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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel
Autoren: Jeffery Deaver
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wurde ein Zehn-vierundzwanzig gemeldet. Kennt ihr das afroamerikanische Museum an der Fünfundfünfzigsten? Das Opfer war ein junges Mädchen, ein Teenager. Versuchte Vergewaltigung.«
    Amelia Sachs zuckte zusammen und war sofort voller Mitgefühl. Rhyme reagierte anders und fragte sich ganz automatisch: Wie viele Tatorte gibt es? Hat der Täter das Mädchen verfolgt und dabei eventuell etwas verloren? Haben die beiden miteinander gekämpft und Spuren ausgetauscht? Ist er mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs? Hat er einen Wagen benutzt?
    Und noch ein weiterer Gedanke schoss ihm durch den Kopf, aber Rhyme hatte nicht vor, ihn laut zu äußern.
    »Ist sie verletzt?«, fragte Sachs.
    »Eine Schürfwunde an der Hand, mehr nicht. Sie konnte fliehen und einen Streifenbeamten verständigen. Unser Mann hat nachgesehen, aber das Scheusal war schon weg … Also, könnt ihr euch den Tatort vornehmen?«
    Sachs sah Rhyme an. »Ich weiß, was du sagen wirst: dass wir beschäftigt sind.«
    Das gesamte NYPD stand unter enormem Druck. Viele Beamte waren vom üblichen Dienst abgezogen und der Antiterrorabteilung zugewiesen worden, bei der es in letzter Zeit besonders hektisch zuging; dem FBI lagen mehrere anonyme Berichte über mögliche Bombenanschläge auf israelische Ziele im Großraum New York vor. Infolge der Personalknappheit hatte auch Rhyme so viel zu tun wie schon seit Monaten nicht mehr. Er und Sachs untersuchten derzeit zwei Betrugsfälle, einen bewaffneten Raubüberfall und einen seit drei Jahren ungelösten Mord.
    »Ja, wir sind ziemlich beschäftigt«, fasste Rhyme zusammen.
    »Das geht nicht nur dir so«, sagte Sellitto. »Wie heißt es doch so schön? Ein Unglück kommt selten allein.«
    »Danke, sehr mitfühlend.« Rhyme neigte den Kopf. »Ich wäre gern behilflich. Ehrlich. Aber wir müssen uns bereits um all die anderen Fälle kümmern. Und außerdem habe ich jetzt einen Termin. Im Krankenhaus.«
    »Komm schon, Linc«, sagte Sellitto. »Bei keinem deiner Fälle ist ein Kind betroffen. Dieser Mistkerl hat es auf Teenager abgesehen, lass ihn uns aus dem Verkehr ziehen. Wer weiß, wie viele Mädchen wir dadurch retten können! Du kennst die Stadt – es spielt keine Rolle, was sonst noch los ist. Sobald irgendein Ungeheuer auf Kinder losgeht, werden die hohen Tiere dir freie Hand lassen, um ihn zu schnappen.«
    »Aber das wären insgesamt fünf Fälle«, sagte Rhyme mürrisch. Er ließ die Stille einen Moment lang wirken. »Wie alt ist sie?«, fragte er dann zögernd.
    »Sechzehn, um Himmels willen. Komm schon, Linc.«
    Ein Seufzen. »Na, also gut«, sagte er schließlich. »Ich mach’s.«
    »Ernsthaft?«, fragte Sellitto überrascht.
    »Warum hält mich bloß jeder für herzlos?«, klagte Rhyme und verdrehte die Augen. »Alle halten mich für einen Spielverderber, sogar du, Lon. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass wir Prioritäten setzen müssen. Aber ich schätze, du hast Recht. Das hier ist wichtiger.«
    »Hat dein plötzlicher Anfall von Hilfsbereitschaft womöglich etwas mit der Tatsache zu tun, dass du jetzt deinen Krankenhausbesuch verschieben kannst?«, fragte der Betreuer.
    »Natürlich nicht. Ich habe gar nicht mehr daran gedacht. Aber da du es gerade erwähnst, sollten wir den Termin lieber absagen. Gute Idee, Thom.«
    »Das ist nicht meine Idee – du hast das so eingefädelt.«
    Stimmt, dachte er. »Ich?«, rief er entrüstet. »Das klingt ja so, als hätte ich in Midtown Leute überfallen.«
    »Du weißt, was ich meine«, sagte Thom. »Du könntest den Test durchführen lassen und wieder hier sein, bevor Amelia mit dem Tatort fertig ist.«
    »Wir könnten im Krankenhaus aufgehalten werden. Was heißt ›könnten‹? Es gibt dort immer irgendwelche Verzögerungen.«
    »Ich rufe Dr. Sherman an und verschiebe den Termin«, sagte Sachs.
    »Ja, sag ab. Aber leg noch keinen neuen Termin fest. Wir wissen nicht, wie lange das hier dauern wird. Der Täter hat vielleicht noch mehr auf dem Kerbholz.«
    »Ich vereinbare einen neuen Termin«, widersprach sie.
    »Lass mindestens zwei oder drei Wochen Luft.«
    »Ich richte mich nach Dr. Sherman«, sagte Sachs entschlossen.
    Doch Lincoln Rhyme konnte genauso stur wie seine Lebensgefährtin sein. »Wir reden später darüber. Also, da draußen ist ein Vergewaltiger unterwegs. Was er wohl als Nächstes vorhat? Wahrscheinlich sucht er sich ein neues Opfer. Thom, ruf Mel Cooper an und hol ihn her. Auf geht’s. Jede Minute Aufschub ist ein Geschenk an den
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