Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verbotene Tal

Das verbotene Tal

Titel: Das verbotene Tal
Autoren: Doris Schroeder
Vom Netzwerk:
die Luft — und erwischte das Seilende!
    „Du bist ja eine Künstlerin!“ jubelte
Timmy, während er ihr das Seilende abnahm und nun mit Leichtigkeit Windung um
Windung abrollte. Eine Minute später rannte er dem Hund voraus über den Hof und
zog das Seil hinter sich her.
    „Wir haben den Strick!“ rief Timmy in
den Brunnen hinunter. „Und nun?“
    „Bindet ihn am Ahorn fest und werft das
andere Ende herunter!“
    Der Knoten gelang dem Jungen nicht
ganz, aber er hielt doch einigermaßen, und der frierende Mann konnte nun
langsam heraufklettern. Auf halbem Wege wäre er vor Erschöpfung fast wieder ins
Wasser geglitten. Schließlich aber schaffte er es doch, den Arm über den
Brunnenrand zu legen, und mit einer letzten Anstrengung war er in Sicherheit.
    Schweratmend ruhte er sich ein wenig
aus, während Timmy und Lassie ihn neugierig musterten. Zitternd saß er an den
Brunnenrand gelehnt auf dem Boden und hielt die Augen geschlossen. Und ganz
plötzlich nieste er so gewaltig, daß Timmy und Lassie erschrocken
zusammenfuhren.
    „Zum Wohlsein!“ lachte Timmy, und
Lassie bestätigte: „Wruff!“
    Überrascht schlug der alte Mann die
Augen auf, und zum erstenmal erhellte ein Lächeln sein Gesicht.
    „Danke! Ha, das habe ich schon lange
nicht mehr gehört.“
    Sofort aber wurde sein Gesicht wieder
ernst, er rieb sich die Stirn und murmelte etwas vor sich hin.
    „Mom sagt, die beste Methode, sich zu
erkälten, sei die, in nassen Kleidern herumzusitzen!“ meinte Timmy, und Lassie
pflichtete ihm wiederum bei.
    Auf der Stelle erhob sich der Mann. „Da
hat deine Mom vollkommen recht. Also will ich mich schleunigst abtrocknen!“
    „Ich glaube, wir... müssen nun gehen“,
sagte Timmy. „Eigentlich dürfen wir ja gar nicht hier sein... Das ist nämlich...
widerrechtliches Betreten, haben Dad und Onkel Petrie gesagt...“
    Der Mann lächelte.
    „Na, ich jedenfalls kann von Glück
sagen, daß ihr wider das Recht gehandelt habt!“ Mit ernstem Gesicht streckte er
Timmy die Hand hin. „Herzlichen Dank, mein Junge! Ich fürchte, ohne deine Hilfe
wäre ich da nie mehr herausgekommen!“
    Froh ergriff Timmy die dargebotene
Hand.
    „Ach, ich bin es eigentlich gar nicht
gewesen“, wehrte er ab. „Lassie hat Sie gehört, und sie hat auch den Strick
heruntergeholt. Also bedanken Sie sich lieber bei ihr!“
    Der Alte bückte sich und streckte
Lassie die Hand hin.
    „Schönen Dank, Lassie!“ sagte er
aufrichtig.
    Lassie gab ihm die Pfote und bellte
kurz.
    „Das heißt: ,Gern geschehen!’“
übersetzte Timmy, strahlend vor Stolz. „Junge, Junge, Mom wird staunen, wenn
ich ihr sage, was der brave Hund geleistet hat!“
    Mit einem Ruck richtete sich der Mann
auf; sein Gesicht verfinsterte sich.
    „Das darfst du ihr aber nicht sagen!“
drang er in den Jungen. „Niemandem darfst du sagen, daß du mich hier gesehen
hast.“
    „Aber warum denn nicht?“ Timmy war
fassungslos.
    „Weil... weil...“ Nervös schaute der
Mann sich um. „Weil ich gesucht werde. Man will mich fangen und wieder
einsperren.“
    „Einsperren?“ Timmys Augen wurden rund
und groß. „Sind Sie fortgelaufen? Von wo denn?“
    „Ja, mein Junge: Aus so etwas wie einem
großen Krankenhaus, mit einer hohen Steinmauer drum herum. Dort sollte ich
bleiben — aber ich habe ihnen eins geblasen und bin weggelaufen. Und niemand
soll mich wieder da hineinbringen!“
    Grimmig und verbissen kam es von seinen
Lippen, und Timmy blickte ihn ganz erschrocken an. Aber Lassie wedelte mit der
Rute und stieß mit der Nase gegen die Hand des Mannes, als wolle sie ihm
versichern, daß er ihr gefiele, und vielleicht auch, daß er ihr leid tue. Da
begriff Timmy, daß er keine Angst zu haben brauchte.
    Der Fremde streichelte Lassies Kopf und
schien nur zu sich selbst zu reden:
    „Komisch, daß ich gerade hierherkommen
mußte! Ich mußte wohl finden, daß...“ Unvermittelt brach er ab und fuhr sich
wieder mit der Hand an die Stirn. „Ach, wenn ich doch nur wüßte, was ich hier
suchte! Nein, es fällt mir beim besten Willen nicht ein!“ Er seufzte. „Ich muß
weiter nachdenken, dann werde ich schon noch darauf kommen!“
    „Gewiß“, stimmte Timmy höflich zu. „Es
wird Ihnen schon wieder einfallen,“ Er schnippte mit den Fingern. „Komm,
Lassie! Mom hat ausdrücklich gesagt, wir sollten beizeiten zurück sein.“
    Sofort machte sich Lassie auf den Weg.
Als Timmy dem Hund folgen wollte, rief der bärtige Mann ihn zurück.
    „Du sagst es also niemandem,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher