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Das stählerne Geheimnis

Titel: Das stählerne Geheimnis
Autoren: Hans Dominik
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noch weiter nach unten gesackt ist. Solch ein Einbruchgraben ist wie ein Sprung in einem Glas. Ist er erst einmal da, so hat er die Neigung, immer tiefer zu reißen.«
    Roddington nickte. »Ich verstehe Sie, Doktor … Wie wird’s da weiter östlich aussehen?«
    Dr. Wegener zuckte die Achseln.
    »Das läßt sich nicht voraussagen, Mr. Roddington. Vielleicht hat sich der Seeboden dort gehoben, vielleicht ist er noch tiefer gesunken. Wir müssen weiterfahren und loten, bis wir die tiefste Stelle haben. Je tiefer, desto besser für unsere Zwecke.«
     
    Während der nächsten Stunden kamen Roddington und Dr. Wegener nicht von der Brücke. Längst hatte Royer die Wache an den nächsten Offizier abgegeben, nicht ohne ihm dabei ein paar kritische Bemerkungen über das Tun und Treiben Roddingtons und des deutschen Doktors zuzuraunen.
    Schon kam die Nacht herauf, aber sie hinderte die beiden nicht, ihre Messungen fortzusetzen und von dem Wachthabenden jede halbe Stunde ein neues Ortsbesteck zu fordern. Ein Steward mußte ihnen das Abendessen auf die Brücke bringen, und auch in die dritte Wache hinein ging das Spiel weiter.
     
    Die Uhr im Kartenhaus verkündete die Mitternacht. Seit einer halben Stunde fuhr die Jacht nur noch mit Vierteldampf und bewegte sich in immer enger werdenden Kreisen. Roddington hatte inzwischen die Tür geschlossen, so daß kein anderer hören konnte, was sie miteinander sprachen.
    »Wir sind über dem tiefsten Punkt, Doktor.«
    »Zweifellos, Mr. Roddington. Das Echolot meldet hier eine Tiefe von vierzehneinhalb Kilometer. Wenigstens vierzehneinhalb Kilometer, Roddington!«
    »Warum, ›wenigstens‹, Doktor?«
    »Weil wir nicht wissen, ob das Seewasser unter dem ungeheuren Druck in dieser Tiefe den Schall nicht noch schneller leitet. Es wäre nicht ausgeschlossen, daß die See hier ein bis zwei Kilometer tiefer ist.«
    »Teufel, Doktor! Das wäre ja über alles Erwarten günstig.«
    »Etwas anderes ist noch günstiger, Mr. Roddington. Wir befinden uns hier noch innerhalb der amerikanischen Gewässer.«
    Roddington beugte sich über die Karte und setzte den Finger auf eine Stelle, die von weitem wie ein grauer Schmutzfleck aussah. Es war ein Gewimmel von Zahlen, die der Doktor während der letzten zwölf Stunden mit Bleistift eingetragen hatte.
    »Sie haben recht, Doktor Wegener, wir sind noch in der Dreißigmeilengrenze von Siargo … Hm …! Gilt die Dreißigmeilenzone überhaupt noch? Das war doch nur eine Prohibitionseinrichtung, um die Bootlegger besser fassen zu können … Haben wir jetzt nicht wieder die alte Dreimeilenzone?«
    »Sie muß gelten, Roddington! Ich habe niemals gehört oder gelesen, daß die Vereinigten Staaten sie wieder aufgegeben hätten, und wenn sie nicht mehr gälte, müßte sie wieder eingeführt werden. Unsere Sache ist tausendmal wichtiger als die ganze Prohibition.«
     
    Royer kam auf die Brücke, um die Wache wieder zu übernehmen, da öffnete sich die Tür, Roddington und Dr. Wegener traten heraus.
    Mit einem leichten Kopfnicken erwiderte Roddington Royers Gruß.
    »Die ›Blue Star‹ soll bis nach Sonnenaufgang an dieser Stelle bleiben, Mr. Royer. Machen Sie nur soviel Fahrt, um den Platz zu halten, und nehmen Sie jede halbe Stunde das Besteck. Gute Nacht, Mr. Royer!«
     
    Glatt wie ein Spiegel lag die See, als die Sonne des neuen Tages heraufkam. Fast unwahrscheinlich blau erschien das Meer, über dem sich ein wolkenloser Himmel wölbte. Kein Lüftchen regte sich. Mit abgestellten Maschinen lag die »Blue Star« bewegungslos auf dem Wasser. Vorn am Bug der Jacht stand Dr. Wegener, neben ihm lehnte sich Roddington an eine eigenartige Winde.
    »Ein Prachtwetter, Mr. Roddington, das beste, das wir uns für unsere Arbeiten wünschen können«, meinte Dr. Wegener. Die Hand Roddingtons strich wie liebkosend über den blanken feinen Stahldraht, der die Trommel der Winde bedeckte.
    »Wir wollen anfangen, Doktor«, sagte er mit leichter Ungeduld, »lassen Sie die Leute hierher an die Winde kommen.«
    Dr. Wegener schüttelte den Kopf. »Wir werden es anders machen, Mr. Roddington. Das ruhige Wetter gibt die Möglichkeit dazu. Kommen Sie mit nach achtern, heute soll mein neues Wurflot zeigen, was es zu leisten vermag.«
    Befehle schallten über Deck. Die Davits eines Rettungsbootes schwangen nach Außenbord. Eine Ladeluke wurde geöffnet. Ein Kranhaken senkte sich hinein, hob einen großen Korb aus dem Bauch der Jacht empor und setzte ihn in das
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