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Das Tier

Das Tier

Titel: Das Tier
Autoren: Sandra Gernt , Sandra Busch
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Dämpfe“, murmelte Crimson.
    „Die Heilung selbst dauert inzwischen doppelt so lange als beim ersten Versuch. Wir haben ihn nun zum vierten Mal der Essigsäure ausgesetzt.“ Harrit zögerte.
    „Fahren Sie fort, fahren Sie fort“, forderte Crimson ihn ungeduldig auf. Das Verlangen, diesen unfähigen Stümper für die nächste Teststrecke als Versuchsratte einzusetzen, wurde immer größer.
    „Herr Crimson, meinen Sie nicht auch, dass wir dem Objekt eine Pause gönnen sollten?“
    Wütend fuhr er auf dem Absatz herum und starrte Harrit finster an.
    „Ich … ich meine nur … Nicht dass er uns an Herzrasen verstirbt, bevor wir weitere Tests durchführen können“, stotterte sein Assistent und wich ein paar Schritte vor ihm zurück. Genau diesen Respekt genoss Crimson in vollen Zügen. Einen Moment lang dachte er über Harrits Worte nach und trat dann an das Teleobjektiv. Er warf einen Blick hindurch und musterte Thars. Tatsächlich wirkte ihr Versuchsobjekt im Moment erbärmlich, auch wenn der Heilungsprozess aufs Neue begonnen hatte. Vielleicht sollten sie ihm wirklich etwas Ruhe gönnen. So wie er Kiros kannte, hatte der den Gossenbalg bestimmt bereits zerteilt, sodass ihnen kein zweites Studienobjekt zur Verfügung stand. Wenn ihre Versuchsperson also starb …
    Crimson stutzte und runzelte die Stirn. Sah er richtig oder bildete er sich gerade ein, dass sich Thars’ Augen mit Blut füllten?
    Ein metallisches Klappern ließ ihn herumwirbeln. Harrit stand über dem Steuerpult für den Versuchsraum gebeugt und starrte auf einen der Pegler.
    „Was machen Sie da?“
    Crimson hastete hinüber und stieß den hageren, ältlichen Mann zur Seite.
    „Sie Idiot! Wenn Sie die Luftumwälzung einschalten, kann das Tier unsere Witterung aufnehmen!“, schrie er.
    „Aber … die Essigdämpfe … sie zerstören seine Atemwege, er braucht frische Luft und riechen kann er bestimmt erst wieder in einer Stunde …“
    Ein markerschütterndes Brüllen brachte das Gestammel zum Verstummen. Alle erstarrten. Die Speichellecker wechselten verängstigte Blicke. Harrit wurde blass, er klammerte sich mit einer Hand am Pult fest, die andere krallte sich in seinen blütenweißen Laborkittel. Keiner wagte, laut zu atmen.
    Dann ein Knall, metallisches Scheppern. Das Tier hatte seine Ketten gesprengt. Mit einem infernalischen Schrei prallte ein schwerer Körper gegen die Tür des Versuchsraumes. Zwanzig Zentimeter dicke Stahlplatten beulten sich bedrohlich aus.
    Fluchend hieb Crimson auf das Steuerpult.
    „Wir müssen das Objekt terminieren“, rief er verärgert. Hoffentlich hatte Kiros sich zurückgehalten, sonst würde sie das um Jahre zurückwerfen! Wie viel schneller könnten sie die Entwicklung des neuen Mittels vorantreiben, wenn sie genau erforschen konnten, wo die Fehler des alten lagen!
    Bedauernd klappte er die Metallplatte beiseite, die den entscheidenden Hebel verdeckte. So sollte ein versehentliches Betätigen verhindert werden, aber jetzt blieb ihm keine andere Wahl. Einer großen Dosis Zyanidgas würde auch das Tier nichts entgegenzusetzen haben.
    Ein weiterer Knall, als das Tier sich wieder gegen die Tür warf. Der Boden bebte, Stahl knirschte. Schwitzend vor Angst taumelten die ersten feigen Ratten in Richtung Ausgang. Wissenschaftler nannten sie sich. Valorsaner, Mitglieder einer Gemeinschaft, die sich der Perfektionierung des Menschen verschrieben hatten. Ein bisschen Stress, eine geringfügige Bedrohung, und schon rannten sie um ihr erbärmliches Leben.
    Crimson griff nach dem Hebel.
    „Gehen Sie da weg!“
    Die piepsige Stimme war kaum zu hören. Ungläubig wandte Crimson den Kopf. Harrit stand einen Meter entfernt und hielt eine Pistole in der bebenden Hand.
    „Ich muss das Objekt eliminieren. Andernfalls sterben wir alle“, sagte er ungeduldig. Der lächerliche Wicht würde sowieso nicht schießen. Zeitverschwendung. Crimson wandte sich wieder zum Pult. Er würde Harrit nachher umbringen. Der Mann war ein Sicherheitsrisiko, da gab es nichts zu beschönigen.
    „Gehen Sie weg!“ Ein Schuss krachte.
    Zugleich flog die Tür aus der Angel. Das Tier hatte sich befreit.

    Harrit ließ die Waffe fallen. Er stürzte schreiend zu Boden, als das Tier an ihm vorbeiflog und sich über Crimson warf. Das entsetzliche Kreischen des durch die Kugel verletzten Mannes abrupt verstummte.
    Winselnd kroch Harrit nach hinten. Er war ein Mörder! Er hatte Crimson umgebracht! Das Tier hatte lediglich dessen Leid ein Ende gesetzt,
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