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Das Unglück der kleinen Giftmischerin

Titel: Das Unglück der kleinen Giftmischerin
Autoren: Erich Wulff
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Schuldfähigkeit zumindest nicht auszuschließen und das Gericht wäre legitimiert gewesen, eine Zeitstrafe auszusprechen. Obwohl er das wusste, erhängte sich Puchlins in der Nacht vor der Urteilsverkündung in seinem Krankenzimmer. Zu erfahren war, dass seine Verlobte ihm geschrieben hatte, sie werde sich von ihm trennen. Damit war ihm seine letzte Sicherheit verloren gegangen. Aber er hatte seinem Gefängnispsychiater auch gesagt, dass ihn der Anblick der kopflosen Leiche seines Opfers kaum einen Augenblick losgelassen und bis in seine Träume hinein verfolgt hatte.
    Sein Leben ändern, dafür war es nach seiner eigenen Einschätzung zu spät. Übrig blieb ihm nur, es sich zu nehmen.

 
    Das Geisterschiff
    Achtundvierzig Stunden lang steuerte der Matrose Sergei Saitsew den großen deutschen Frachter »Susanne« von der dänischen Küste nach Norden, in der Hoffnung, einen russischen Hafen zu erreichen; von den sechs Besatzungsmitgliedern war er allein am Leben geblieben. Dann sah er, der Treibstoff reichte nicht, und kehrte um. Wieder in jütländischen Gewässern legte er in der Kapitänskajüte Feuer, raffte alles an Bord befindliche Geld zusammen, warf die beiden Rettungsinseln ins Meer und sprang auf eine von ihnen. Das Schiff geriet jedoch nicht in Brand, es tuckerte als Geisterschiff durch die Nordsee und wurde bald darauf von der dänischen Küstenwache geentert. Vierundzwanzig Stunden später entdeckte diese auch Saitsew auf seiner Rettungsinsel und brachte ihn an Land. Der Kapitän und die übrigen Besatzungsmitglieder blieben unauffindbar. Die dänische Polizei fand auf dem Schiff aber viele Blutspuren, die auf einen Kampf hindeuteten. So musste angenommen werden, dass sie von Saitsew getötet worden waren.
    Für die Vorgänge auf der »Susanne« war ein deutsches Gericht zuständig. Saitsew wurde von diesem des fünffachen Mordes angeklagt und bald danach von der dänischen Justiz nach Deutschland ausgeliefert. Hier hatte ich ihn psychiatrisch zu begutachten.
    Zuerst, noch in Dänemark, hatte Saitsew ausgesagt, durch ein Feuer im Schiff sei Panik entstanden, die anderen Besatzungsmitglieder hätten sich mit dem Kapitän auf eine Rettungsinsel in Sicherheit gebracht und sich um ihn nicht gekümmert. Er habe daraufhin seinen Seesack gepackt und mit der zweiten Rettungsinsel das Schiff verlassen.
    Dieser Seesack war, als die Küstenwache Saitsew in ihr Boot hochhievte, ins Wasser gefallen. Der Gerettete hätte daraufhin, wie Zeugen bekundeten, wie verrückt geschrien und hinterherspringen wollen. Schließlich holte einer der Küstenwachleute den Seesack, der noch auf der Wasseroberfläche schwamm, aus dem Meer. Es fanden sich 80 000 DM darin, die, so behauptete Saitsew, ihm gehörten.
    Was war an Bord der »Susanne« wirklich geschehen? Überlebende Zeugen gab es nicht, nur die Tatortspuren und die Aussagen Saitsews. Als dieser mit den gefundenen Blutspuren konfrontiert wurde, erzählte er eine neue Geschichte, die den dänischen Polizisten noch unwahrscheinlicher vorkam: Es habe an Bord eine Meuterei gegeben. Der Matrose B. und der Schiffsingenieur M., die ständig mit dem Kapitän gestritten hätten, hätten zunächst diesen und sodann den Steuermann V., der dem Kapitän hatte helfen wollen, durch Beilhiebe und Messerstiche getötet, und als der Koch S., durch den Lärm beunruhigt, hinzugeeilt sei, auch diesen erschlagen. Er, Saitsew, der ohnehin als Liebkind des Kapitäns galt, sei als Nächster dran gewesen. Es sei ihm aber gelungen, die beiden Angreifer in eine Falle zu locken und sie zu töten. Ihm sei nämlich die Schlacht an den Thermopylen eingefallen, bei der das persische Heer durch einen Hohlweg musste, der nur Platz für einen einzigen Mann ließ. Die wenigen griechischen Krieger, die sich dort postiert hatten, konnten nun jeden ihrer Feinde einzeln erschlagen. Seine Thermopylen seien die Treppenstufen hinab zur Kapitänskajüte gewesen. Dort hätte er die beiden Angreifer erwartet, ihnen einzeln ihre Äxte entrissen und sie aus Notwehr hintereinander durch Beilhiebe unschädlich gemacht. Er selbst hätte bei dem Kampf nur eine oberflächliche Verletzung am Bein davongetragen. Danach habe er alle Leichen, die der Ermordeten wie die ihrer Mörder, über Bord geworfen, die Blutspuren, so gut es ging, beseitigt und sei zunächst zwei Tage nordwärts Richtung Russland gefahren, bis er aus Treibstoffmangel umkehren musste. Während dieser Zeit hätte er sich die Geschichte mit dem Schiffsbrand
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