprach diese Worte voller Stolz, als hätte er selbst sie irgendwie geprägt.
    Nach Fredricksburg hieß es Major Keane, und Hans, der sich in allen Details des Soldatenlebens auskannte, unterwies ihn geduldig mit tausend Anekdoten und Geschichten darin, wie man ein Offizier wurde, der zu führen verstand.
    Und dann kam Gettysburg.
    Am Nachmittag des ersten Tages standen sie unter der heißen Julisonne. Der Geruch zerdrückten Heus stieg unter ihren Füßen auf, während sie auf den Sturm warteten, der vom Westen heranzog.
    Es schien, als strömte ein Ozean aus Braun und Grau auf sie zu, zwanzigtausend Rebellen, die sich von McPherson’s Ridge herab ergossen, ihre Annäherung verkündet von einem Chor aus fünfzig Kanonen.
    Dort geschah es, dass Andrew wirklich den seltsamen Kitzel der Freude an all dem verspürte. Rot blitzende Blüten des Todes schlugen ringsherum ein, während die lange dünne Linie aus Blau wie eine Mauer bereitstand, an der sich die anrollende Woge brechen sollte.
    Die Rebellenkanoniere schossen sich schnell auf die richtige Distanz ein, und ein Dutzend Donnerschläge brachen über das Regiment herein. Nach diesem Bruchteil eines Augenblicks existierte Colonel Estes nicht mehr, und Andrew stand dort allein als Kommandeur des 35.
    Die Linie schwankte, denn alle Männer hatten den geliebten Colonel fallen gesehen.
    Aber diesmal war er nicht darauf angewiesen, dass Hans ihm guten Rat zuflüsterte. Mit gezogener Klinge trat Andrew vor die Reihen und wandte sich dem zu, was jetzt sein Regiment war.
    »Eher friert die Hölle zu, als dass sie diesen Hügel einnehmen!«, brüllte er, und seine Männer schrien ihren Trotz gegen den Feind heraus.
    Der Sturm brach über sie herein, und sie hielten stand, tauschten mit dem Feind auf fünfzig Schritt eine Salve nach der anderen aus.
    Diesen ganzen heißen Nachmittag der Hölle hindurch hielten sie stand, und die schwere doppelte Linie schmolz unter Sonne und Feuer zu einem dünnen, abgerissenen Knäuel von Männern zusammen, die einfach nicht weichen wollten. Das Herz wollte Andrew schier bersten, und Tränen des Stolzes blendeten ihn, während er die Schützenreihe entlangschritt, aufmunternde Worte schrie und gelegentlich eine heruntergefallene Muskete aufhob und abfeuerte, während Hans neben ihm herschritt, ohne je ein Wort zu sagen.
    Es kam jedoch zu diesem einen Augenblick, der ihn schier betäubte, sodass er sich an Hans wandte, um Trost zu finden. Während er die Reste des Regiments abschritt, um zu prüfen, ob die 80. New Yorker nach wie vor die Flanke hielt, blieb er einen Augenblick lang bei der A-Kompanie stehen.
    Sein jüngerer Bruder Johnny war erst vergangene Woche zum Regiment gestoßen. Andrew wollte dem Jungen am liebsten einen sicheren Job in den hinteren Reihen geben, aber der Stolz erwies sich als Hindernis vor einer solchen Vorzugsbehandlung.
    Dieser verdammte törichte Stolz!
    Das, was von John übrig war, lag wie schleifend im Schatten eines alten Ahornbaums.
    Andrew starrte erst diesen zerbrechlichen, zerstörten Leichnam an und dann Hans. Der
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