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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
Autoren: Steven Erikson
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ist das da hinten – zieht da ein Sturm auf?« Sie deutete die Hauptstraße entlang auf den Horizont, wo sich jetzt schwere, merkwürdig leuchtende Wolken über den kahlen Hügeln zusammenzogen.
    Sie starrten sie einige Zeit lang an. Tropfen aus Jade schienen aus den Wolken zu regnen.
    »Ich war einst ein Priester«, sagte der Mann, während sein Hund sich an seine Füße kuschelte und dort hechelnd liegenblieb. Seine Schnauze war blutverschmiert. »Immer, wenn wir einen Sturm haben aufziehen sehen, haben wir die Augen geschlossen und noch lauter gesungen.«
    Sie schaute ihn ein bisschen überrascht an. »Du warst ein Priester? Aber warum … warum bist du dann nicht bei deinem Gott?«
    Der Mann zuckte die Schultern. »Wenn ich auf diese Frage eine Antwort wüsste, wäre ich tatsächlich das, was ich einst zu sein glaubte: erleuchtet.« Plötzlich straffte er sich. »Sieh nur, wir bekommen Besuch.«
    Eine Gestalt näherte sich ihnen mit ruckendem Gang – groß und so vertrocknet, dass ihre Gliedmaßen an Baumwurzeln erinnerten und die verrottete, verwitterte Haut ihres Gesichts sich über den Knochen spannte. Aus einer bleichen, sich schälenden Kopfhaut wuchsen lange, lose herabhängende graue Haare.
    »Ich sollte mich wohl an diese Art von Anblick gewöhnen«, murmelte die Frau.
    Ihr Begleiter sagte nichts, und sie sahen beide zu, wie die hagere, hinkende Gestalt an ihnen vorbeistolperte, und als sie sich umdrehten, um ihr weiter nachzusehen, sahen sie einen weiteren Fremden; dieser war in einen dunkelgrauen, zerschlissenen Kapuzenumhang gekleidet und ebenso groß wie der andere.
    Keiner der beiden schien von den Zuschauern Notiz zu nehmen, als der im Kapuzenumhang sagte: »Randgänger.«
    »Du hast mich hergerufen«, antwortete derjenige namens Randgänger, »damit ich … abschwäche.«
    »Das habe ich.«
    »Das hier hat lange auf sich warten lassen.«
    »Möglich, dass du so denkst, Randgänger.«
    Der grauhaarige Mann – der ganz offensichtlich schon lange tot war – legte den Kopf etwas schief und fragte: »Warum jetzt?«
    Die Gestalt im Kapuzenumhang drehte sich ein bisschen zur Seite, und die Frau dachte, dass sie vielleicht auf den toten Hund hinunterschaute. »Abscheu«, lautete die Antwort.
    Randgänger lachte leise und krächzend.
    »Was für ein grässlicher Ort ist das hier?«, zischte eine neue Stimme, und die Frau sah eine Gestalt – nicht mehr als einen verwaschenen Fleck aus Schatten – wie einen geflüsterten Hauch aus einer Gasse herausgleiten, obwohl sie gleichzeitig humpelte und sich auf einen Stock zu stützen schien, und plötzlich waren da große Tiere … zwei, vier, fünf, die um den Neuankömmling herumtappten.
    Der Priester neben der Frau knurrte leise. »Schattenhunde. Ach, wenn mein Gott das nur sehen könnte!«
    »Vielleicht tut er es – durch deine Augen.«
    »Oh, das bezweifle ich.«
    Randgänger und sein Gegenüber im Kapuzenumhang sahen zu, wie die schattenhafte Gestalt näher kam. Sie war klein und waberte, wurde dann aber etwas fester. Der schwarze Gehstock klopfte auf die dreckige Straße, wirbelte kleine Staubwölkchen auf. Die Hunde wanderten ziellos umher, schnüffelten mit gesenkten Köpfen am Boden. Keiner näherte sich dem Kadaver des Hundes der Frau oder dem hechelnden Tier zu Füßen ihre neugewonnenen Freundes.
    »Ein grässlicher Ort?«, wiederholte die Gestalt im Kapuzenumhang. »Ja, ich nehme an, das ist er. Eine Art Totenstadt, Schattenthron. Ein Dorf der Weggeworfenen. Sowohl immerwährend als auch … ja, nutzlos. Solche Orte«, fuhr er fort, »sind allgegenwärtig.«
    »Sprich für dich«, sagte Schattenthron. »Sieh uns an – wir warten. Warten . Oh, wenn ich mir nur etwas aus Anstand und Schicklichkeit machen würde!« Ein plötzliches Kichern. »Wenn wir uns alle nur etwas daraus machen würden!«
    Auf einmal kehrten die Hunde zurück, das Nackenfell gesträubt, den Blick auf etwas gerichtet, das weit weg auf der Hauptstraße war.
    »Noch einer«, murmelte der Priester. »Noch einer – und das ist der Letzte, ja.«
    »Wird all dies wieder geschehen?«, fragte ihn die Frau, als plötzlich Furcht sie durchfuhr. Jemand kommt. Oh, bei den Göttern, jemand kommt. »Wird es morgen wieder so sein? Sag es mir!«
    »Ich würde sagen … nein«, antwortete der Priester nach einem Augenblick des Zögerns. Er richtete den Blick auf den Hundekadaver im Staub. »Nein«, wiederholte er, »ich würde sagen, nein.«
    Über den Hügeln grollte der Donner, und
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