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Das Turnier

Das Turnier

Titel: Das Turnier
Autoren: Anu Stohner
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kannte ich von meiner Mutter, und ich fand schon immer, es hört sich irgendwie altmodisch an. Ich misch mich natürlich nicht ein, wenn sie sich mit meiner großen Schwester fetzt, ich bin ja nicht lebensmüde. Aber vielleicht erzähl ich den beiden gelegentlich, wie alt das Wort anscheinend schon ist. Das wissen sie bestimmt nicht.
    Spannend fand ich, dass Ingrid und Irmtraud ganz anders reagierten als meine große Schwester. Keine Ahnung, ob meine Schwester das auch mal probieren sollte, aber sie sagten nur:
    »Ja, Mutter, gewiss.«
    Das war der Moment, wo ich dachte, die Gewitterwolken über unseren Wackerburger Freunden hätten sich verzogen. Aber die Burgherrin war leider noch nicht fertig:
    »Was die Knaben in der Runde betrifft, so können sie sich schon mal überlegen, was sie dem Herrn der Wackerburg erzählen wollen …«
    Ups! Das Gewitter hatte sich nicht verzogen. Im Gegenteil: Das hörte sich nach Blitz und Donner an. Zum Glück saß der Burgherr nicht mit amTisch, wahrscheinlich kümmerte er sich draußen um die Vorbereitungen für den großen Kampf. Was es wohl setzte, wenn der Herr der Wackerburg Über-Nacht-Wegbleiben, ohne vorher Bescheid zu sagen, nicht so lustig fand? Bei mir zu Hause hätte das einen Riesenärger gegeben. Und bei Robert auch. Ich schaute Robert an, aber er hatte nur Augen für Ingrid. Keine Ahnung, was er dachte. Oder ob er überhaupt was dachte. Ich weiß nur noch, was mir durch den Kopf ging, nämlich dass wir am besten gleich nach dem Kampf verdufteten …
    (Ich weiß, was ihr jetzt denkt. Aber ich behaupte auch nicht, dass ich besonders tapfer bin.)
    Die Tafel wurde dann schneller aufgehoben als sonst, und mir war es nur recht. Wir Jungen und Wuschel gingen schon mal vor. Die Mädchen mussten ja noch bleiben. Im Weggehen zwinkerte ich Irmtraud zu, aber sie zwinkerte nicht zurück.

Das fünfundzwanzigste Kapitel, in dem der große Kampf Gut gegen Böse beginnt
    (Und diesmal ist Tim nicht abgelenkt!)
    Hab ich erzählt, dass Ritterkämpfe nicht so toll sind? – Vergesst es! Was jetzt kam, war der Wahnsinn.
    Wir waren gerade wieder bei der Balustrade angekommen, als ein Herold verkündete, dass jetzt gleich der große Kampf beginne zwischen dem Schwarzen und dem Weißen Ritter. Aber erst wolle der Burgherr noch das Wort an die Gäste richten. Wir schauten hoch zur Tribüne und sahen, wie er sich erhob. Die Zuschauer verstummten, und man hätte eine Stecknadel fallen hören, aber dann gab es noch eine kleine Verzögerung: Die Burgherrin kam gerade erst und brachte ihre Töchter mit. Ich traute meinen Augen nicht. Die beiden waren in prächtige Kleider gewandet und sahen zum ersten Mal so aus, wie ich mir edle Burgfräulein immer vorgestellt hatte. Wow! Und jetzt hoben sie auch noch die Hand und winkten in die Menge. Oder nein: Sie taten nur so. In Wirklichkeit winkten sie uns . Ich rammte Robert den Ellbogen in die Seite, aberder spürte das nicht mal. Der stand nur da und glotzte mit offenem Mund.
    Dann redete der Burgherr. Dass er sich bedanke bei allen Gästen, die den weiten Weg zur Wackerburg gekommen seien, aber besonders bei allen tapferen Kämpfern, die sich im ritterlichen Streit gemessen hätten. Nun gelte es nur noch herauszuf inden, wer der Beste von allen sei, darum wolle er auch nicht viele Worte machen. Der Herold möge seines Amtes walten, der letzte Kampf alsbald beginnen!
    Da brach ein Riesenjubel los, die Zuschauer klatschten und jubelten und schwenkten ihre Fähnchen und Tücher. Jetzt sah man nur noch schwarze und weiße, und man hätte unmöglich sagen können, ob es von den einen mehr waren oder von den anderen. Sogar die vornehmen Herrschaften auf der Tribüne waren aufgesprungen und klatschten und jubelten mit.
    Ich versuchte, in dem Getümmel die Mädchen zu entdecken, aber ich sah sie immer nur für Bruchteile von Sekunden. In der Reihe vor ihnen machten ein paar vornehme junge Herren besonders viel Rabatz, eingebildete Fatzkes mit Puff ärmeln am goldbestickten Wams und solchen Hüten, die aussehen wie Muff ins, die beim Backenübers Förmchen gequollen sind. Dämliche Kerle, das sah man von Weitem. Außerdem drehten sie sich dauernd um, als wollten sie die Mädchen dahinter fragen: Na, jubeln wir nicht supertoll? Die blöden Fatzkes waren echt das Letzte.
    Erst als die Fanfaren ertönten, wurde es still. Und jetzt sah ich die Mädchen endlich länger. Wunderschön sahen sie aus. Und was das Schönste war: Sie hielten beide schwarze Fähnchen in der
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