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Das verfluchte Koenigreich

Das verfluchte Koenigreich

Titel: Das verfluchte Koenigreich
Autoren: Frewin Jones
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dass die Krankheit sich ausbreitet«, sagte sie zu der Frau. »Bewache den Zelteingang, damit niemand hereinkommen kann. Sag allen, wie gefährlich diese Krankheit ist!«
    Titanias Augen verengten sich und sie bemerkte bitter: »Herrscht denn nicht schon genug Furcht im Elfenreich?«
    »Ja, aber wenn die Krankheit sich ausbreitet, wird eine Panik ausbrechen«, erwiderte Tania.
    »Aber mein Volk hat keine Erfahrungen mit Dingen dieser Art«, wandte Titania ein. »Was sollen sie denn tun?«
    Tania blickte in die smaragdgrünen Augen ihrer Mutter – in das Gesicht, das wie ein Spiegelbild ihres eigenen war . Sie fürchtet sich nicht weniger als die anderen, dachte sie erschrocken.
    Mary Palmer wandte sich an die Königin: »Was würde denn jetzt normalerweise geschehen?«
    Titania sah sie müde an. »Normalerweise? Es gibt kein normalerweise! Habt Ihr das denn immer noch nicht verstanden?«
    Mary Palmer nickte und sagte mit sanfter, aber entschiedener Stimme: »Doch, das habe ich verstanden. Aber selbst hier stirbt doch gelegentlich jemand – durch einen Unfall zum Beispiel, einen Sturz vom Pferd oder Ertrinken. Tania hat mir von den Trauerfeierlichkeiten erzählt, die nach der Schlacht abgehalten wurden. Müssen wir jetzt auch etwas in dieser Art vorbereiten?«
    »Wenn ein Kind durch ein Unglück ums Leben kommt«, begann Titania, »so wickelt die Mutter es in weiße Seide und trägt es an die Grenzen der Welt: auf einen Berg oder ans Ufer des Meeres oder an einen Fluss – in jedem Fall an einen Ort, an dem die Elemente sich vermischen. Dort muss sie die Zeit zwischen der Zeit abwarten, wenn es weder Tag noch Nacht ist. Von dort gelangt das Kind nach Avalon.«
    »Der Strand ist nicht weit von hier«, sagte Eden. »Mallory soll ihr Kind zum Meer bringen und dort die Dämmerung abwarten.«
    »Aber es dauert noch Stunden, bis die Sonne aufgeht«, rief Tania. »Muss sie ganz allein dort warten mit ihrem … ihrem …« Sie verstummte. Mit ihrem toten Kind brachte sie nicht über die Lippen.
    »Nein, sie kann jemanden mitnehmen, wenn sie möchte«, erklärte Hopie. »Vielleicht tröstet sie die Anwesenheit eines nahen Verwandten oder einer Freundin.«
    Mallory hielt noch immer das Kind im Arm. »Mein Gemahl ist im Norden, in Caer Rivor am Hof von Lady Mornamere«, sagte sie leise. »Ich bin mit meinem Kind nach Süden gekommen, um meinem Bruder, der in der Schlacht auf der Salisoc-Heide gefallen ist, die letzte Ehre zu erweisen.« Sie sah die anderen an und fügte mit bebender Stimme hinzu: »Ich bin allein. Ganz allein.«
    Tania kauerte sich vor Mallory nieder und sagte entschlossen: »Ich gehe mit dir – wenn du es mir erlaubst.«
    Mallory hob ihr Gesicht und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Tania berührte ihr Knie. »Sag, darf ich mitkommen?«, wisperte sie.
    Mallory nickte stumm.
    Das Leiderdale-Tal war gespenstisch still, als Tania und Mallory aus dem Zelt traten. Eine große Menge hatte sich versammelt. Angst, Entsetzen und Ungläubigkeit zeichneten sich auf den Gesichtern der Wartenden ab.
    Die Menge teilte sich und die Leute wichen vor Tania und Mallory zurück, als seien sie mit einem schrecklichen Fluch belegt.
    Tania fing Edrics Blick auf, der in der Menge stand, nicht weit von ihr entfernt. Auch er sah verstört aus, aber da war noch etwas anderes – etwas wie Misstrauen in seinem Blick. Er vermied es, sie anzusehen.
    Warum wirkte er so misstrauisch? Misstrauisch gegenüber wem?
    Dann traten zwei Gestalten vor: Cordelia und Bryn kamen auf Tania und Mallory zu. Sie wirkten niedergeschlagen.
    »Dass Euch ein solches Unheil an unserem Freudentag ereilen musste, zerreißt mir das Herz«, sagte Cordelia und legte Mallory die Hand auf die Schulter. »Ich fühle mit Euch.«
    »Alle unsere Gedanken sind bei Euch, Mylady«, fügte Bryn hinzu.
    Mallory hielt inne und senkte den Kopf, antwortete aber nicht.
    Cordelia sah Tania an. »Ein tapferer Entschluss fürwahr, Schwester«, sagte sie. »Möge deine Anwesenheit der Lady Trost spenden.«
    Tania nickte und ging neben der jungen Mutter her, die ihr in weiße Seide gehülltes Kind in den Armen hielt. Schweigend schritten sie durch die Menge und stiegen den Hang hinauf.
    Nach einer Weile erreichten sie die Stelle, an der Tania noch vor wenigen Stunden mit Edric gestanden hatte.
    Nachtschatten hüllten das Land ein, aber die Elfensterne leuchteten hell genug, dass Tania den Pfad erkennen konnte, der zu den Klippen hinunterführte.
    »Ich gehe voraus«, sagte sie.
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