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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Anlegestelle das Schnauben von Pferden, die mit Gewalt auf die Fähre gezogen wurden, mit den Hufen auf die Bretter trommelten. Geschrei. Durcheinander. Das Platschen von Wasser, als ein heruntergestoßener Wagen hineinfiel, das Brüllen der Ochsen, die die Mäuler aus dem Wasser streckten. Geralt sah zu, wie Pakete und Kisten aus dem Wagen sich in der Strömung drehten, gegen die Bordwand der Fähre stießen, fortschwammen. Geschrei, Flüche. Im Hohlweg eine Staubwolke, Hufschlag.
    »Der Reihe nach!«, schrie der mit dem Kopfverband mit überkippender Stimme und ritt mit dem Pferd in die Menge. »Ordnung, ihr Hundesöhne! Der Reihe nach!«
    »Geralt«, stöhnte Rittersporn und griff nach dem Steigbügel. »Siehst du, was dort los ist? Im Leben schaffen wir’s nicht, auf diese Fähre zu kommen. Die Soldaten werdendamit so viel übersetzen, wie sie schaffen, und sie dann verbrennen, damit die Nilfgaarder sie nicht benutzen können. So macht man das für gewöhnlich, oder?«
    »Scheint so.« Der Hexer nickte. »So macht man es für gewöhnlich. Ich begreife nur nicht, wieso diese Panik? Ist das vielleicht der erste Krieg, als ob es noch nie welche gegeben hätte? Wie üblich werden sich die Truppen der Könige gegenseitig zusammenhauen, und dann werden sich die Könige einigen, einen Vertrag unterschreiben und sich bei der Gelegenheit beide volllaufen lassen. Für die, die sich gerade an der Fähre die Rippen zerquetschen, ändert sich im Grunde nichts. Warum also der ganze Aufruhr?«
    Rittersporn sah ihn wachsam an, ohne den Steigbügel loszulassen.
    »Du hast vielleicht miserable Informationen, Geralt«, sagte er. »Oder du kannst ihre Bedeutung nicht verstehen. Das ist kein gewöhnlicher Krieg um die Thronfolge oder um ein Fleckchen Erde. Das ist kein Geplänkel von zwei Feudalherren, dem die Bauern zuschauen, ohne die Heuernte zu unterbrechen.«
    »Was ist es dann? Weihe mich ein, denn ich weiß wirklich nicht, worum es geht. So unter uns gesagt, unterm Strich kümmert mich das wenig, aber erklär’s mir bitte.«
    »Einen Krieg wie diesen hat es noch nie gegeben«, sagte der Barde ernst. »Die Armee Nilfgaards lässt hinter sich verbrannte Erde und Leichen. Ganze Felder von Leichen. Das ist ein Vernichtungskrieg. Nilfgaard gegen alle. Die Grausamkeiten ...«
    »Einen Krieg ohne Grausamkeiten hat es nie gegeben«, unterbrach ihn der Hexer. »Du übertreibst, Rittersporn. Das ist wie mit dieser Fähre: So macht man es für gewöhnlich. So ist das, würde ich sagen, militärische Tradition. Seit die Welt steht, morden, rauben, brennen und vergewaltigen die durchs Land ziehenden Armeen, wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Seit die Welt steht, verstecken sich in Kriegszeiten die Bauern mit den Weibern und dem Vieh in den Wäldern, und wenn alles vorbei ist, kehren sie zurück.«
    »Nicht in diesem Krieg, Geralt. Nach diesem Krieg wird es niemanden geben, der zurückkehren könnte, und keinen Ort, an den er zurückkehren könnte. Nilfgaard hinterlässt nichts als Brandasche, die Armeen ziehen in breiter Front einher und schlachten alles ab. Galgen und Pfähle ziehen sich meilenweit an den Landstraßen entlang, Rauch steigt gen Himmel, so weit das Auge reicht. Du sagtest, so was habe es nicht gegeben, seit die Welt steht? Richtig. Ja, seit die Welt steht. Unsere Welt. Denn es sieht danach aus, dass die Nilfgaarder über die Berge gekommen sind, um unsere Welt zu vernichten.«
    »Das hat keinen Sinn. Wem könnte an der Vernichtung der Welt gelegen sein? Man führt keine Kriege, um zu vernichten. Kriege werden aus zwei Gründen geführt. Der eine ist Macht, der andere Geld.«
    »Philosophiere nicht, Geralt! Was hier geschieht, kannst du mit Philosophie nicht ändern! Warum hörst du nicht zu? Warum siehst du nicht hin? Warum willst du es nicht verstehen? Glaub mir, die Jaruga wird die Nilfgaarder nicht aufhalten. Im Winter, wenn der Fluss zufriert, werden sie weitermarschieren. Ich sage dir, wir müssen verschwinden, bis in den Norden, dort kommen sie vielleicht nicht hin. Aber selbst wenn sie dort nicht hinkommen, wird unsere Welt nie mehr sein, wie sie war. Geralt, lass mich nicht hier zurück! Ich komme allein nicht zurecht! Lass mich nicht im Stich!«
    »Du musst verrückt sein, Rittersporn.« Der Hexer neigte sich im Sattel herunter. »Du musst vor Angst verrückt sein, wenn du denken kannst, ich ließe dich im Stich. Gib die Hand, spring aufs Pferd. Hier hast du nichts zu suchen, auf die Fähre kommst
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