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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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fest geschlossen. Stumm darauf wartend, was der Tag bringen mochte.
    »Theis!«
    Jetzt hatten sie sie entdeckt.
    »Theis!«
    Und er auch. Eine Polizistin rannte ihr nach, fasste sie am Arm. Pernille riss sich los. Wehrte die nächste ab. Lief und lief. Die beiden Wärter griffen nach ihren Schlagstöcken und schauten sich um. Im Licht des winterlichen Morgenrots trat und schlug Pernille Birk Larsen um sich und rannte schreiend durch den Hof, warf sich auf ihn, umklammerte ihn mit den Beinen, umhalste ihn. Gesicht an Gesicht. Weiche Wange an rauher. Worte, an die sie sich nicht erinnern würde, aber das war ihr egal. Ihre Kraft mit seiner. Seine mit ihrer. Für einen kurzen Moment vereint. Eine unausgesprochene Liebe. Eine neu bestätigte Verbindung. Als man sie von ihm wegzog, stand er da, zu groß, um sich mühelos zu bewegen. Sie sah nicht, was in seinen Augen war. Würde es nie erfahren. Wollte es nicht wissen. Das, worauf es ankam, war im Herzen, und da waren sie eins.
    Halb neun. Frischer Anzug, frisches Hemd. Frische Luft im Büro. Ein Luftverbesserer überdeckte den Gestank von verschüttetem Kognak. Kein Papier mehr auf dem Fußboden. Maja Randrup stand vor ihm. Zupfte seine Krawatte zurecht. Musterte seine Frisur. Sein Gesicht.
    »Triumphieren Sie nicht«, sagte sie. »Es gibt keinen anderen, der die Wahl gewinnen könnte. Aber ein wenig Demut kann nicht schaden.«
    Sie trat einen Schritt zurück, um ihn zu begutachten, wie eine Dekorateurin eine Schaufensterpuppe. Gab ihm das Redemanuskript. Troels Hartmann warf keinen Blick darauf. Unnötig. Er konnte sie auswendig. Ihr Lächeln erstarb für einen Moment. Er fragte sich, ob er sie irgendwie enttäuschte. Andere zu enttäuschen war schlimm. Sie vergaßen es einem nie. Sie verargten es einem. Das war Politik. Befriedigung. Erfüllung. Image. Erscheinung. Die wichtigsten Faktoren.
    Der abschätzige Blick galt seinem Schreibtisch, nicht ihm. Sie sprach von dem bevorstehenden Fotoshooting. Von der Notwendigkeit, eine sichtbare, schlüssige Persönlichkeit darzustellen.
    »Das brauchen wir nicht«, sagte Maja Randrup und klemmte sich das Foto von Jack und Jackie unter den Arm. »Es ist zu …«
    Sie zog ihre Stupsnase kraus. Bezaubernd.
    »Zu alt.«
    In seinem sauberen Hemd und frisch mit Kölnischwasser eingesprüht, heiter, aber nicht zu sehr, stand Troels Hartmann da und wartete. Auf sein Stichwort. Es klopfte. Morten Weber nickte, aber nicht zu ihm hin, sondern zu ihr.
    »Ist er so weit?«, fragte Weber.
    Sie spricht. Troels Hartmann hört nicht zu. Auf Webers Aufforderung geht er hinter dem kleinen Mann mit den ungebärdigen Locken und der billigen Goldrandbrille aus dem Büro, durch die Räume der Liberalen Partei, die glänzenden Korridore entlang, vorbei an aufgehenden Türen, an neugierigen Gesichtern. Kurz vor dem großen Raum beginnt Morten Weber zu klatschen. Maja Randrup tut es ihm gleich. Der Applaus greift um sich wie Feuer in dürrem Heidekraut. Er geht weiter, in die polierte Pracht des Stadtratssaals, wo es so hell ist, dass es ihn blendet. Er sieht die Türen. Bleibt stehen. Geht hindurch. Sieht die Kameras, die Gesichter, die klatschenden Hände, die klatschenden Hände. Stellt sich auf das Podium neben dem großen Thron von Kopenhagen. Geht zu dem polierten Sessel, legt eine feste Hand auf das alte Holz. Wendet sich der Menge zu, den Kameras, den erwartungsvollen Gesichtern.
    Und lächelt.
    Und lächelt.
    Und lächelt.

Vierzehntes Kapitel
    Ein heller Tag, in kargen Farben gemalt. Der Winter zog in Kopenhagen ein, die Salzluft war scharf und kalt, die Sonne grell und blendend. Lund saß vor dem Krankenhaus und fröstelte in der dünnen blauen Regenjacke. Ihr Hausrat war immer noch in Vibekes Keller. Nur ein paar Kleider und einen Wäschesack hatte sie in das Pensionszimmer am Hauptbahnhof mitgenommen, in dem sie wohnte, bis ihr klar wurde, was zu tun war, wie es weitergehen sollte.
    Sie hatte schon vor einer Stunde hineingehen wollen, doch dann waren Hanne Meyer und ihre Kinder in einem Taxi vorgefahren, gerade als sie sich dem Eingang näherte. Deshalb wartete sie und fror weiter in der allzu dünnen Jacke, setzte sich auf eine Mauer, rauchte und drückte die Mappe an sich, die Jansen ihr am Morgen heimlich zugesteckt hatte. Ein Gedanke jagte den anderen, während sie ihre Möglichkeiten durchging.
    Um Viertel vor elf kamen sie aus dem Gebäude und entfernten sich, die Schultern in der Kälte hochgezogen. Lund steckte die Mappe in ihre
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