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Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Titel: Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler
Autoren: John Boyne
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Prinzipien, wenn es um die übrigen Dinge deines Lebens geht?«
    »Ich halte mich nicht für besser als dich, Tristan«, sagt er und schüttelt den Kopf. Er sieht auf seine Uhr und schluckt nervös. »Es rückt langsam näher.«
    »Wir können es aufhalten.«
    »Und was meinst du mit den übrigen Dingen meines Lebens ?«, fragt er und blickt mich unwillig an.
    »Das muss ich dir nicht genauer erklären«, sage ich.
    »Doch, das musst du. Erklär es mir. Wenn du etwas zu sagen hast, sag es. Viele Möglichkeiten wirst du dazu nicht mehr haben, also spuck’s aus, verflixt.«
    »Vom ersten Moment an«, sage ich, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern. »Vom ersten Moment an hast du dich mir gegenüber übel benommen.«
    »Ist das so?«
    »Machen wir uns doch nichts vor. Wir haben uns in Aldershot angefreundet, du und ich. Jedenfalls dachte ich, wir wären Freunde.«
    »Aber wir sind doch Freunde, Tristan«, sagt er. »Warum denkst du, dass es nicht so ist?«
    »Ich dachte, vielleicht wären wir noch mehr.«
    »Und was hat dir den Eindruck vermittelt?«
    »Muss ich dir das wirklich erklären?«, frage ich ihn.
    »Tristan«, sagt er mit einem Seufzen und fährt sich mit der Hand über die Augen. »Bitte, komm nicht wieder damit. Nicht jetzt.«
    »Du redest davon, als bedeutete es nichts.«
    »Aber es hat doch auch nichts bedeutet«, sagt er. »Mein Gott. Was ist denn mit dir los? Bist du gefühlsmäßig so verblendet, dass du nicht verstehst, was Trost sein kann, wenn es darum geht? Nichts anderes war das doch.«
    »Trost«, wiederhole ich.
    »Musst du unbedingt immer wieder darauf herumreiten?«, fragt er und wird jetzt wütend. »Du bist ja noch schlimmer als eine Frau, weißt du das?«
    »Ach, verpiss dich doch«, sage ich, obwohl ich es gar nicht so meine.
    »Aber es ist so. Und wenn du nicht davon aufhörst, rufe ich Corporal Moody und sage ihm, er soll dich irgendwo anders einsperren.«
    »Corporal Moody ist tot, Will«, sage ich. »Und wenn du an dem, was da draußen vorgeht, teilnehmen würdest und dich nicht in diesem praktischen kleinen Kabuff versteckt hieltest, wüsstest du es.«
    Das lässt ihn zögern. Er sieht weg und presst die Lippen zusammen.
    »Wann ist das passiert?«
    »Vor ein paar Nächten«, sage ich und tue es ab, als bedeutete es nicht viel. So unempfindlich bin ich mittlerweile gegen den Tod. »Hör zu, es ist nicht wichtig. Er ist tot. Williams und Attling sind tot. Milton ist tot. Alle sind tot.«
    »Nicht alle sind tot, Tristan. Übertreibe nicht. Du lebst, und ich lebe.«
    »Aber du wirst erschossen«, sage ich, und die Absurdität des Ganzen lässt mich fast lachen. »Das macht man mit Feiglingen.«
    »Ich bin kein Feigling«, sagte Will, steht auf und sieht mich wütend an. »Drückeberger sind Feiglinge. Ich bin kein Feigling, ich habe Prinzipien. Das ist ein Unterschied.«
    »Ja, das scheinst du zu glauben. Weißt du, wenn es nur das eine Mal gewesen wäre, vielleicht hätte ich es dann verstanden. Vielleicht hätte ich dann gedacht: Nun, es war das Ende unserer Grundausbildung. Wir waren verunsichert, hatten große Angst vor dem, was vor uns lag, und er hat sich Trost gesucht, wo er ihn finden konnte . Aber du warst es, Will, du warst es, der mich das zweite Mal mitgenommen hat. Und dann hast du mich angesehen, als widerte ich dich an.«
    »Manchmal widerst du mich tatsächlich an«, sagt er darauf. »Wenn ich mir überlege, was du bist, und begreife, dass du das auch von mir glaubst, und ich weiß, es ist nicht so. Du hast recht, in solchen Augenblicken widerst du mich an. Vielleicht ist das dein Leben. Vielleicht sieht so dein Schicksal aus. Meines nicht. Es ist nicht das, was ich wollte. Nie.«
    »Weil du dich belügst«, sage ich.
    »Ich glaube, du solltest besser aufpassen, was du sagst«, erwidert er, und seine Augen verengen sich. »Wir sind Freunde, Tristan, jedenfalls möchte ich das gerne so sehen. Und ich möchte nicht, dass wir das zerstören. Nicht jetzt. Nicht auf den letzten Metern.«
    »Das will ich doch auch nicht«, sage ich. »Du bist der beste Freund, den ich habe, Will. Du bist … Hör zu«, ich muss es aussprechen, unsere Zeit läuft ab, »ändert es irgendetwas, wenn ich sage, dass ich dich liebe?«
    »Gott noch mal, Mann!«, faucht er, und etwas Spucke spritzt auf den Boden. »Red nicht so. Was, wenn uns einer hört?«
    »Das ist mir egal«, sage ich und trete vor ihn hin. »Hör mir zu, nur dieses eine Mal. Wenn das hier alles vorbei ist …«
    »Geh weg«,
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