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Das Skript

Das Skript

Titel: Das Skript
Autoren: Arno Strobel
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in der Scheibe, so dass er nichts erkennen konnte. Außerdem stand er auch zu weit vom Fenster entfernt. Wahrscheinlich war ihr Wohnzimmer im Biedermeier-Stil eingerichtet, passen würde es zu ihr. Er sah sich in dem kleinen, noch winterlich, aber gepflegt aussehenden Garten um, ließ den Blick über die Rückseite des weißen Einfamilienhauses wandern und setzte sich dann in Bewegung, auf die Terrasse mit der großen Scheibe zu. Vielleicht konnte er ja doch einen Blick – Er konnte nicht, denn noch bevor er den Rand der beigen Terrassenplatten erreicht hatte, stand Matthiessen schon wieder in der Tür. Sie trug nun eine schwarze Jeans und einen engen beigefarbenen Pullover mit V-Ausschnitt. Über dem Arm hatte sie eine braune Lederjacke hängen. Erdmann stellte widerwillig fest, dass diese Sachen ihre sportliche Figur betonten und sie ganz passabel aussah.
    »Sie stehen ja immer noch hier rum«, sagte sie und schüttelte den Kopf, als könne sie es nicht glauben. »Denken Sie, ich lasse die Terrassentür offen stehen? Gehen Sie nach vorne, ich komme zur Haustür raus.« Und während sie sich schon umdrehte, fügte sie hinzu: »Ab und zu ist es auch für einen Oberkommissar erlaubt, mitzudenken.«
    Erdmann fühlte Ärger in sich aufsteigen, und er fragte sich, ob das wirklich nur an Matthiessens Bemerkung lag. Er verließ den Garten wieder über den schmalen Weg neben dem Haus und kam gleichzeitig mit ihr vorne an. Sie ging zielstrebig auf den silbernen Golf aus dem Fahrzeugpool des LKA zu, den sie fuhr, seit Erdmann mit ihr zusammenarbeitete. »Kommen Sie, wir nehmen meinen.« Mit dem Kopf deutete sie zum Straßenrand, wo Erdmanns schwarzer Passat stand. »Den können Sie da stehen lassen, ich setze Sie später wieder hier ab.«
    Erdmann steuerte auf die Beifahrerseite des Golf zu, doch bevor er den Wagen erreicht hatte, war Matthiessen schon dort eingestiegen.
Von wegen, ich setze sie später wieder hier ab – die Frau Hauptkommissarin lässt sich in ihrem Wagen von mir chauffieren
, dachte er und ignorierte dabei die Tatsache, dass es durchaus üblich war, dass der Dienstrangniedrigere fuhr. Während er den Fahrersitz in die richtige Position brachte, stellte er sachlich fest, dass er sich über Matthiessen geradezu ärgern
wollte
.
    »Ein Wort noch zu unserer Zusammenarbeit, Herr Erdmann«, sagte sie mit ruhiger Stimme, als er von ihrer Einfahrt auf die Straße abbog.
    Ah, jetzt kommt’s!
Er warf einen schnellen Blick zu ihr hinüber, wobei er versuchte, ein unschuldiges Grinsen aufzusetzen.
    »Mir ist klar, dass Sie mich nicht sonderlich mögen, und ich kann Ihnen versichern, dass mir das herzlich egal ist. Ich habe mich nicht darum gerissen, in diese BAO zu kommen, aber man hat an höherer Stelle so entschieden, auch, dass wir zusammenarbeiten, und zwar an einer Sache, bei der es im schlimmsten Fall um ein Menschenleben geht. Dabei ist kein Platz für Machtspielchen oder so was. Vielleicht denken Sie ja, es genügt, in teuren Markenklamotten herumzulaufen, um wie ein Chef auszusehen. Dem ist nicht so.« Wie zur Unterstreichung ließ sie ihren Blick über seine Designerjeans, das hellgraue Markenpoloshirt und das teure, anthrazitfarbene Sakko wandern, das er trug. »Ich habe die größere Erfahrung und den höheren Dienstrang, und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie das ein für alle Mal akzeptieren könnten und sich Ihre spitzen Bemerkungen und kleinen Gesten zumindest in meiner Gegenwart sparen würden. Fassen Sie das als ernstgemeinte Bitte auf. Dieses Mal noch.«
    Erdmann musste an einer Kreuzung anhalten und sah wieder zu seiner Kollegin. Einem Impuls folgend wollte er ihr sagen, was er von ihr und ihrer Erfahrung hielt und wo sie sich ihre Dienstvorschriften und ihr rechthaberisches Getue hinstecken konnte. Und dass die Tatsache, dass er Wert auf sein Äußeres legte und nicht in Billigklamotten herumlief, rein überhaupt nichts mit seiner Qualifikation als Kriminalbeamter zu tun hatte. Aber er machte sich im gleichen Moment bewusst, dass sie ihm ziemliche Schwierigkeiten machen konnte, ob ihm das nun gefiel oder nicht, und dass bis auf die Sache mit seiner Kleidung das, was sie gesagt hatte, zudem stimmte. Sie arbeiteten zusammen, und es kam nicht darauf an, dass sie sich besonders mochten, sondern dass sie die junge Frau finden und – sollte sie tatsächlich entführt worden sein – hoffentlich vor Schlimmerem bewahren konnten. Auch wenn er nicht verstand, warum man ihm Matthiessen vor die
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