Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm
Autoren: Ken MacLeod
Vom Netzwerk:
herabfiel.
    Janis blinzelte und ergriff die dargebotene Hand.
    »Hallo, Janis.«
    »Hallo, Cat. Schön, dich zu sehen. Und ausgerechnet
heute. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Meinen
Glückwunsch.« Sie drückte Cat und Jordan beide an
sich. »Du meine Güte, Cat, du siehst umwerfend aus.
Ein solches Kleid habe ich noch nie gesehen.«
    »Danke.« Cat lächelte, streckte und bog die
Arme. »Ich habe das Gefühl, ich könnte alles
darin tun. Laufen, schwimmen, Wände hochklettern.
Fliegen.«
    Jordan beantwortete ihre unausgesprochene Frage. »Sie
sagt mir nicht, woher sie es hat«, meinte er. »Ich
vermute, sie hat eine Abmachung mit einer Kolonie zartfingriger
Elfen getroffen.« Er blickte an Cat vorbei. »Einen
Augenblick.« Er stürzte sich ins Gewühl, tippte
einer jungen Frau auf die Schulter und fing eine Unterhaltung mit
ihr an.
    »Läuft er öfters weg und quatscht in Pubs
unbekannte Frauen an?«, fragte Janis.
    »Ständig.«
    Janis hatte sich vor diesem Moment gefürchtet. Wenn Mohs
Tod ihr und Jordan zusetzte, wie musste es dann erst für Cat
sein, die ihn viel länger gekannt und ihn jahrelang geliebt
hatte? Sie hätte dies gern angesprochen, wollte Cats
Glück aber auch nicht verdüstern. Allein schon neben
ihr zu stehen, das war, als stünde man in einem
sonnenbeschienenen Garten.
    »Etwas zu trinken?«, fragte Cat.
    »Äh… Wodka-Cola, danke.«
    Cat vollführte ein paar geheimnisvolle Bewegungen mit den
Händen, worauf zwei Drinks auftauchten.
    »Sollen wir uns setzen?«
    Sie näherte sich dem nächsten Tisch, dessen
Stühle frei wurden, bevor sie ihn erreichten; die
Tischplatte war abgewischt, und man hatte einen transparenten
Aschenbecher darauf gestellt.
    »Cheers.«
    »Auf ein langes, glückliches Leben.«
    »Ich…«
    »Ich…«
    »Nein, du…«
    Cat lächelte. »Na schön. Es klingt
wahrscheinlich fürchterlich, aber wenn ich es jetzt nicht
sage, dann denken wir bloß ständig daran, okay? Mohs
Tod war für uns alle ein Schock. Die Nachricht erschien
einfach auf unserem Monitor, mit seinem Namen dabei. So
läuft das eben«, setzte sie abwehrend hinzu, »im
Kampf gefallen. Soldat der Republik. Aufrichtiges Mitgefühl
und hasta la Sieg und so weiter…« Sie
blinzelte mehrmals und trank einen Schluck. »Damit
müssen Leute wie wir halt rechnen. Leute wie Moh. Man
gewöhnt sich an den Gedanken, dass es passieren kann –
Scheiße, man gewöhnt sich dran, dass es passiert.
Nein, man gewöhnt sich niemals daran, aber… man
lernt, damit umzugehen. Und du, du bist mitten hineingeraten. Ich
meine, ich wollte dir sagen, dass ich nachempfinden kann, dass du
viel größeren Schmerz…«
    »Ach, Cat, sag das nicht. Ich weiß auch so, was du
meinst, und…« Sie drückte Cats Hand. »Ich
habe ihn geliebt, und du auch, das weiß ich.«
    Cat atmete tief durch die Nase ein und lächelte.
»Ja. Und ich bin sicher, du weißt, wie er dachte. Er
hätte bestimmt nicht gewollt, dass zwei seiner Verflossenen
sich gegenseitig in die Drinks heulen. Er hat das Leben so sehr
geliebt, weil er wusste und fest daran glaubte, dass es ohne ihn
weitergehen würde. So hat er auf den Tod anderer Leute
reagiert: auf den Tod von Kameraden, von Menschen, denen er nahe
stand. Er hat um sie getrauert… dann ging das Leben
weiter. Er hat nicht so getan, als wären sie noch als
Gespenster anwesend, die einem über die Schulter schauen und
es einem neiden, dass man sich amüsiert.«
    Janis nickte. Das klang überzeugend. Sie seufzte,
entspannte sich und hob das Glas. Cat nickte und hob das ihre,
und dann tranken sie und lächelten einander an.
    »Also, Cat«, sagte Janis, »was hast du seit
der Revolution gemacht?«
    Cat wollte gerade antworten, als sich andere Gäste an den
Tisch drängten und sie entführten. »Das ist eine
lange Geschichte!«, rief sie über die Schulter.
»Wir sehen uns später, Janis.«
     
    Janis erhob sich, sah, dass ihr Glas leer war, und ging zum
Tresen. Als das Glas wieder voll war, war der Tisch nicht mehr
frei.
    Jordan tauchte wieder auf.
    »Hi, Janis«, sagte er. »Ich möchte dich
jemandem vorstellen.«
    Die Frau, mit der er gesprochen hatte, trat neben ihn. Janis
mochte sie auf den ersten Blick. Sie hatte struppiges rotbraunes
Haar und ein sonnengebräuntes, sommersprossiges Gesicht und
trug als einzigen Schmuck einen blauen Emaillestern auf der
Schulter ihres roten Seidenhemds. Im Moment blickte ihr
freimütiges, offenes Gesicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher