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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett
Autoren: Kjell Eriksson
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Anwesenden waren auf Jack »Pålle« Mortensen gerichtet. Er verbarg das Gesicht hinter zitternden Händen und schluchzte.
    »Pålle, was ist denn?« wiederholte seine Mutter und legte eine Hand auf seinen Arm.
    »Laß mich los, du dreckige alte Hexe«, schrie er und sprang von seinem Stuhl auf.
    »Beruhigen Sie sich«, zischte Riis, während er Mortensens Oberkörper von hinten umklammerte. Lindell sah, wie sich die Muskeln ihres Kollegen unter dem Hemd spannten. Mortensens Mutter saß wie gelähmt da.
    »Setzen Sie sich«, forderte Lindell Mortensen auf.
    Riis lockerte seinen Griff, und Mortensen sank auf seinen Stuhl zurück.
    »Sie haben Gabriella Mark also gut gekannt, das haben Sie bislang bestritten.«
    Mortensen schluchzte. Seine Mutter starrte ihn ungläubig an.
    »Sie sind zu ihr gefahren, nicht wahr?« fragte Lindell.
    Mortensen sagte nichts. Er ließ den Kopf hängen und sah zu Boden. Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn. Lindell sah Haver an.
    »Nun antworte doch«, sagte seine Mutter. »Du kannst nicht einfach abstreiten, daß du Gabriella gut gekannt hast.«
    In Mortensens Gesicht zuckte es. Riis stand hinter ihm, immer zum Eingreifen bereit.
    »Ich kannte Gabriella«, sagte Mortensen heiser. »Ich hatte sie sehr gern … Ich mochte sie sehr«, wiederholte er und sah seine Mutter an. »Das wußtest du nicht. Du weißt so wenig.«
    Sie wollte etwas sagen, aber Mortensen hob abwehrend die Hand und fuhr fort: »Sie hat mich angelogen. Als sie Witwe geworden war, hatte sie mir gesagt, sie wolle nie wieder mit einem Mann zusammen sein.«
    »Sie wußten, daß Cederén und sie ein Verhältnis hatten«, warf Lindell ein.
    Mortensen drehte sich zu ihr um. Lindell schien es, als koste ihn dies viel Kraft. Die Langsamkeit der Bewegung entsprach der Trägheit, mit der die Worte aus seinem Mund kamen. Sie hatte das auch früher schon erlebt, diese Lähmung, die mitunter Menschen befiel, wenn sie in Bedrängnis gerieten und Lügen keine Alternative mehr waren. Die ganze Maschinerie war gedrosselt, und für den Beamten, der das Verhör führte und in Richtung Ziel eilen wollte, konnte dies ungeheuer frustrierend sein, aber Lindell wartete routiniert ab.
    »Ja«, sagte er schließlich, »natürlich wußte ich das. Ich habe sie erwischt, sie zufällig in Stockholm gesehen.«
    Seine Mutter begann mit einemmal zu lachen. »Armer Pålle«, sagte sie. »Erst Josefin und dann Gabriella.«
    »Halt ’s Maul«, sagte Mortensen hart.
    »Sie sind am 29. Juni zu ihr gefahren?«
    Lindell stellte ihre Frage leise. Mortensen nickte.
    »Könnten Sie bitte so antworten, daß wir es auf dem Band haben?«
    Mortensen lächelte sarkastisch, beugte sich über den Schreibtisch und sagte klar und deutlich: »Ja«, schloß die Augen und ließ sich gegen die Stuhllehne zurückfallen.
    »Sie haben sich gestritten?«
    »Nun antworte doch«, sagte seine Mutter.
    »Schaffen Sie sie raus!« schrie Mortensen und zeigte zur Tür.
    »Es ist vielleicht besser, wenn Sie draußen warten«, erklärte Lindell der Frau. Wortlos stand sie auf. Unter den Armen ihres hellen Sommerkleids hatten sich große Schweißflecken gebildet. Sie sah ihren Sohn mit einem eiskalten Blick an.
    »Du dreckige alte Hexe!« schrie Mortensen. »Du hast alles kaputtgemacht. Deine verdammten Stoffetzen, für die sich kein Aas interessiert. Wer interessiert sich schon für alte Lumpen? Deine bescheuerten Frühstücksbrötchen, mit denen du jeden Tag ankommst. Nur um zu schnüffeln, was ich tue. Du hast Gabriella gehaßt, und du hast Josefin gehaßt, hast dich eingemischt, sie schlechtgemacht und intrigiert.«
    Er fiel in sich zusammen. Lindell bemerkte, daß Riis nahe daran war, Mortensen eine Hand auf die Schulter zu legen, es dann aber doch bleibenließ. Ihr schien, als würde der Kollege eine gewisse Sympathie für Mortensen empfinden. Sie selber fühlte sich einfach nur ausgelaugt von dem Sturm der Gefühle: Vierzig Jahre lang aufgestauter Haß, der einzig und allein von Abhängigkeit zurückgehalten worden war.
    »Verdammter Mist«, sagte Mortensen und schlug sich wiederholt mit der rechten Hand auf das Knie, als wäre ihm gerade klargeworden, daß er seiner Mutter zu spät die Meinung gesagt hatte, viel zu spät.
    »Armer Kerl«, murmelte die Frau, als sie den Raum in Begleitung von Riis verließ, der sich in der Tür noch einmal umdrehte und Lindell anerkennend zunickte.
    Sobald die Tür geschlossen war, legte Mortensen ein Geständnis ab. Er war am Abend des 29. Juni
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