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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land
Autoren: J Birmingham
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Gouverneur, den …«
    Kippers Gedanken schweiften ab. Sie waren noch nicht mal eine Minute auf diesem Empfang, und er war fix und fertig. Er verstand nicht, wie Barbara es schaffte, alle anzulächeln und mit ihnen zu reden. Es sah aus, als würde sie Spaß dabei haben. Vielleicht hatte sie den ja tatsächlich. Die nächsten dreißig Minuten verstrichen mit einer
Reihe quälender »Hallo, wie geht’s denn so«-Situationen. Er grüßte Honoratioren, ausländische Gäste, Senatoren und Kongressabgeordnete sowie Beamte der Stadtverwaltung von Seattle, die allesamt in ihre Ämter gekommen waren, nachdem er sein Amt als Leiter der Stadtwerke von Seattle gegen das des Präsidenten der Vereinigten Staaten eingetauscht hatte. Erleichtert stellte er fest, dass auch Barney Tench, sein alter Schulkamerad und jetzige »König des Wiederaufbaus«, gekommen war. Er stand drüben beim Fenster und beugte sich über das Büffet.
    »He, Barn, wie läuft’s bei dir?«, rief er über die Köpfe der Menge hinweg und lenkte damit die Aufmerksamkeit von fünfzig oder sechzig Leuten auf seinen Freund, der sich soeben ein riesiges Stück Krabbenfleisch in den Mund schob. Allan Horbach hätte sich beinahe selbst geohrfeigt, und Barbara trat ihm von hinten gegen das Bein.
    »Aber ich muss mit Barney reden«, protestierte Kipper. »Es geht um seine Arbeit.«
    »Nicht jetzt, Mr. President«, beharrte der Protokoll-Tyrann. »Mr. Ford wird jeden Augenblick mit seinem Vortrag beginnen.«
    »Der Dichter?«, entgegnete Kipper. »Oh, das ist ja toll.«
    Sie drängten sich durch die Menge zurück, und ständig trat ihnen jemand in den Weg. Alle wollten ihm ein paar Minuten seiner kostbaren Zeit stehlen. Als sie ganz vorn angekommen waren, stellte man Kipper einen nervös dreinblickenden Mann in einem schlecht sitzenden Anzug vor. Er tat ihm sofort leid. Ford sah kein bisschen glücklicher aus als er selbst.
    »Mr. President«, sagte Allan Horbach. »Darf ich Ihnen den ersten Dichterfürsten des Neuen Zeitalters vorstellen?«
    So nennen sie das jetzt, dachte er. Wann haben wir bloß angefangen, das Ende der Welt als Neues Zeitalter zu bezeichnen?

    Er schüttelte Ford die Hand und beugte sich zu ihm, um den Lärm der vielen Menschen zu übertönen. »Keine Sorge, Kumpel, morgen ist das alles nur noch ein schrecklicher Alptraum.«
    »Was?« Ford sah ihn erschrocken an. »Ach so, ein Witz. Okay, alles klar. Soll ich dann jetzt mit dem Vortrag anfangen?«
    »Ich denke, der Präsident möchte vorher noch ein paar Worte sagen«, meinte Horbach.
    »Na ja, ehrlich gesagt, reiße ich mich nicht gerade darum«, sagte Kip und erntete einen warnenden Blick von seiner Frau. »Aber egal, wir werden auch nicht jünger. Bringen wir es hinter uns.«
    Irgendwo ertönte eine Klingel, als er die kleine Bühne hinaufstieg, die extra für dieses Ereignis aufgebaut worden war. Er klopfte gegen das Mikrofon.
    »He, hallo, wie geht’s euch denn so?«, fragte er, und schon ebbte das Stimmengewirr ab. Er zwinkerte Ford zu. »Wie Sie alle wissen, bin ich kein großer Freund von Formalitäten. Aber ich schätze, es ist halt nötig, ab und zu mal so einen dämlichen Anzug anzuziehen. Wie meine Großmutter zu sagen pflegte: Wenn man etwas Wichtiges zu tun hat, sollte man sich vorher saubere Hosen anziehen.«
    Höfliches Gelächter ertönte hier und da, mehr aber nicht. Nur sein alter Kumpel Barney, der immer noch damit beschäftigt war, sich Unmengen Krabbenfleisch einzuverleiben, bekam einen derartigen Lachanfall, dass Kip schon befürchtete, er könnte ersticken. O Gott, dachte er, aber mit den anderen hier habe ich doch überhaupt nichts am Hut.
    »Wie auch immer«, fuhr er fort. »Heute Abend lohnt es sich, Hosen zu tragen.«
    Er hob den Daumen und warf Adam Ford einen wissenden Blick zu. Im Gegenzug schenkte ihm der Dichter ein aufmunterndes Lächeln und zwinkerte ganz begeistert, je mehr Kipper an Terrain gewann.

    »Meine Frau Barbara und ich haben Sie heute Abend hierher eingeladen, um … He, zum Teufel, ihr wisst doch alle, worum es geht. Wir haben einen neuen Dichterfürsten!«
    Den letzten Satz rief er laut aus, als wollte er eine College-Football-Mannschaft ankündigen, die ein großes Turnier gewonnen hat. Er erntete viel Beifall und zustimmende Rufe und merkte, dass die Leute ihm jetzt wirklich zuhörten.
    »Ich freue mich, dass ihr genauso gespannt seid wie ich«, sagte der Präsident und leitete das Ende seiner Rede ein. »Weil das hier nämlich absolut umwerfend
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