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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman
Autoren: Andrea Schacht
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Kerkern.
    Lange würden sie vermutlich nicht bleiben; ihr Vater wollte seine Geschäfte nicht ohne seine Aufsicht lassen. Aber sie hoffte doch, dass es, wenn der neue Burgherr ernannt worden war, eine Feier geben würde. Ein schönes Gewand lag in dem Bündel auf dem Packpferd. Ah, ein Fest mit einem Rittermahl und Gauklern, mit Spielleuten und einem Minnesänger.
    Nein, besser keinen Minnesänger.
    Die taugten nichts.
    Nein, lieber ein Fest mit Edelknaben und Knappen und vornehmen Damen und Reigentanz und Geschichten aus fremden Ländern.
    Sie wusste, dass sie träumte.
    Mit einem Lächeln ritt sie über die Zugbrücke.
    Die Unglücksomen, von denen der fallende Stern künden sollte, über den sie so viel hatte predigen hören, nahm sie nicht ernst.

Im ritterlichen Gemach
    Die Tore waren offen, die Zugbrücke war heruntergelassen, das Fallgitter hochgezogen, und dumpf hallten die Hufschläge unserer Rösser auf den Bohlen über dem Graben, als Ismael und ich einritten. Gewappnete empfingen uns mit gekreuzten Lanzen, und Ismael übernahm es, den Herold zu spielen.
    »Meister Hardo Lautenschläger wünscht den edlen Ritter
Ulrich von der Arken zu sehen!«, verkündete er mit unnachahmlicher Großmäuligkeit. Aber es war wohl eher die Order des Ritters, uns einzulassen, als Ismaels hochnäsiges Auftreten, die die Wachen dazu brachten, uns in den Torzwinger der Burg zu geleiten. Stallburschen kamen gerannt, um uns die Pferde abzunehmen und zu den Stallungen zu führen. Ich nahm die Laute an mich; die Bündel mit unserem Gepäck würden wir später holen.
    Um in den eigentlichen Burghof zu gelangen, mussten wir unter dem gewölbten Übergang zwischen der Kapelle und den Quartieren der Mannen gehen. Links vor uns ragte, von einem spitzen Holzdach gekrönt, der Bergfried auf, von rechts warfen der Palas und der Rittersaal mit seinen doppelten Bogenfenstern ihre Schatten in den kühlen Hof. Dazwischen lagen Wirtschaftsgebäude, und hölzerne, efeuberankte Arkaden auf Höhe des ersten Stockwerks verbanden die Gebäude miteinander. Ein Dutzend Hühner umflatterten uns aufgeregt, als wir stehenblieben, um uns umzuschauen. Die Frau am Backes vor der Küche war eben dabei, Brotlaibe in den Ofen zu schieben. Sie hielt mitten in der Bewegung inne. Einer anderen fiel der hochgehaspelte Eimer Wasser in den Brunnen zurück, und zwei Mägde starrten uns mit offenem Mund an. Ismael und ich erlebten oft diese Wirkung unseres Auftretens. Wir ertrugen sie gefasst, denn sie gehörte zu dem Eindruck, den wir der Welt vermitteln wollten.
    Mit energischen Schritten kam ein hochgewachsener Recke auf uns zu. Nach dem Wappenrock in Rot und Silber zu schließen musste es der Ritter sein, der mich zu diesem Treffen eingeladen hatte. Sein Haupt hatte er unbedeckt gelassen. Dunkle, kurze Locken umgaben sein ernstes Gesicht, dessen Entstellungen zum Teil von dem sauber gestutzten Vollbart bedeckt waren. Doch die vernarbte Wunde über seinem Auge verlieh ihm einen düsteren, grüblerischen Anblick, der mich auf seltsame Weise berührte. Doch für Gefühle war derzeit kein Platz.

    »Meister Hardo Lautenschläger, ich heiße Euch willkommen auf Burg Langel.«
    »Wohledler Herr von der Arken!«
    Ich erlaubte mir eine mäßig tiefe Verbeugung. Ismael war so aufmerksam, die seine tiefer ausfallen zu lassen. Der Junge hatte Gespür für höfische Feinheiten - so dann und wann.
    »Hattet Ihr eine gute Reise, Meister Hardo?«
    »Ohne Zwischenfälle, Herr Ulrich.«
    Der Ritter gab sich freundlich, doch ich wollte mir noch ein genaueres Bild von ihm machen. Die Einladung, die er mir vor zwei Monaten hatte überbringen lassen, war eine Überraschung für mich gewesen, und viel hatte sein Knappe Dietrich auch nicht dazu sagen können. So sah ich jetzt mit einer gewissen Vorsicht dem Treffen entgegen.
    »Folgt mir, Meister Hardo, ich will Euch und Eurem Diener Eure Unterkunft zeigen.«
    Diese war nun die zweite Überraschung. Gästen wurde oft in einem der Nebengebäude oder im Bergfried eine schlichte Kammer zugewiesen, aber der Ritter, in höchst eigener Person, wandte sich dem Palas zu und erklomm die hölzerne Außenstiege zum ersten Stock. Wir folgten ihm und traten in den herrschaftlichen Wohnturm ein. Eine steinerne Wendeltreppe führte im Vorraum nach oben, zwei Türen in die beiden großen Gemächer, die der Burgherr bewohnte. Mit einem kurzen Nicken wies er auf das größere der beiden.
    »Hier findet Ihr mich. Für Euch habe ich das zweite Gemach
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