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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme
Autoren: Boris Koch
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nach unten und schwamm mit
kräftigen Zügen weiter hinunter. Das Wasser drückte gegen seine Ohren, während er die Augen weit aufriss.
    Schon nach wenigen Schritt erreichte er den sandigen Grund. Dort sah er sich hastig um, sein Herz schlug heftig, er wollte atmen, aber ganz sicher kein weiteres Salzwasser schlucken. Rasch entdeckte er das, was Yanko gemeint haben musste: eine etwa türgroße Höhle, die in den Fels führte. Dunkel war es dort drin, Ben konnte nicht weit hineinblicken, doch er glaubte, weit hinten einen schwachen Schimmer zu erkennen.
    Als er sich wieder nach oben wenden wollte, sah er etwas Flaches, Metallisches von der Größe seiner Hand auf der Schwelle der Höhle liegen und griff danach. Dann wirbelte er herum und stieß sich vom Grund ab. Die Brust wurde ihm zusammengepresst, er brauchte dringend Luft. Japsend durchbrach er die Wasseroberfläche.
    »Und?« Yanko saß auf einer Art Sims unter einem Überhang am unteren Rand der Klippe und grinste ihn an.
    »Höhle«, keuchte Ben, für ganze Sätze hatte er noch keine Luft. Er wedelte mit dem Metallstück vor Yanko hin und her. »Davor.«
    »Was ist das?«
    »Weiß nicht«, schnappte Ben, und ließ sich auf das Sims helfen. Langsam drehte er seinen Fund in den Händen und klopfte ihn gegen den Stein. Schlamm und Rost tropften herab. Ben kratzte mit den Fingernägeln weiter daran herum, legte drei kleine kreisrunde Löcher frei, entdeckte geschwungene Verzierungen und eine Kante, von der etwas abgebrochen sein musste.
    »Das ist ein Beschlag«, sagte Yanko. »Vielleicht der einer Tür …«

    »Unsinn!« Ben schüttelte den Kopf. »Kein Mensch baut Türen unter Wasser. Die würden doch morsch werden und zerfallen.«
    »Und nur der Beschlag übrig bleiben. Und was haben wir? Einen Beschlag, aber keine Tür.«
    »Ach was! Der ist doch viel zu klein für eine Tür. Der ist höchstens von einer Truhe.«
    Mit großen Augen starrten die beiden sich an.
    »Eine Schatztruhe!«
    »Genau! Von irgendeinem Handelsschiff, das im Sturm an der Klippe zerschellt ist.«
    »Oder von einem Piratenschiff. Beladen mit unsagbaren Schätzen!«
    Ben starrte seinen Freund an, schluckte und sagte mit belegter Stimme: »Ich hab da unten irgendetwas schimmern sehen.«
    Yanko klappte der Kiefer nach unten. »Schimmern? Weißt du, was das heißt?«
    »Ja. Wir sind reich!« Ben grinste. Er warf den alten Beschlag auf das Sims und rutschte unter dem Überhang hinaus, der ihnen Schutz vor dem sporadisch tropfenden Muschelelsternkot bot. Sie mussten wieder nach oben klettern, um ganz nach unten zu tauchen. »Piraten haben immer die allergrößten Diamanten. Abgesehen von Königen, versteht sich.«
    »Kistenweise Gold und Geschmeide«, ergänzte Yanko und rutschte ihm hinterher.
    »Ich werde Anula eine goldene, nein, güldene Kette bringen. Mit gleißenden Edelsteinen«, verkündete Ben feierlich und begann, die Klippe hinaufzukraxeln.
    »Eine Kette?« Behände folgte Yanko ihm. »Eine Kette hat
doch jedes Dienstmädchen, die Ketten kannst du meinetwegen alle haben. Nica bekommt von mir ein güldenes Diadem mit gleißenden, riesigen Edelsteinen.«
    »Ach ja?« Ben kletterte schneller. Diesen unteren Teil waren sie schon mehrere Male hinaufgeklettert, er fand die passenden Ritzen und Vorsprünge inzwischen beinahe blind. »Dann nimm dir doch das erstbeste Diadem, das du findest. Anula kriegt dann eben eine kunstvoll geschmiedete Krone von mir.«
    »Pah! Piraten haben keine Kronen«, knurrte Yanko und versuchte, Ben zu überholen. Wer zuerst oben war, konnte auch als Erster springen und sich die besten Schätze unter den Nagel reißen.
    »Piraten rauben auch Prinzessinnen. Sie haben sehr wohl Kronen!«, keuchte Ben und zog sich weiter nach oben. Schweiß bildete sich auf seiner Stirn.
    »Ach so, eine Prinzessinnenkrone meinst du. So eine will ich gar nicht, die sind ganz klein«, sagte Yanko abschätzig, während er ein Stück zurückfiel.
    Ben war immer der bessere Kletterer gewesen, daheim in Trollfurt war er häufiger in die Berge gegangen, hatte dort die Einsamkeit und Ruhe gesucht, wenn er mal wieder von allen als Sündenbock durch die Stadt gejagt worden war. Oder zum Vergnügen, wenn auch nicht zu seinem. Unter dem Gackern der Muschelelstern und dem Rauschen der Wellen stieg er auf das hohe Sims, von dem sie eben gesprungen waren, machte Yanko Platz und wartete. Es war besser, gemeinsam zu tauchen – so eine Truhe voller Schätze war bestimmt schwer, und Yanko hatte ja eben
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