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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm
Autoren: Ken MacLeod
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haben alles bekommen, unmittelbar bevor der
Dissembler-Code zusammenbrach. Jetzt ist dort draußen alles
gespeichert. Die ganze beschissene Genom-Datenbank.Wir
könnten die Welt aus einer Bohne
wiedererschaffen.«
    »Schön zu wissen«, sagte Janis. Sie
verspürte die Last einer Besorgnis, die ihr so vertraut
geworden war, dass sie sie kaum mehr bemerkte. Wenigstens das
hatte funktioniert: die von Josh Kohn eingerichteten Systeme
hatten ihre Aufgabe erfüllt.
    Sie entspannte sich.
    »Vielleicht kannst du mir eine Frage beantworten«,
meinte sie. »Du hast Moh lange gekannt, nicht
wahr?«
    »Bin ihm im Laufe der Jahre bloß hin und wieder
begegnet. Das fing an, als ich zum ersten Mal schikaniert wurde.
Eine Strahlenüberdosis. Aber das ist jetzt Fallout von
gestern. Ist fünfzehn Jahre her. War damals um die zwanzig
und richtig wichtig. Hab auf einer Versammlung von Genossen
gesprochen.«
    »Davon hat er mir erzählt«, meinte Janis.
»Als er Informationen über die Sternenfraktion
suchte… Eines hab ich nie so recht kapiert. Er war doch
Kommunist oder Sozialist, ja, und ich verstehe auch, weshalb er
am Ende die Republik unterstützt hat. Aber weshalb war ihm
dieser Ort so wichtig?«
    »Das Lord Carrington?«
    »Nein!«, schnaubte Janis. »Idiot.
Norlonto.«
    »Das hat er dir nie erklärt? Dieser Schuft. Das hat
mit etwas zu tun, das er und ich vor Jahren rausgeknobelt haben,
als wir mit diesem alten Kauz diskutierten, wie hieß er
gleich noch, ach ja, Wilde. Weißt du, was wir mit
Sozialismus meinten, das sollte den Menschen nicht aufgezwungen
werden, sondern die Menschen sollten sich nach ihren eigenen
Vorstellungen organisieren, in Kooperativen, Kollektiven,
Kommunen, Gewerkschaften. Und jetzt schau dich hier mal um. Oder
meinetwegen im Weltraum. Da wimmelt es bloß so davon! Und
wenn der Sozialismus wirklich besser und effektiver als der
Kapitalismus ist, dann kann er auch verdammt gut mit dem
Kapitalismus konkurrieren. Deshalb kamen wir zu dem
Schluss, lass uns den ganzen Dirigismusscheiß und die
Gewalt vergessen; der beste Ort für den Sozialismus ist der,
der dem freien Markt am nächsten kommt!« Er lehnte
sich zurück und lachte. »Deswegen musste ich einen
höllischen Faktionskampf ausfechten!«
    »Also«, sagte Janis, »das klingt doch ganz
vernünftig. Oder?« Sie zwinkerte ihm
verschwörerisch zu. »Moh hat mir von den Fraktionen
und den Faktionen erzählt.«
    »Ach ja?«
    »Zu welcher Partei gehörte eigentlich die
Sternenfraktion?«
    Logan hielt grinsend vier Finger hoch. Janis erinnerte sich
daran, wie Moh in einer Weinlache Symbole gezeichnet hatte.
    »Oh. Zur Internationalen.«
    »Zur Vierten.« Dann breitete er beide Hände
aus: nicht um zehn anzuzeigen, wurde Janis klar, sondern
um eine Öffnung darzustellen. »Und zur
Letzten.«
    Janis runzelte die Stirn. »Ich dachte, die Letzte
Internationale wäre ein bloßer Mythos!«
    »Ja, ist sie auch.« Logan lachte. »Das ist
ja gerade der Witz bei der Sache! Wenn man keine Mitglieder und
keinen Apparat hat, bloß unabhängige Organisationen
als Fassade, umgeht man die Probleme der Rekrutierung und der
Sicherheit. Die Fassade ist real; die Partei dahinter ist eine
Fata Morgana. Eine virtuelle Organisation!«
    »Aber wofür steht sie? Worum geht es
dabei?«
    »Um Freiheit«, antwortete Logan entschieden. Dann,
als wäre dies ein allzu großes Wort, setzte er hinzu:
»Und natürlich darum, ihre Gegner zu
besiegen.«
    »Eine Verschwörung von Paranoikern?«
    »Unbedingt«, meinte Logan vergnügt.
»Und Josh hat sie scharenweise in seine virtuelle
Verschwörung eingewickelt, weil er damals glaubte, es werde
Krieg geben, und zwar einen Atomkrieg, und das wär’s
dann. Aus und Schluss. Falsch. Das haben wir hingekriegt.
Jetzt aber entwickeln sich die Dinge…«
    »Weshalb reden alle Leute darüber, wie sich die
Dinge entwickeln? Ich dachte, es läuft alles in unserem
Sinn.«
    Logan riss staunend die Augen auf, dann schaute er betreten
drein. »Sorry, Mizz, nichts für ungut.« (Mizz?)
»Was wir für die Revolution gehalten haben«,
sagte er bedächtig, als mache er sich selbst etwas klar,
»war bloß ein Moment im langen Herbst des
Niedergangs.«
    »Deshalb sprechen die Amerikaner ja auch von der
Herbstrevolution!«, meinte Janis lachend.
    Logan fand das nicht lustig. »Wir haben das
Königreich geschlagen, und die US/UN, aber wir haben zu
viele Niederlagen erlitten.«
    »Was heißt das,
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