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Das stählerne Geheimnis

Titel: Das stählerne Geheimnis
Autoren: Hans Dominik
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heranrollenden Wogen konnte immer noch zur Katastrophe führen.
    Dr. Wegener ließ das zwecklos gewordene Steuer fahren und gab durch den Telegrafen neue Befehle nach unten.
    »Die Feuerungen in Ordnung bringen! Dampf aufmachen! Volle Fahrt voraus!«
    Kommandos, die niemand befolgte. Aus dem Schacht zum Kesselraum taumelte das Maschinenpersonal auf Deck, weißer Dampf quoll hinter ihnen her. Geblendet und halb verbrüht waren sie nach oben geflohen, als die Sintflut in die Feuerungen hereinbrach und alles in brodelnden Dampf hüllte. Noch halb von Sinnen starrten sie auf das Bild der Verwüstung, das sich hier oben ihren Blicken bot. Alle Rettungsboote weggeschlagen, ein Teil der Deckaufbauten zertrümmert … Sie hörten die Befehle nicht, die ihnen Dr. Wegener von der Brücke her zubrüllte, bis seine Stimme sich heiser überschrie.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Roddington stand neben ihm.
    »Was ist, Doktor Wegener?«
    »’runter mit den Kerlen, Roddington! An die Kessel mit ihnen! Dampf machen, Fahrt machen! Trifft uns die nächste Welle dwars, sind wir erledigt.«
    Ohne ein Wort zu erwidern, stürmte Roddington von der Brücke. Seine Gegenwart und seine Stimme brachten die Leute wieder zur Besinnung. Unter seiner Führung drangen sie in den Kesselraum vor. Noch umwogten sie dichte Dampfschwaden, während sie über die schmale eiserne Leiter hinabstiegen. Bis über die Knie wateten sie unten in dem heißen Wasser, aber es gelang ihnen, sich bis zum Maschinenraum durchzutasten. Die Ventilatoren kamen wieder in Gang, Frischluft drang nach unten und verjagte den Dampf. Die Kessel hatten noch einen Druck, der genügte, um die Pumpen in Betrieb zu nehmen. In breitem Schwall schleuderten sie die trübe heiße Flut in die See, welche die Kessel- und Maschinenräume überschwemmte.
    Ein Hantieren danach an Ventilen und Düsen. Die Ölbrenner flammten wieder auf, zischend wie feurige Zungen leckten ihre Flammen durch die Feuerungen. Von Sekunde zu Sekunde wuchs ihr Brausen und Brummen, nun brannten sie wieder mit voller Kraft. Vor den Kesseln stand Roddington und blickte auf die Manometer. Zusehends stieg der Druck. Nicht mehr lange, und man würde die beiden Hauptmaschinen der Jacht wieder angehen lassen können.
     
    Dr. Wegener fand einen Augenblick Zeit, sich umzuschauen, und sah, daß er allein auf der Brücke stand. Veschwunden waren der Wachoffizier und der Rudergänger, fortgerissen, über Bord gespült von der ersten Riesenwoge, welche die Jacht getroffen hatte. Nur dadurch, daß er selbst in jenem Moment verhältnismäßig geschützt hinter dem Ruderrad gestanden hatte, war er dem gleichen Schicksal entgangen.
    Sein Blick ging in die Runde. In wolkenloser Bläue wie ein Azurschild wölbte sich der Himmel über ihm, aber schaumig grau und wild kochte die See. Nach allen Richtungen liefen die Wogen durcheinander. Dabei war die Luft fast völlig unbewegt. Es war kein Sturm, der die Wasser aufpeitschte. Irgendeine andere, unsichtbare, unheimliche Kraft mußte es sein, die den Ozean in wilden Zuckungen erbeben ließ.
    Von der Seite her lief wieder eine schwere Welle an. Dumpf dröhnte es durch den Rumpf der »Blue Star«, als die Wassermassen sie an Backbord trafen. Im Augenblick des Anpralles kämmte die Woge über. Donnernd stürzten ungezählte Tonnen weiß brodelnden Wassers auf das Deck der Jacht, schwer legte das Schiff sich unter dem gewaltigen Druck auf die Seite.
    Wie ein Rasender zerrte Dr. Wegener den Hebel des Maschinentelegrafen hin und her, immer wieder riß er ihn auf das Kommando »Volldampf voraus!« Wie ein Alarmsignal schrillte die Telegrafenglocke durch das Schiff, bis die unten bei den Maschinen endlich den Befehl ausführten. Die Schrauben der »Blue Star« begannen sich zu drehen, langsam kam das Schiff auf Fahrt und gehorchte wieder dem Steuer.
    Höchste Zeit war es, daß das geschah, denn Steuerbord voraus stürmte schon wieder eine schwere See an. In letzter Minute gelang es dem Doktor, die Jacht zu wenden und der Stoß mit dem Schiffsbug aufzufangen. So ging der Anprall glimpflich ab, doch es war noch längst nicht der letzte. In immer neuen Stößen erbebte das Weltmeer, unaufhörlich mußte er den Kurs ändern, um das Schiff vor der Vernichtung durch die aufgetretenen Wassermassen zu bewahren.
    Er wußte es selber kaum mehr, wie lange er hier auf der Brücke stand, wie oft er wieder und immer wieder die »Blue Star« dicht am Untergang vorbeisteuerte. Waren es Minuten,
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