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Das Teufelsweib

Das Teufelsweib

Titel: Das Teufelsweib
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kehrtgemacht und wieder Kurs nach Osten genommen habe. Die Besatzung vermute als nächstes Ziel Imperia.
    Dubois nickte grimmig und bat um seine Hotelrechnung.
    Noch in der gleichen Stunde reiste er ab nach Imperia. Er wählte natürlich den Landweg, welcher der schnellere war.
    Und nun entwickelte sich das, was McJohn wie Hexerei erschien, und was Manon in eine wachsende Nervenkrise stürzte, bis sie schließlich irrenhausreif war.
    Die Jacht legte in Imperia an – Dubois stand regungslos am Quai und blickte ihr entgegen.
    In Alassio – Dubois stand am Quai wie in Imperia.
    In Allienga – Dubois stand da, regungslos.
    In Loano – dasselbe.
    In Noli – Dubois stand wie eine Statue am Quai, starr, regungslos.
    Und immer in seinem düsteren schwarzen Anzug. Nur sein Gesicht zeigte sich wechselhaft. Mal spiegelte sich darin Zorn wider, mal Verachtung, mal Trauer.
    Manon wurde von Fall zu Fall hysterischer. Wie unter einem dunklen, unwiderstehlichen Zwang ging sie immer auf das Deck, wenn ein Hafen angelaufen wurde – um zu sehen, ob Dubois da war. Er war es. Mit tödlicher Sicherheit war er es.
    Wer das Märchen vom Igel und Hasen kannte, mußte sich daran erinnert fühlen. Der Unterschied war aber, daß dem Märchen das Dämonische der Ernsthaftigkeit fehlte, das hier gegeben war.
    Manon sperrte sich in ihrer Kabine ein und tobte: »Ich kann ihn nicht mehr sehen! Ich werde irrsinnig! Schafft mir das Scheusal aus den Augen! Ich springe ins Wasser! Hilfe – ich werde wahnsinnig …!«
    McJohn wurde immer einsilbiger und ratloser. Auch seine Nerven fingen an zu leiden. Aber was kann ich tun? fragte er sich.
    Die Jacht fuhr die ganze Küste der Riviera entlang, doch wohin sie auch kam, Dubois war ihr immer schon vorausgeeilt.
    In Savona – Dubois stand am Quai und blickte ihr entgegen.
    In Cogoleto, einem Felsennest am Monte Beigua – zwischen den Felsen und dem Meer sah Manon schon von weitem die schwarze Gestalt Dubois'.
    In Genua – wieder stand er da.
    Manon bekam Tobsuchtsanfälle, Schreikrämpfe. Sie zerriß ihre Taschentücher. Sie warf einen Sonnenschirm samt dazugehörendem Liegestuhl ins Schwimmbecken. Sie gebärdete sich wie eine Tolle.
    »Schlag ihn endlich tot!« flehte sie McJohn an. »Schlag ihn tot wie eine Ratte! Ich halte das nicht mehr länger aus!«
    Was kann ich tun? fragte sich McJohn. Wenn Gefahr von ihm ausginge, wenn er bewaffnet wäre, wenn er uns bedrohen würde, ja, dann könnte ich ihm ebenfalls mit einer Waffe entgegentreten und ihn töten. Aber so …
    Genua.
    In Genua war es, wo sich McJohn endlich keine solchen Gedanken mehr machen mußte. Hier reifte die Entscheidung heran. Aber noch wußte das McJohn nicht.
    Zu dieser Stunde erhielt der Comte de Santerres auf dem Dachgarten der Taberna San Giorgio Besuch. Marcel Putois stand vor ihm – der Maler vom Montmartre.
    Er sah blaß, übernächtig, elend aus. Der ganze Eindruck, den er machte, irritierte Santerres. Seine schlanken Künstlerhände strichen beim Sprechen ständig nervös über den hellgrauen Anzug.
    »Sie sind erstaunt?« fragte Putois, mit der Zigarette im Mundwinkel, Santerres. »Ich bin auf einer Reise die Riviera entlang.«
    Er ließ sich, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, auf einen Korbsessel gegenüber Santerres nieder.
    Santerres war wirklich überrascht. Konnte dieses Zusammentreffen hier in Genua reiner Zufall sein? Kaum anzunehmen.
    »Was macht inzwischen Ihr Atelier in der Rue Randolph?« fragte er.
    »Das habe ich verkauft.«
    »Verkauft?«
    »Ja.«
    »Ich hoffe, vorteilhaft?«
    »Doch.«
    »Darf ich fragen, an wen?«
    »An Dubois.«
    Das war die zweite Überraschung für Santerres. »Dubois?« rief er. »Wieso der?«
    »Weiß ich nicht«, antwortete Putois achselzuckend. »Er kam zu mir und wollte die Bude um jeden Preis haben.«
    »Und Sie gaben sie ihm?«
    »Ja, ich wollte von Paris nichts mehr wissen.«
    »Auch ich wollte von Paris nichts mehr wissen«, entgegnete Santerres elegisch. »Der Grund dürfte bei uns beiden der gleiche sein.«
    Die beiden verstummten. Sie sahen aneinander vorbei; ihr Blick verlor sich in der Ferne. Dies ist immer das deutlichste Anzeichen für geistige Abwesenheit. Jeder der beiden dachte an jenen gemeinsamen ›Grund‹, ein Satansweib, von dem sie ruiniert worden waren.
    »Wo ist Dubois jetzt?« unterbrach Santerres schließlich das beiderseitige Schweigen. Es war ihm egal, wo Dubois war, was er machte. Er fragte halt danach, wie man oft im Gespräch nach etwas fragt,
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