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Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition)
Autoren: Petra Schier
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uns», fiel Jacobus ihm erneut ins Wort.
    Aus Richtung des Parvischs ertönte das Geklapper von Pferdehufen. Ein Stadtsoldat ritt in flottem Trab auf sie zu und zügelte sein Reittier direkt vor ihnen.
    «Jacobus von Moers, Ihr werdet dringend gebraucht», sagte er. «Folgt mir!»
    «Was gibt es?», wollte der Dominikaner wissen, während er sich bereits in Bewegung setzte und Christoph mit einer Geste aufforderte, ihm zu folgen.
    Der Soldat drehte sich kurz im Sattel um. «Wir haben ihn!»
***
    Marysas Finger zitterten, als sie das erste Pergament an die züngelnde Flamme der Fackel hielt. Sogleich ergriff das Feuer Besitz von dem Schriftstück, fraß es hungrig auf. Schnell ließ Marysa es fallen, damit sie sich nicht verbrannte.
    «Das nächste», forderte Leynhard sanft.
    Gehorsam nahm sie eine weitere Urkunde, danach wieder eine. Die Briefe, die Christoph selbst verfasst hatte, übergab sie zuletzt den Flammen. Ihre Augen brannten; das kleine Häuflein Asche, das sich vor ihr auf dem Boden gebildet hatte, ließ ihre Angst wachsen.
    «Tapfer seid Ihr», sagte Leynhard. Fast klang es, als bedauere er diesen Umstand. «Keine Tränen? Die Zukunft Eures Buhlen ist besiegelt, Frau Marysa. Morgen beginnt sein Prozess. Leider …» Seine linke Hand legte sich in ihren Nacken, kroch langsam unter ihre Haube in ihr Haar. Mit einem Ruck zog er ihren Kopf zurück. «Leider werdet Ihr dessen Ausgang nicht mehr erleben.»
    So abrupt er sie an sich gezogen hatte, stieß er sie im nächsten Moment von sich und sprang auf die Füße.
    «Entkleidet Euch», forderte er in scharfem Befehlston.
    Ungläubig blickte sie zu ihm auf.
    Er machte eine bedrohliche Geste mit dem Dolch. «Macht schon. Das Kleid – zieht es aus! Dann die Haube.»
    Marysas Herz krampfte sich zusammen. Aus Furcht, Leynhard könnte in einem plötzlichen Wutanfall zustechen, gehorchte sie. Mit noch immer zitternden Fingern legte sie ihren Mantel ab und bemühte sich, die Verschnürung ihres Kleides zu lösen.
    Zeit, sie musste Zeit gewinnen, schoss es ihr durch den Kopf. Geruscha war ihr gefolgt. Sie musste doch längst Hilfe geholt haben. Warum kam niemand, um sie zu befreien?
    Sie ließ von der Verschnürung ab und griff sich vorsichtig an den Knebel. Fragend blickte sie Leynhard an. Er verstand sofort, was sie wollte, zuckte nur mit den Schultern. «Wie Ihr wollt, Frau Marysa. Schreien nützt Euch hier unten sowieso nichts.»
    Mit fliegenden Fingern nestelte Marysa den Knoten an ihrem Hinterkopf auf und war erleichtert, als sich der Knebel endlich löste. Ihr Rachen war so ausgedörrt, dass sie zunächst hustete und keinen Ton herausbrachte. Schließlich gelang es ihr zu sprechen. «Warum tust du das, Leynhard? Willst du mich wirklich umbringen?»
    «Nein.» Ein trauriger Ausdruck huschte über sein Gesicht. «Ich will es nicht, Frau Marysa, aber ich muss. Ihr seid selbst schuld. Hättet Ihr mich geheiratet, wäre alles gut geworden.» Nun klang er fast weinerlich. Sein Ton wurde jedoch unvermittelt wieder scharf. «Das Kleid!», forderte er.
    Gehorsam lockerte sie die Verschnürung so weit, dass sie das Kleid über den Kopf ziehen konnte. Dabei bemerkte sie eine Bewegung an der Treppe. Oder hatte sie sich getäuscht? Ihr Herz begann wild zu klopfen. Wieder hielt sie inne und betete innerlich, sie möge recht gesehen haben. «Du hast mir noch immer nicht gesagt, warum du das getan hast, Leynhard.» Sie wunderte sich, wie fest ihre Stimme plötzlich klang.
    «Ihr wisst, warum», schnauzte er sie an. «Ich habe es Euch erklärt.»
    Marysa heftete ihren Blick auf die Klinge des Dolches, mit der er aufgebracht herumfuchtelte. «Nein, Leynhard, ich meine, warum hast du die silbernen Pilgerabzeichen gestohlen und gegen gefälschte ausgetauscht? Das warst doch du, nicht wahr?»
    Leynhards Miene entspannte sich wieder. «Sicher war ich das. Ich brauchte Geld. Und ich wollte nicht, dass eine Ketzerin wie Ihr diesen Auftrag für das Marienstift ausführt. Die Silberzeichen wären besudelt gewesen! Es kann nicht angehen, dass Ihr mit Euren Betrügereien immer und immer mehr Ehre einheimst.»
    Marysas Blick flackerte ob dieser Beschuldigung und irrte kurz wieder zu der Stelle, an der sie eben die Bewegung meinte wahrgenommen zu haben. Die Treppe lag jedoch fast im Dunkeln; nichts deutete darauf hin, dass sich dort jemand versteckt hielt. Rasch zwang sie sich, wieder Leynhard anzusehen. «Hat Meister van Hullsen dir die gefälschten Silberzeichen
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