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Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition)
Autoren: Petra Schier
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uns der Lächerlichkeit preisgegeben hat.»
    «Vielleicht ist dem so», sagte van Oenne ruhig. «Aber nicht wegen unserer Vorgehensweise, die jedem Bürger Aachens zur Genüge bekannt sein dürfte, sondern vielmehr weil durch unser Handeln Eure Engstirnigkeit zutage kam. Hätten wir den Meister Schreinemaker nicht in die Obhut des Marienstifts genommen, so hättet Ihr morgen den Prozess gegen ihn begonnen, ohne die äußeren Umstände zu berücksichtigen.»
    «Das ist nicht wahr!», wetterte Volmer. «Wenn es Beweise für seine Unschuld gibt, hätten wir sie selbstverständlich geprüft. Für wen haltet Ihr uns eigentlich?»
    Van Oenne schwieg einen Augenblick, bevor er antwortete: «Ohne unser Zutun, werte Schöffen, gäbe es vermutlich keine Beweise für seine Unschuld. Ihr habt deren Existenz von Beginn an nicht wahrhaben wollen. Die Aussagen des Meisters Hartwig Schrenger sowie einiger seiner Freunde reichten Euch vollkommen aus, weil Schrenger der oberste Greve der Schreinerzunft und somit ein hoher Amtmann ist. Die Urkunden, die nun zu einem Häuflein Asche verbrannt sind, wolltet Ihr nicht als Beweise akzeptieren. Ihr glaubtet, es gäbe sie gar nicht oder aber sie seien gefälscht.»
    «War das nicht naheliegend?», mischte van Eupen sich ein. «Wie groß ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass der Schreinemaker die Geschichte des Diebstahls nur erfunden hat, um seiner Strafe zu entgehen? Doch wesentlich größer als die Annahme, ein übergeschnappter Geselle habe sie gestohlen, um damit seiner Meisterin eins auszuwischen.»
    «Ich bitte Euch, Herr van Eupen!» Der Domherr stand auf und trat auf den Schöffenmeister zu. «Spielt diese Angelegenheit nicht herunter. Hier ging es nicht um den Streich eines dummen Jungen, sondern um Raub, Mord, Brandstiftung. Darum, dass ein offensichtlich irr gewordener Mann sowohl einer angesehenen Handwerkerfamilie Aachens als auch dem Marienstift erheblichen Schaden zufügen wollte und dazu vor nichts zurückgeschreckt ist.»
    «Das konnten wir nun wirklich nicht wissen», versuchte van Eupen sich zu verteidigen.
    Nun trat auch Jacobus vor. «Natürlich nicht. Ihr habt diese Möglichkeit ja von Anfang an nicht erwogen und sie bis zuletzt von Euch gewiesen.»
    «Nur, weil die Ähnlichkeit zwischen dem Schreinemaker und diesem Ablasskrämer so auffällig ist», erwiderte Volmer. «Auch Ihr müsst zugeben, dass sie sich gleichen wie ein Ei dem anderen. Da war es nur natürlich, an dieser abstrusen Geschichte von einem Zwillingsbruder zu zweifeln.»
    «Ja, weil Zwillinge sich ja so selten ähnlich sehen», gab Jacobus in ätzendem Ton zurück. «Aber lassen wir das. Worauf ich hinauswill, ist, dass Ihr Euch von den Hetzreden Meister Schrengers habt blenden lassen, obwohl Ihr genau wusstet, dass er nicht gut auf seine Cousine, die Witwe Markwardt, zu sprechen ist und es schon zu Lebzeiten ihres Vaters immer wieder zu Streitigkeiten wegen des Erbes kam. Ich bin froh, dass er hier und heute nicht anwesend ist, weil zu befürchten steht, dass selbiges erneut passieren würde. Ich habe mit der städtischen Zunftordnung nichts zu schaffen, aber meiner Meinung nach gehört ein Mann wie Hartwig Schrenger unverzüglich seines Amtes enthoben. Das gehört nicht hierher, ich weiß, deshalb werde ich nicht weiter darauf eingehen. Darüber haben schlussendlich andere Instanzen zu befinden.»
    «Der Punkt ist», übernahm wieder van Oenne das Wort, «dass der Prozess gegen Meister Schreinemaker ohne das Zutun von Bruder Jacobus und seinen Männern gewiss unter schlechten Vorzeichen für den Angeklagten gestanden hätte. Möglicherweise wäre nämlich nicht nur seine Verlobte inzwischen tot, sondern auch für ihn jede Möglichkeit zunichtegemacht, seine Unschuld zu beweisen.»
    «Womit wir wieder bei Eurer Beschwerde wären», ergänzte Jacobus, «dass unsere Vorgehensweise in dieser Sache ungewöhnlich war. Da stimme ich Euch sogar zu, Meister Volmer.»
    «Ach ja?»
    «Sie war sogar sehr ungewöhnlich», fuhr der Dominikaner fort. «Bei einem weniger gewitzten und hinterhältigen Mann als Leynhard hätte ich, da gebe ich Euch recht, nicht gezögert, sogleich zuzuschlagen, ihn festnehmen zu lassen und unverzüglich in die Folterkammer bringen zu lassen. Ist Euch nicht inzwischen bewusstgeworden, dass Leynhard Sauerborn dem Wahnsinn verfallen ist? Möglicherweise ist er auch von einem bösen Dämon besessen. Dies zu prüfen, dürfte unsere nächste Aufgabe sein. Gefängnis und Folter hätten
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