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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
Autoren: Steven Erikson
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Jaderegen prasselte wie ein Pfeilhagel aus zehntausend Schlachten herab. Auf der Straße war plötzlich ein Rattern zu hören, wie von den Rädern einer Kutsche.
    Beim letzten Geräusch drehte sie sich um und lächelte. »Oh«, sagte sie erleichtert, »da kommt ja meine Mitfahrgelegenheit.«
    Einst war er ein Magier aus Fahl gewesen, den die Verzweiflung zum Verrat getrieben hatte. Doch Anomander Rake war weder an ihrer Verzweiflung interessiert gewesen, noch an irgendeiner anderen Entschuldigung, die Schloot und seine Kameraden hätten vorbringen können. Wer den Sohn der Dunkelheit verriet, küsste Dragnipur, und irgendwo in dieser Legion, die im immerwährenden Zwielicht schuftete, waren Gesichter, die er erkennen würde, waren Augen, deren Blicke sich mit seinem kreuzen könnten. Und was würde er in ihnen sehen?
    Nur das, was er zurückgab. Verzweiflung war nicht genug.
    Dies waren seltene Gedanken, weder unwillkommener noch weniger unwillkommen als alle anderen, die sich über ihn lustig machten, wenn sie ihre Freiheit nutzten und in ihm aufstiegen und alsbald davondrifteten; und wenn sie nicht in der Nähe waren, tja, dann schwebten sie vielleicht durch fremde Himmel, glitten auf warmen Winden dahin, so sanft wie ein leises Lachen. Wer nicht fliehen konnte, war Schloot selbst – und das, was er auf allen Seiten ringsum sehen konnte. Dieser ölige Schlamm mit seinen scharfkantigen schwarzen Steinen, die die verrotteten Sohlen seiner Stiefel zerfetzten; die tödlich feuchte Luft, die einen schmierigen Film auf die Haut legte, als wenn die Welt selbst fieberte und schweißnass wäre. Die leisen Schreie – die merkwürdigerweise in Schloots Ohren immer klangen, als kämen sie von weit her – und, viel näher, das Ächzen und Knirschen der gewaltigen Maschinerie aus Holz und Bronze, das gedämpfte Quietschen von Ketten.
    Weiter, weiter, während der Sturm hinter ihnen immer näher rückte, Wolke sich auf Wolke türmte, silbern und brodelnd und von sich windenden eisengrauen Speeren durchsetzt. Asche regnete mittlerweile unaufhörlich auf sie herab, und jede Flocke war so kalt wie Schnee, doch dies war ein Schlamm, der nicht schmolz, sondern stattdessen den Matsch aufwühlte, bis es aussah, als marschierten sie durch ein Feld aus Schlacke und Abfallerz.
    Schloot war zwar ein Magier, aber weder klein noch zerbrechlich. Er hatte etwas Derbes an sich, das andere an einen Strolch und Gassenschläger hatte denken lassen – damals, in jenem Leben, das er früher gehabt hatte. Seine Gesichtszüge waren grob, kantig und in der Tat brutal. Er war ein starker Mann gewesen, aber das nützte nichts, nicht hier, nicht, wenn man ans Joch gekettet war. Nicht in Dragnipurs dunkler Seele.
    Die Anstrengung war unerträglich, aber er ertrug sie. Der Weg voraus war endlos, ein einziger wahnsinniger Schrei, doch er klammerte sich an seine geistige Gesundheit, wie ein Ertrinkender sich an ein zerfetztes Seil klammern mochte, und er zog sich vorwärts, Schritt um Schritt. Eiserne Fesseln ließen seine Gliedmaßen Blut weinen, ohne Hoffnung, dass es irgendwann aufhören würde. Schlammverkrustete Gestalten trotteten rechts und links von ihm dahin, und hinter ihnen, in der Düsternis nur undeutlich erkennbar, gab es noch unzählige andere.
    Bot ein miteinander geteiltes Schicksal Trost? Sich die Frage auch nur zu stellen konnte zu nichts anderem als zu hysterischem Gelächter führen, zum Sprung ins kostbare Vergessen des Wahnsinns. Nein, es gab gewiss keinen solchen Trost, der darüber hinausging, sich gegenseitig irgendwelcher Verrücktheiten, Pech und unbelehrbarer Dummheit zu bezichtigen, und diese Charakterzüge waren der Kameradschaft nicht gerade dienlich. Außerdem hatten die Gefährten auf beiden Seiten die Angewohnheit, binnen eines Augenblicks zu wechseln, ein unglückseliger Narr ersetzte den anderen in einem körnigen, verwaschenen Wirbel.
    Dazu gezwungen, sich immerzu in die Ketten legen zu müssen, um das Joch in Bewegung zu halten, blieb auf dieser alptraumhaften Flucht keine Kraft, keine Zeit für Gespräche. Und daher ignorierte Schloot die Hand, die seine Schulter anstieß, beim ersten Mal, beim zweiten Mal. Der dritte Stoß war allerdings so heftig, dass der Magier seitwärtsstolperte. Fluchend drehte er sich um und starrte denjenigen wütend an, der nun an seiner Seite ging.
    Einst, vor langer Zeit, wäre er beim Anblick einer solchen Erscheinung wahrscheinlich zurückgeschreckt. Sein Herz hätte vor Entsetzen einen
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