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0830 - Der Tod des Unsterblichen

0830 - Der Tod des Unsterblichen

Titel: 0830 - Der Tod des Unsterblichen
Autoren: Christian Montillon
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Man sah es ihm nicht an - noch nicht. Sein Gesicht sah aus wie immer. Seine Zähne sahen aus wie immer. Nur seine Körpertemperatur sank von Stunde zu Stunde, unmerklich, aber unaufhaltsam. Und seine Augen verloren an Glanz, in demselben Maß, wie das Leben aus Andre Gasser wich und von etwas Dunklem ersetzt wurde.
    Gassers Ehefrau Chantal bemerkte, dass er ein ungewöhnliches Verhalten an den Tag legte, aber sie schob es auf beruflichen Stress. Der Chefinspektor redete zu Hause nicht gern über die Arbeit, aber Chantal war es selbstverständlich nicht entgangen, dass in den letzten Tagen eine ebenso entsetzliche wie mysteriöse Mordserie Paris erschüttert hatte. Und es war niemand anderes als ihr Ehemann Andre, der diese Todesfälle untersuchen musste.
    Die Zeitungen schwiegen sich über Details aus, doch es gab geheimnisvolle Andeutungen und Gerüchte in der Stadt. Man sprach von gepfählten Leichen und solchen, die innerlich zerfetzt worden waren - was immer man sich darunter vorstellen sollte.
    Das Ehepaar Gasser saß auf der Couch in ihrem Wohnzimmer. Der Fernseher lief, doch keiner der beiden verfolgte das Programm. Chantal warf ihrem Mann immer wieder rasche Blicke zu. Er war in Gedanken versunken, und seine Hand fuhr häufig an das große Pflaster, das er sich gestern an den Hals geklebt hatte.
    Auf dem Bildschirm war gerade ein buntschillernder Tropenfisch zu sehen, und die Stimme des Kommentators betonte, mit welch ungewöhnlicher Lebensform man es doch bei diesem Fisch zu tun hatte. »Er ist ein Unikum im Tierreich - seine Fähigkeit zur Mimese scheint Magie zu sein…«
    »Mimese?«, murrte Andre Gasser. »Die schmeißen mit Wörtern um sich, die kein normaler Mensch versteht! Und was soll das Gerede von Magie - das ist doch lächerlich!« Er ballte die Fäuste und schlug gegen die Wand. »Merde!«
    »Was ist mit dir los?«, entfuhr es Chantal erschrocken. »So grantig kenne ich dich gar nicht.«
    »Was soll das heißen, grantig?«, patzte Gasser und zeigte ein künstliches Lächeln.
    »Gestern ist etwas passiert, das sehe ich dir an, und du hast noch kein Wort darüber verloren! Ich… ich mache mir Sorgen um dich. Da ist doch diese Mordserie. Was stimmt damit nicht? Bist du…« Sie stockte. »Bist du in Gefahr?«
    »Philippe, mein Assistent«, begann der Chefinspektor zögerlich.
    »Was ist mit ihm?«
    »Er ist tot.«
    Chantal wurde bleich. »Tot?«
    »Wir haben…« Gasser atmete tief durch. »Wir haben einen der Killer gestellt.« Er schloss die Augen und sah die grausame Szenerie wieder vor sich. Die abgesperrte Bar, in der drei Menschen getötet worden waren… einer von vielen Tatorten, die Gasser gestern mit seinem Assistenten aufgesucht hatte… ein Tatort, der sich jedoch von allen anderen unterschied - die Täterin befand sich noch dort. Eine Vampirin! Nach dieser Erkenntnis hatten sich die Ereignisse überschlagen. Ein Kollege war gebissen worden und hatte sich ebenfalls als Vampir erhoben - genau wie die Mordopfer.
    Ein mörderischer Kampf war entbrannt, Chaos war ausgebrochen… bis schließlich eine unbekannte betörend schöne Frau aufgetaucht war und alle Vampire vernichtet hatte. Sie war selbst eine Vampirin gewesen - und sie hatte ihm eine Botschaft hinterlassen: Es werden Menschen kommen. Sie werden Fragen stellen. Berichte ihnen von mir und sag ihnen, dass ich auf sie warte. Ihre Gräber sind bereits geschaufelt. Danach hatte sie ihn gebissen und kurz von seinem Blut getrunken. Nicht viel - nicht so, dass er sofort ebenfalls zu einem Vampir geworden wäre. Und doch hatte die Unbekannte eine höllische Saat in ihn gelegt, die langsam aufging und Früchte trug.
    Ihn überlief es kalt, als er daran dachte. Er sollte seine Bisswunde diesen Fragenden zeigen… Und seitdem er das Opfer dieser Vampirin geworden war, spürte er, dass sich etwas Dunkles in ihm regte… verbotene Begierden…
    »Es gab einen Kampf mit dem Killer?«, riss die Stimme seiner Frau ihn aus den Gedanken. »Hast du… hast du gesehen, wie Philippe starb? Hattest du deshalb solche Alpträume in der Nacht? Du… du hast dich hin und her geworfen und mehrfach im Schlaf aufgeschrien.«
    Gasser nickte abwesend. Er hatte die letzten Worte seiner Frau kaum gehört. »Ich sah es.« Ich habe gesehen, wie er von einer bleichen-Vampirin ausgesaugt wurde… »Es gab einen Schusswechsel«, log er. »Eine Kugel traf ihn ins Herz.«
    In Chantals Augenwinkeln sammelten sich Tränen. Ihre Unterlippe bebte, als sie die Arme um ihren
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