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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land
Autoren: J Birmingham
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Brooklyn. Ein richtiger Kawenzmann war es auf dem JFK, wo es Gefechte mit der Air Force gegeben hat.«
    Kip amüsierte sich köstlich über Karens vollkommen falsche Benutzung des Wortes »Kawenzmann«.
    »Karen, überall in der Stadt finden Feuergefechte statt, Tag und Nacht«, sagte er. »Meist sind es Freibeuter und Piraten, die sich gegenseitig bekämpfen. Zu keiner Tageszeit wird man hier irgendwo eine Idylle finden, wie Sie sich das vielleicht erträumen. Also lassen Sie’s einfach gut sein.«
    Man hörte, wie die Türen der Fahrzeuge des Konvois zugeschlagen wurden, dann sprang der Motor des schwer gepanzerten Geländewagens an.
    »Wo wir gerade davon sprechen, Sir, wenn ich das mit allem Respekt sagen darf. Sie hätten mir ein Kamerateam zugestehen sollen, um Aufnahmen von Ihrem kleinen Rundgang zu machen. Ich meine, was ist denn der tiefere Sinn von diesem Herumlaufen und Mit-den-Leuten-Reden, wenn wir daraus keine Sendungen machen?«
    Kipper lächelte und zuckte mit den Schultern, als das Fahrzeug nach vorn ruckte. »Der tiefere Sinn? Vom Herumlaufen und Mit-den-Leuten-Reden?«
    Karen wollte etwas erwidern, aber Jed unterbrach sie.
    »Gib’s auf, Herzchen. Dagegen kommst du nicht an. Seit er diesen Job hat, versuche ich, ihn dazu zu bringen, sich wie ein Erwachsener anzuziehen, aber er sieht immer noch aus, als wäre er der Anführer einer Gruppe Wanderarbeiter.«
    Kipper winkte in Richtung der Gruppe von Räumungsarbeitern, die sie vorhin getroffen hatten.

    »Aber genau das bin ich doch, Jed. Dieses Amt ist nicht mehr das, was es einmal war. Tatsächlich ist es gar nicht so weit entfernt von dem Job, den ich früher hatte, und das geht völlig in Ordnung. Dieses Land braucht keinen Oberkommandierenden, sondern einen Chefingenieur, wenn du mich fragst. Sieh dir doch nur an, was in dieser Stadt hier noch alles getan werden muss, wenn wir irgendwann einmal wieder den Osten besiedeln wollen.«
    Jed starrte missmutig aus dem Fenster, während der Konvoi die Broad Street entlangfuhr. Das ausgebrannte Gebäude der Goldman Sachs Bank tauchte vor ihnen auf.
    »Aber Mr. President, wir können diese Arbeit doch nicht erledigen, ohne vorher das Gebiet abzusichern. Die Leute, die wir eben getroffen haben, könnten doch ihrer Arbeit nicht nachgehen, wenn dieser Teil der Stadt nicht von Plünderern und Piraten gesäubert wäre. Nun haben wir sie gesäubert, also umgebracht, und einen Teil von Manhattan abgeriegelt. Wir müssen diese Gegend halten, was bedeutet, dass wir unsere Miliz dortlassen müssen und mindestens eine Armeebrigade, um den JFK-Flughafen, die Brücken und die Straßen zu sichern zwischen …«
    Kipper hob die Hand, um ihn zu unterbrechen.
    »Das weiß ich alles, Jed. Du musst mich nicht ständig daran erinnern. Aber an manchen Tagen kommt es mir so vor, als würde ich in einer abseitigen Sendung des History Channel leben, in der wir den Wilden Osten besiedeln oder wieder besiedeln sollen. Überall um uns herum lauern Feinde, das Militär ist geschwächt, wir haben gigantische Schulden, die Staaten und die Bundesregierung liegen im Dauerclinch, und unsere Wirtschaft ist vor vier Jahren völlig zum Erliegen gekommen. Das ist alles nichts Neues für mich, Kumpel. Aber als ich zugestimmt habe, diesen Job zu übernehmen, habe ich das unter einer Bedingung getan: Ich wollte den Wiederaufbau. Ich weiß natürlich, dass die Rückeroberung des Terrains und die Kämpfe
dazugehören. Aber das ist nicht die Hauptsache. Nicht für mich. Mir geht es um Instandsetzung und Erneuerung. Das sind meine wichtigsten Punkte. Wenn es nicht mehr in der Hauptsache darum geht, dann lasse ich den Job sausen.«
    Er schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme, um seine Position zu unterstreichen. Niemand bezweifelte, dass James Kipper es damit ernst meinte. Er selbst war sich nicht mal sicher, ob er an der nächsten Wahl teilnehmen wollte, und das hatte er auch freimütig erklärt. Gerade diese Offenherzigkeit war es, die seine Mitarbeiter Tag für Tag zur Verzweiflung brachte. Culver hob die Hände, um zu zeigen, dass er sich ins Unausweichliche fügte.
    »Sie sind der Boss.«
    »Ja, das bin ich«, sagte Kip. »So steht’s auf meiner Unterwäsche geschrieben.«

02
    Texas, Bundesverwaltung
    Die morgendliche Eiskruste knirschte unter den Stiefeln von Miguel Pieraro, als er sich hinkniete, um eine Handvoll kalter, feuchter Erde zu greifen. Er roch an der fruchtbaren texanischen Erde, ließ den dunklen, sandigen Humus durch
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