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Das Sonnenblumenfeld

Das Sonnenblumenfeld

Titel: Das Sonnenblumenfeld
Autoren: Andrej Longo
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eigentlich?«, antwortete Dummenico. »Reicht dir ein Wunder nicht?«
    »Klar, aber …«
    »Aber was? Du lebst, sie haben uns nicht eingelocht, wir haben sogar dem Mädchen das Leben gerettet … reicht dir das nicht, Prufessò?«
    »Ich verlange ja gar nix, Mimmù. Ich will einfach nur wissen, wer sich mit dem Geld jetzt 'ne schöne Zeit macht.«
    »Was interessiert uns das, Prufessò? Das war Schicksal, ist doch klar. Mich interessiert jetzt nur, dass du schnell wieder gesund wirst. Eins nach dem anderen.«
    Er stand auf, gab dem Professor einen scherzhaften Schlag auf den Kopf und trug die Schüssel mit dem Gemüse in die Küche. Einen Moment später tauchte er mit zwei Bier, einem Teller mit Käse, Brot und Tomaten so groß wie Pfirsichen auf.
    »Mè, lass uns anstoßen«, sagte der Professor.
    »Verträgst du das Bier, Prufessò?«
    »Mimmù, ich bitte dich!«
    »Aber der Arzt hat gesagt …«
    »Die haben doch keine Ahnung. Los, her mit dem Bier.«
    Dummenico gab ihm die Flasche und trank einen Schluck auf das Wohl des Professors.
    Dann schnitt er sich ein Stück Käse ab und aß es mit dem Brot und den Tomaten.
    Während sie so aßen, sahen sie einen Schwarzen.
    Er stand vor dem Tor und winkte.
    »Was will der denn?«, fragte Dummenico.
    »Ein Afrikaner, sucht sicher was zu essen.«
    »Da kommt er zu uns?«
    »Uns geht's immer noch besser als denen.«
    Dummenico hob die Hand.
    »Wir haben nicht mal 'nen Euro, Bruder!«, rief er.
    Der Schwarze winkte weiter.
    »Hat er nicht verstanden«, sagte der Professor.
    »Nix Euro, kein Geld«, rief Dummenico noch mal.
    Aber der rührte sich nicht vom Tor weg und winkte weiter.
    »Nun gib ihm schon was«, sagte der Professor.
    Dummenico stand auf und lief widerwillig in die Küche. Er nahm ein halbes Kilo Brot, ein Stück Caciocavallo und einen Apfel, steckte alles in eine Papiertüte und ging raus, um es dem Schwarzen zu bringen.
    »Mè, Bruder, Geld hab ich keins. Nimm das Essen
und versuch es an einer anderen Tür«, sagte Dummenico.
    »Ich hab schon gegessen«, antwortete der Schwarze. »Trotzdem danke, Dummenico.«
    Dummenico war erstaunt, dass der Schwarze ihn beim Namen nannte.
    »Kennen wir uns?«
    »Ja, wir kennen uns«, antwortete der Schwarze. »Und den da kenn ich auch«, fuhr er fort und zeigte auf den Professor.
    Dummenico schaute noch verwunderter drein.
    »Ciucculatì, bist du sicher?«
    »Darf ich?«, fragte der Schwarze. Er nahm die große Tasche mit seinen Sachen, kam in den Hof und ging auf den Professor zu.
    »Prufessò, der sagt, er kennt uns.«
    »Ciao, Bruder«, sagte der Schwarze, als er den Professor erreicht hatte.
    Der schaute ihn an und sagte sofort:
    »Wir kennen den auch.«
    »Wer ist das denn?«, fragte Dummenico.
    »Der von der Lottostelle! Mit den hundert Euro«, sagte der Professor.
    »Ja, die Lottostelle«, bestätigte der Schwarze und zeigte das Weiß seiner Zähne.
    »Ciucculatì«, sagte Dummenico, beugte sich vor und schaute ihm fest in die Augen, »wenn du uns erpressen willst, bist du hier falsch.«
    Der Schwarze schaute ihn ernst an und schwieg.
    Dann beugte er sich über seine Tasche, löste die Kordel, mit der sie zugebunden war, und zog eine kleinere Tasche heraus, die er Dummenico gab.
    »Das gehört euch«, sagte er.
    Als sie die Tasche sahen, traf die Freunde fast der Schlag. Dann riss Dummenico sich zusammen, nahm die Tasche und machte sie auf.
    Darin lag das Geld von dem Überfall. Er zählte nicht nach, aber es sah aus, als fehlte nichts.
    Er schaute den Schwarzen an.
    Er sah seine Haut, gezeichnet von Narben, und die geröteten Augen von einem, der wenig und schlecht schlief.
    »Warum hast du die Kohle nicht behalten?«, fragte er.
    »Ich hab drüber nachgedacht«, antwortete der Schwarze, »aber es ist nicht mein Geld, sondern eures. Das wäre nicht recht gewesen.«
    »Wie ist das Geld überhaupt bei dir gelandet?«, wollte der Professor wissen.
    Der Schwarze erzählte ihnen alles, was nach dem Überfall auf die Lottostelle passiert war. Und er erzählte auch, dass es Nacht geworden war, als der Commissario ihn laufenließ und kein Bus mehr fuhr. Todmüde lief er durch die Felder, weil er sich irgendwo unter einen Baum legen wollte. Dann hatte er den Lieferwagen im Schilf gefunden und gedacht,
dass es bequemer war, sich dort reinzulegen, anstatt die Nacht draußen zu verbringen, wo es feucht war.
    Am nächsten Morgen bekam er Hunger, deshalb suchte er im Wagen nach etwas Essbarem. So fand er die Wagenpapiere mit
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