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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung
Autoren: Andrzej Sapkowski
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her. Ihr müsst davon gehört haben.«
    »Ich war nicht hier«, murmelte der Hexer. »Seit einem Jahr. Ich war im Norden. Aber ich habe gehört ... Die Zweite Schlacht um Sodden ...«
    »In der Tat. Gleich werdet Ihr die Anhöhe und den Felsblock sehen. Früher hatten wir für diese Anhöhe einen gewöhnlichen Namen, Habichtberg, aber jetzt sagen alle Berg der Zauberer oder Berg der Vierzehn. Denn zweiundzwanzig von ihnen haben in der Schlacht dort gestanden, und vierzehn sind gefallen. Das war eine schreckliche Schlacht, Herr Geralt. Die Erde hat sich aufgebäumt, vom Himmel hat es Feuer geregnet, Blitze sind eingeschlagen ... Die Leichen lagen dicht an dicht. Aber die Zauberer haben die Schwarzen überwunden, haben die 
Gewalt
 gebrochen, die sie geführt hat ... Vierzehn haben ihr Leben hingegeben ... Was ist, Herr? Was ist Euch?«
    »Nichts. Sprich weiter, Yurga.«
    »Eine schreckliche Schlacht war das, oi, wenn nicht diese Zauberer auf der Anhöhe gewesen wären, wer weiß, vielleicht würden wir dann nicht hier auf dem Weg nach Hause reden, denn es gäbe kein Zuhause, mich gäbe es nicht, und Euch vielleicht auch nicht ... Ja, das verdanken wir den Zauberern. Vierzehn von ihnen sind umgekommen, als sie uns verteidigten, die Leute von Sodden und dem Flussland. Ha, gewiss, andere haben auch da gekämpft, Krieger und der Adel, und auch von den Bauern hat, wer nur konnte, eine Mistgabel oder Axt genommen, oder wenigstens einen Knüppel. Alle haben sich tapfer geschlagen, und manch einer ist gefallen. Aber die Zauberer ... Für einen Krieger ist es keine Kunst, zu fallen, denn das ist sein Beruf, und das Leben ist sowieso kurz. Aber Zauberer können ja leben, solange sie wollen. Und sie haben nicht gezögert.«
    »Sie haben nicht gezögert«, wiederholte der Hexer und rieb sich die Stirn. »Nicht gezögert. Und ich war im Norden ...«
    »Was ist mit Euch, Herr?«
    »Nichts.«
    »Ja ... Und so bringen wir, alle aus der Gegend bringen wir jetzt Blumen dorthin, auf die Anhöhe, und in der Maienzeit, zu Belleteyn, brennt dort immer ein Feuer. Und wird in alle Ewigkeit brennen. Und sie werden ewig in der Erinnerung der Menschen leben, diese vierzehn. Und so ein Leben in der Erinnerung ist ja ... Das ist ... etwas mehr! Mehr, Herr Geralt!«
    »Du hast recht, Yurga.«
    »Jedes Kind kennt bei uns die Namen dieser vierzehn, die in den Stein gehauen sind, der auf dem Gipfel der Anhöhe steht. Ihr glaubt es nicht? Hört: Axel, genannt der Gefleckte, Triss Merrigold, Atlan Kerk, Vanielle von Brugge, Dagobert von Vole ...«
    »Hör auf, Yurga.«
    »Was ist Euch, Herr? Ihr seid totenbleich!«
    »Nichts.«

VII
    Er ging den Berg sehr langsam hinan, vorsichtig, achtete auf die Arbeit der Sehnen und Muskeln in der magisch geheilten Wunde. Obwohl die Entzündung vollends abgeklungen zu sein schien, schonte er das Bein weiterhin und wagte es nicht, das ganze Körpergewicht darauf zu verlagern. Es war heiß, und der Geruch der Gräser stieg ihm in den Kopf, benahm ihm die Sinne, doch er war angenehm.
    Der Obelisk stand nicht im Mittelpunkt des flachen Gipfels, er war ein Stück zurückversetzt, aus einem Kreis kantiger Steine heraus. Wenn er kurz vor Sonnenuntergang gekommen wäre, wäre der Schatten des Menhirs in den Kreis gefallen und hätte genau dessen Mittelpunkt bezeichnet, dazu die Richtung, der die Gesichter der Zauberer während der Schlacht zugewandt waren. Geralt blickte in jene Richtung, zu den grenzenlosen, hügeligen Feldern hin. Wenn es dort noch Knochen der Gefallenen gab – und die gab es bestimmt –, so verdeckte sie das hochgeschossene Gras. Ein Habicht zog dort ruhig seine Kreise auf weit ausgebreiteten Flügeln. Der einzige bewegliche Punkt in der unter der Sonnenglast erstarrten Landschaft.
    An der Basis war der Obelisk breit – um ihn zu umfassen, hätten mindestens vier, fünf Menschen eine Kette bilden müssen. Es war offensichtlich, dass er ohne Hilfe von Magie nicht auf die Anhöhe zu bringen gewesen wäre. Die dem Steinkreis zugewandte Seite war glatt behauen, auf ihr waren eingehauene Runenzeichen zu sehen.
    Die Namen der vierzehn, die umgekommen waren.
    Er ging langsam näher. In der Tat, Yurga hatte recht. Am Fuße des Obelisken lagen Blumen – gewöhnliche Feldblumen: Mohn, Lupinen, Malven, Vergissmeinnicht.
    Die Namen der vierzehn.
    Er las langsam, von oben her, und vor den Augen standen ihm die Gesichter derer, die er kannte.
    Triss Merrigold mit dem kastanienbraunen Haar, die aus jedem
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