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Das stählerne Geheimnis

Titel: Das stählerne Geheimnis
Autoren: Hans Dominik
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Scherze zu machen, aber die Lust dazu war ihnen schnell vergangen. Der Doktor hatte eine Art, den Betreffenden so merkwürdig durchdringend anzusehen und so sarkastisch zu antworten, daß er sich die Achtung erzwang, die man ihm anfangs verweigern wollte.
    Jetzt hatte man an Bord der »Blue Star« Respekt vor ihm, aber man sah es jedesmal mit stillem Verdruß, wenn er mit seinen Instrumenten auf die Brücke der Jacht kam und etwa den Schiffsort überraschend schnell und genau feststellte. Am liebsten hätte man ihn dort überhaupt nicht geduldet, aber leider stand auch noch eine andere Autorität hinter ihm. James William Roddington hatte einen schriftlichen Befehl erlassen, daß alle Anordnungen seines Freundes ebenso auszuführen seien wie seine eigenen. Bisher hatte Dr. Wegener von dieser Vollmacht nur selten Gebrauch gemacht, dann aber auch durch die eigenartige zwingende Gewalt, die von seiner Person ausging, die Erfüllung seiner Anweisungen schnell und restlos durchgesetzt.
     
    Nach dem Dinner erschien Dr. Wegener wieder auf der Brücke der »Blue Star«, bepackt mit allerlei merkwürdigen, blinkenden Instrumenten. Mit einem kurzen Gruß an den Zweiten Offizier, MacClure, der gerade die Wache hatte, ging er zu seinem gewohnten Platz an Steuerbord. Auf einem Tischchen baute er dort die Apparate auf und machte es sich in einem Sessel davor bequem.
    Gleichmütig schritt MacClure auf der Brücke hin und her. Nur bisweilen warf er einen schiefen Blick auf Dr. Wegener und beobachtete, wie der mit seinen Instrumenten hantierte und dazu Notizen auf einem Schreibblock machte. Was für einen neuen wissenschaftlichen Humbug mochte der da wieder vorhaben! Schon seit geraumer Zeit lag der Bleistift unbenutzt neben dem Block. Wie gebannt starrte Dr. Wegener auf die Skalen seiner Instrumente. Jetzt sprang er auf, griff nach einem Fernglas und begann den Horizont nach allen Seiten abzusuchen.
    »Verrückter«, murmelte MacClure durch die Zähne, »weit und breit kein Schiff in Sicht. Was sucht der mit seinem …?«
    Er schrak zusammen. Das letzte Wort blieb ihm im Halse stecken. Mit einem jähen Sprung war der Doktor an seiner Seite und schrie ihm einen Befehl ins Gesicht.
    »Ruder hart Backbord!«
    Ohne erst das Kommando des Wachoffiziers abzuwarten, führte der Rudergast das Manöver aus. Derweil lag die Hand Dr. Wegeners schon am Griff des Maschinentelegrafen. Rasselnd dröhnte der Befehl »Volldampf voraus!« nach unten.
    In kurzem scharfen Bogen stellte die »Blue Star« sich auf den neuen Kurs, stärker schlugen ihre Schrauben unter dem vollen Druck das Wasser.
    Erst jetzt kam MacClure zur vollen Besinnung. Er wollte etwas sagen; in dem neuen Befehl, den Dr. Wegener ihm entgegenrief, ging es unter.
    »Die Besatzung und die Passagiere alarmieren! Alle Mann unter Deck!«
    Zwei-, dreimal mußte er es hinausschreien, bevor MacClure es begriff und den Befehl durch den Telegraf en unter Deck gab. Er wollte etwas sagen, wollte fragen. Dr. Wegener hatte keine Zeit, ihm zu antworten. Nur mit der Hand deutete er nach vorn, schob jetzt den Rudergänger beiseite, griff in die Speichen des Rades und steuerte selbst.
    MacClure schaute in die gewiesene Richtung, und sein Herzschlag stockte. Wie eine haushohe Wand lief es von vorn her mit unheimlicher Schnelligkeit auf die Jacht zu.
    Und dann war es da. Genau senkrecht schnitt der Bug der »Blue Star« unter der Führung des Doktors in den grünglasigen Wasserberg hinein. Die Jacht erhielt einen Stoß, daß sie in allen ihren Verbänden krachte. So tief war sie unter Wasser, daß die See in ihre Schornsteine eindrang und die Kesselfeuerungen löschte. Unrettbar wäre das Schiff verloren gewesen, gepackt, zerschmettert und in die Tiefe gerissen, wenn die heranbrausende Riesenwoge es nicht genau von vorn in der Richtung des geringsten Widerstandes getroffen hätte. Nur so vermochte sein Antrieb sich nach überstandenem Anprall auszuwirken; es arbeitet sich wieder nach oben.
    Das blaugrüne Dunkel um Dr. Wegener wurde lichter. Schäumend und brodelnd wie ein Niagara strömte die Flut nach allen Seiten vor dem Verdeck ab.
    Der Untergang war vermieden, aber wie eine Nußschale tanzte die Jacht auf der schaumbedeckten, in wilder Dünung auf und ab wogenden See. Sie gehorchte dem Steuer nicht mehr, weil sie bei dem fürchterlichen Zusammenprall mit der Flutwoge alle Fahrt verloren hatte. Wie ein Spielball wurde sie auf dem entfesselten Ozean hin und her geworfen, jede der schwer
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