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Das stählerne Geheimnis

Titel: Das stählerne Geheimnis
Autoren: Hans Dominik
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»Blue Star« ungefähr wieder an der gleichen Stelle, an der sie damals von dem gewaltigen Naturereignis überrascht worden war. Während eines mehrwöchigen Aufenthalts im Hafen von Manila waren alle Schäden, die die Jacht in jenem Aufruhr der Elemente davongetragen hatte, beseitigt worden. Vollzählig hingen die Rettungsboote wieder in den Davits, und in neuem Farbenschmuck schimmerten die Deckaufbauten. Kapitän Powell war noch nicht an Bord; er machte eben unter Benutzung eines Krückstockes die ersten Gehversuche in Manila. An seiner Statt hatte vorläufig der Erste Offizier, George Royer, die Führung der Jacht übernommen. Als es Mittag glaste, erschien er auf der Brücke, um seine Wache anzutreten. Grüßend legte er die Hand an die Mütze, als er im Kartenhaus Roddington zusammen mit Dr. Wegener erblickte.
    Die beiden saßen an einem Tisch und beschäftigten sich mit einem Apparat, der während des letzten Aufenthaltes in Manila in die »Blue Star« eingebaut worden war. Die Jacht hatte man zu dem Zweck sogar ins Trockendock gebracht. Mittschiffs, etwa ein Meter unter der Wasserlinie, hatte man dort auf Steuer- und auf Backbord mit dem Schweißbrenner zwei kreisrunde Löcher in den Rumpf der Jacht geschnitten, und zwei gußeiserne Gehäuse waren in die so gewonnenen Öffnungen eingefügt worden. Kabelleitungen führten von diesen zu einer Stromquelle im Schiffsraum und weiter zu dem blinkenden Instrument im Kartenhaus, über dem Roddington und Dr. Wegener jetzt die Köpfe zusammensteckten.
    Während der Erste Offizier auf der Brücke hin und her schritt, sah er, wie Dr. Wegener eine blanke Taste niederduckte, und glaubte im gleichen Augenblick ein Geräusch ähnlieh einem Schuß oder einer Detonation zu hören, das von Steuerbord her aus dem Wasser zu kommen schien. Mit einer kurzen Schulterbewegung setzte er seinen Gang fort. So konnte er nicht mehr beobachten, wie Roddington und Dr. Wegener verwundert auf die Skalenscheibe des Apparates blickten, auf der ein Zeiger bei der Zahl 9800 stehengeblieben war.
    Als Leutnant Royer am Steuerbordende der Brücke angekommen war und eben kehrtmachte, hörte er zum zweitenmal einen Knall aus dem Wasser herauf. Als er wieder auf der Mitte der Brücke vor dem Kartenhaus stand, wurde er von Roddington angerufen.
    »Sie wünschen, Mr. Roddington?«
    »Bitte, nehmen Sie noch einmal ein neues Besteck, Mr. Royer.«
    Kopfschüttelnd griff der Offizier nach dem Sextanten. Was sollte dieser Befehl? Hatte doch sein Vorgänger auf der Brücke erst vor einer knappen Viertelstunde das Mittagsbesteck genommen und den Schiffsort danach in die Seekarte eingetragen.
    Mit einem wenig freundlichen Blick auf Dr. Wegener machte er sich an die Arbeit und kam nach kurzer Zeit mit einem Blatt Papier, auf dem ein paar Zahlen standen, in das Kartenhaus zurück.
    »Bitte, Mr. Roddington, hier ist die Ortsbestimmung: neun Grad vierzig Minuten Nord, einhundertsechsundzwanzig Grad fünfzehn Minuten Ost.«
    »Ich danke Ihnen, Mr. Royer«, sagte Roddington. Der Wachoffizier ging wieder auf die Brücke hinaus. Fragend schauten sich Wegener und Roddington an.
    »Was halten Sie davon, Doktor Wegener?« brach Roddington das Schweigen.
    »Betrachten wir die Tatsachen, Mr. Roddington. Die eben von Royer gemachte Ortsbestimmung ist zweifellos genau. Die Seekarte gibt hier eine Meerestiefe von sechstausend Meter an. Die Angabe ist unbedingt zuverlässig. Die Lotungen stammen von dem Vermessungsschiff ›Emden‹. Die Lotungen, die wir eben nach dem Echolotverfahren vornahmen, gaben eine Tiefe von neuntausendachthundert Meter. Also ist nur der einzige Schluß möglich, daß der Meeresgrund sich hier während des großen Seebebens um dreitausendachthundert Meter gesenkt hat.«
    Roddington sprang auf. »Ist etwas Derartiges denkbar, Doktor Wegener? Eine Bodensenkung um fast vier Kilometer? Haben Sie eine Erklärung dafür?«
    Der Deutsche strich sich mit beiden Händen durch seinen Schopf.
    »Ich will es versuchen, Mr. Roddington, Ihnen die Sache kurz zu erklären. Es gibt eine sehr einleuchtende Theorie, die vor Jahren von einem Namensvetter von mir aufgestellt wurde. Die Philippinen treiben unter der Wirkung von Flutkräften langsam, aber stetig, nach Westen, und auf ihrer Ostseite muß sich dabei zwangsläufig ein Einbruchgraben bilden. Es ist die sogenannte Emden-Tiefe, über der wir uns hier bereits befinden. Das letzte große Seebeben war das äußere Anzeichen dafür, daß der Boden inzwischen
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