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Das verbotene Tal

Das verbotene Tal

Titel: Das verbotene Tal
Autoren: Doris Schroeder
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wartete
nicht auf ihn; sie war schon durch den Zaun geschlüpft und rannte, so schnell
sie konnte, den Berg hinunter zum Hof.
    „Lassie, zurück!“ schrie Timmy. „Dort
dürfen wir nicht hin!“
    Aber Lassie stürmte weiter in das
verbotene Tal, als habe sie Timmy überhaupt nicht gehört. Zum erstenmal
gehorchte sie ihm nicht auf der Stelle. Wieder erklang der Hilferuf. Timmy
konnte niemanden entdecken — aber Lassie würde schon feststellen, wer da in
Gefahr schwebte. So mußte Timmy wohl nachsehen, ob er etwa helfen konnte.
    Und schon kletterte er durch den Zaun
und jagte hinter Lassie drein den Berg hinunter.
    „Warte, Lassie!“ schrie er. „Warte! Ich
komme mit!“
     
     

DER FREMDE
     
    Noch einen letzten schwachen Hilferuf
des Mannes unten im Brunnen hörte Lassie gerade, als sie auf das Gehöft gerannt
kam. Zitternd verhielt sie mitten auf dem Hof und witterte nach allen Seiten.
Ein schnarrendes, kratzendes Geräusch aus dem Brunnen ließ sie auffahren. Mit
einem Satz war sie auf dem steinernen Rand und schaute hinunter; Da war der
Mann, er klammerte sich verzweifelt, wohl drei Meter tief, an einen
vorspringenden Stein und hatte sich schon zur Hälfte aus dem Wasser gezogen.
    Soeben griff er nach einem höheren
Stein, um sich ganz aus dem Wasser zu heben, aber seine Hand glitt von dem
schlüpfrigen Vorsprung ab, und laut platschend landete der Ärmste wieder im
Wasser, wo er vorübergehend ganz untertauchte. Spuckend tauchte er wieder auf
und hangelte verzweifelt nach dem Stein, an dem er sich vorhin festgehalten
hatte. Endlich gelang es ihm, sich ein kleines Stück emporzuziehen, und
keuchend und japsend klammerte er sich fest.
    Lassie bellte scharf. Der Mann schaute
herauf, und seine Augen leuchteten voller Hoffnung. Aber sie verdüsterten sich
sofort wieder, als er neben dem Hundekopf nur ein kleines Jungengesicht
erblickte. Was konnten die beiden ihm schon helfen? Hoffentlich war noch jemand
bei ihnen!
    „Junge, hole jemanden, der mich
hinauszieht!“ rief er hinauf. „Aber mach schnell, das Wasser ist kalt.“
    „Hier ist keiner außer mir und Lassie“,
klärte ihn Timmy auf. „Aber wir helfen Ihnen schon. Was sollen wir tun?“
    Der Fremde mußte erst überlegen. Er
stöhnte auf.
    „Ach, na ja — im Stall, gleich neben
der Seitentür, hängt ein Strick, ein langer Strick... Los, hole ihn... schnell!“
    „Sofort!“ Timmys Gesicht verschwand,
und auch Lassies Kopf tauchte hinter den Brunnenrand. Frierend und zitternd
klammerte sich der graubärtige Mann im eiskalten Brunnenwasser unten an die
glitschige Wand. Langsam wurden seine Hände taub, und er konnte sich kaum noch
halten.
    Tatsächlich stand die Seitentür des
Stalles, die Timmy von oben nicht hatte sehen können, offen. Er blieb im
Eingang stehen und starrte ins Dunkel. Boomers Worte fielen ihm ein: Ob das
Gehöft wirklich verhext war? Plötzlich bekam er einen sanften Stoß in den
Rücken. Er fuhr zusammen... ein Gespenst etwa? Ach, es war nur Lassie, die ihm
Mut machen wollte. Als er noch immer zauderte, lief sie vor und verschwand im
Finstern.
    Timmy riß sich zusammen. Gewiß, unheimlich
war es schon, aber nun mußte er doch hinein: Lassie führte ihn bestimmt nicht
an einen Platz, der gefährlich war.
    Zuerst konnte er überhaupt nichts
erkennen, aber dann gewöhnten sich seine Augen an das Halbdunkel, und er
erkannte, daß er in einem ganz simplen, leeren alten Stall war. Gleich neben
der Tür hing eine große Seilrolle an einem Nagel. Timmy wollte sie
herunterholen, aber leider war sie einen halben Meter zu hoch für ihn
befestigt! Und nicht einmal eine Stange war da, mit der er sie hätte herunterangeln
können, auch nichts, worauf er hätte klettern können. Er versuchte es mit
Springen, aber es war vergeblich: Er konnte das Seil nicht erwischen.
    „Das geht nicht“, meinte er
resignierend. „Vielleicht finden wir einen anderen Strick oder sonst etwas...“
    Aber er fand nichts. Also versuchte er
es noch einmal mit einem kühnen Sprung. Nur wenige Zentimeter fehlten, und beim
Landen verlor Timmy auch noch das Gleichgewicht und stürzte zu Boden.
    Lassie stand mit schiefgelegtem Kopf
neben ihm und beobachtete sein seltsames Tun. Nun beschnupperte sie ihn
winselnd.
    „Ruhig, Lassie, mir ist ja nichts
passiert!“ beruhigte er das treue Tier. „Aber den Strick bekomme ich nicht
herunter! Das müssen wir nun wohl dem Mann eingestehen.“
    Er stand auf. „Komm, Lassie!“
    Lassie aber rannte zur Wand, sprang
hoch in
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