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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel
Autoren: Jeffery Deaver
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aufsprang, würde er sie mit einem Satz zu fassen bekommen – um ihr das Knie zu zertrümmern oder sie mit einem Schlag auf den Kopf zu betäuben.
    Noch zwei Meter, anderthalb …
    Er blieb stehen und legte die Tüte lautlos auf einem Regal ab. Dann umfasste er den lackierten Eichenholzknüppel mit beiden Händen, trat vor und holte aus.
    Das Mädchen blieb gänzlich in den Text versunken und merkte nicht, dass der Angreifer nur eine Armeslänge hinter ihr stand. Thompson ließ den Schlagstock mit aller Kraft auf die Wollmütze des Mädchens niedersausen.
    Knack …
    Als der Knüppel mit hohlem Knall ihren Kopf traf, schickte der Aufprall eine schmerzhafte Vibration durch Boyds Hände.
    Irgendetwas stimmte nicht. Das Geräusch war falsch, und das Gefühl passte auch nicht. Was ging hier vor?
    Thompson Boyd wich zurück, denn der Körper fiel zu Boden.
    Und zwar in zwei Teilen.
    Der Torso der Puppe kippte in eine Richtung, der Kopf in eine andere. Im ersten Moment war Thompson völlig verblüfft. Dann blickte er zur Seite und entdeckte die untere Hälfte der Figur. Sie steckte nach wie vor in einem Ballkleid und stand neben mehreren anderen Puppen, die allesamt Frauenkleidung aus dem Amerika des neunzehnten Jahrhunderts trugen.
    Nein …
    Das Mädchen hatte irgendwie erkannt, dass er eine Bedrohung darstellte. Daraufhin war sie aufgestanden und hatte ein paar Bücher aus den Regalen geholt, um zu kaschieren, dass sie im Anschluss eine der Puppen auseinander nahm. Sie hatte der Figur ihr Sweatshirt und die Wollmütze übergestreift und sie dann auf dem Stuhl platziert.
    Aber wo war das Mädchen?
    Das Geräusch hastiger Schritte beantwortete die Frage. Thompson Boyd hörte sie auf den Notausgang zurennen. Er verstaute den Schlagstock unter seinem Mantel, zog die Pistole und lief hinterher.
     
     

 … Zwei
     
    Geneva Settle rannte.
    Sie floh. Wie ihr Vorfahr Charles Singleton.
    Sie keuchte. Wie Charles vor hundertvierzig Jahren auf der Flucht vor der Polizei.
    Aber im Gegensatz zu ihm ließ Geneva nun jegliche Würde vermissen, davon war sie überzeugt. Sie schluchzte, schrie um Hilfe, geriet vor lauter Panik ins Stolpern und prallte hart gegen eine Wand, wobei sie sich den Handrücken aufschürfte.
    Da ist sie, da ist sie, die dürre kleine Rotznase … Packt sie!
    Der Gedanke an die Aufzugkabine erschreckte sie. Sie würde praktisch in der Falle stecken. Also entschied sie sich für die Feuertreppe. Sie stieß die Tür aus vollem Lauf auf, was ihr einen Moment lang den Atem raubte, und wurde von dem grellgelben Licht geblendet, doch sie hielt nicht inne. Mit großen Schritten hastete sie zur dritten Etage hinunter und zerrte an dem Türknauf, aber die Brandschutztüren ließen sich von dieser Seite nicht öffnen. Geneva musste es bis ins Erdgeschoss schaffen.
    Sie lief weiter nach unten und rang nach Luft. Warum? Was wollte dieser Mann?, grübelte sie.
    Mit Leuten wie uns gibt das dürre kleine Miststück sich nicht ab …
    Die Pistole … Deshalb hatte sie Verdacht geschöpft. Geneva Settle gehörte keiner Gang an, aber als Schülerin der mitten in Harlem gelegenen Langston Hughes Highschool hatte sie im Laufe der Zeit zwangsläufig ein paar Waffen zu Gesicht bekommen. Als ein charakteristisches Klicken an ihre Ohren gedrungen war – das ganz eindeutig nicht von einem Mobiltelefon stammen konnte –, hatte sie sich gefragt, ob der lachende Mann womöglich bloß freundlich getan hatte und in Wahrheit Böses im Schilde führte. Dann war sie scheinbar arglos aufgestanden, hatte einen Schluck Wasser getrunken und eigentlich sofort die Flucht ergreifen wollen, wäre ihr nicht bei einem verstohlenen Blick zu den Regalen die Skimaske aufgefallen. Ihr wurde klar, dass sie unmöglich an dem Fremden vorbeikommen konnte, solange seine Aufmerksamkeit nicht auf den Tisch gerichtet blieb. Daher hatte sie geräuschvoll einige Bücher aufgestapelt, die nächstbeste Modepuppe geholt, ihr Mütze und Sweatshirt übergezogen und sie auf den Stuhl vor dem Lesegerät gestellt. Dann hatte sie abgewartet, bis er sich dem Tisch näherte, und war hinter ihm vorbeigeschlichen.
    Macht sie fertig, macht das Miststück fertig …
    Nun lief Geneva die nächste Treppe hinunter.
    Über ihr ertönten Schritte. Herrje, er folgte ihr tatsächlich! Er hatte ebenfalls das Treppenhaus betreten und war nur noch ein Stockwerk hinter ihr. Halb rennend, halb stolpernd stürmte sie nach unten und hielt sich dabei die verletzte Hand. Die Schritte kamen
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