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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Weißhaarige bückte sich und zog aus dem Loch eine sonderbare Gestalt, einen wunderlichen Körper, in blutverschmierten Staub gehüllt. Er hielt das Geschöpf am langen, echsenartigen Schwanz gepackt und warf es wortlos dem dicken Schulzen vor die Füße. Der Schulze sprang zurück und stolperte über einen Mauerbrocken, den Blick auf den gebogenen Vogelschnabel gerichtet, die ledrigen Flügel und die schuppenbedeckten Pfoten. Auf den aufgedunsenen Kropf, einst karminrot, jetzt schmutzig rötlich. Auf die glasigen, eingesunkenen Augen.
    »Da ist der Basilisk«, sagte der Weißhaarige und klopfte sich den Staub von der Hose. »Wie vereinbart. Meine zweihundert Lintar, wenn’s beliebt. Gute Lintar, wenig beschnitten. Ich prüf nach, ich sag’s gleich.«
    Der Schulze kramte mit zitternden Händen einen Geldbeutel hervor. Der Weißhaarige sah sich um, ließ den Blick einen Moment lang auf dem Knienden verharren, auf dem zu seinen Füßen liegenden Messer. Er schaute den Mann im braunen Umhang an, die Mädchen in den Luchsfellen.
    »Wie üblich«, sagte er und nahm die Geldkatze aus den bebenden Händen des Schulzen. »Ich riskier euretwegen für ein paar Pfifferlinge den Hals, und ihr macht euch inzwischen über meine Sachen her. Ihr ändert euch nie, hol euch der Teufel.«
    »Wir haben nichts angerührt«, murmelte der Fleischer und wich zurück. Die beiden mit den Knüppeln waren längst in der Menge untergetaucht. »Wir haben Eure Sachen nicht angerührt, Herr.«
    »Sehr erfreut.« Der Weißhaarige lächelte. Angesichts dieses Lächelns, das auf dem bleichen Gesicht erblühte wie eine aufbrechende Wunde, begann sich die Menge rasch zu zerstreuen. »Und darum, Brüderchen, werde ich dich auch nicht anrühren. Geh in Frieden. Aber geh schnell.«
    Der Picklige wollte sich ebenfalls zurückziehen, rückwärts. Die Pickel auf seinem bleich gewordenen Gesicht traten plötzlich hässlich hervor.
    »He, warte«, sagte der Mann im braunen Umhang zu ihm. »Du hast etwas vergessen.«
    »Was... Herr?«
    »Du hast das Messer gegen mich gezückt.«
    Das größere der beiden Mädchen, das breitbeinig dastand, bewegte sich plötzlich, drehte sich in der Hüfte. Ohne dass jemand gesehen hätte, wie sie den Säbel zog, pfiff dieser scharf durch die Luft. Der Kopf des Pickligen flog in hohem Bogen in die dunkle Öffnung des Verlieses. Der Körper fiel steif und schwer wie ein gefällter Baumstamm zwischen den Ziegelschutt. Die Menge schrie auf wie mit einer Stimme. Das andere Mädchen, die Hand am Heft, drehte sich behende um und gab Rückendeckung. Es war nicht nötig. Über die Trümmer stolpernd und sich drängend, lief die Menge zur Stadt, so schnell sie nur konnte. An der Spitze rannte mit beeindruckenden Sätzen der Schulze, der den riesenhaften Fleischer um etliche Klafter überholt hatte.
    »Ein hübscher Hieb«, bemerkte der Weißhaarige kalt und schirmte mit der Hand im schwarzen Handschuh die Augen gegen die Sonne ab. »Ein hübscher Hieb mit einem serrikanischen Säbel. Ich verneige mich vor der Tüchtigkeit und der Schönheit der freien Kriegerinnen. Ich bin Geralt von Riva.«
    »Und ich«, der Unbekannte im braunen Umhang zeigte auf ein verschossenes Wappen auf der Vorderseite seiner Kleidung, das drei schwarze Vögel darstellte, die in einer Reihe in einem ungeteilten goldenen Feld saßen, »ich bin Borch, genannt Drei Dohlen. Und das sind meine Mädchen, Tea und Vea. So nenne ich sie, denn bei ihren richtigen Namen kann man sich die Zunge brechen. Sie sind beide, wie du richtig erraten hast, Serrikanerinnen.«
    »Ihnen habe ich es anscheinend zu verdanken, dass mir Pferd und Habe geblieben sind. Ich danke euch, Kriegerinnen. Ich danke auch Euch, Herr Borch.«
    »Drei Dohlen. Und schenk dir den ›Herrn‹. Hält dich etwas an diesem Ort, Geralt von Riva?«
    »Ganz im Gegenteil.«
    »Hervorragend. Ich habe einen Vorschlag – hier in der Nähe, bei der Weggabelung an der Straße zum Flusshafen, gibt es eine Herberge. Sie heißt ›Zum Nachdenklichen Drachen‹. Die Küche dort hat in der ganzen Gegend nicht ihresgleichen. Dorthin bin ich eigentlich unterwegs, um was zu essen und ein Nachtlager zu bekommen. Es wäre mir lieb, wenn du mir Gesellschaft leisten wolltest.«
    »Borch« – der Weißhaarige wandte sich vom Pferd ab, schaute dem Unbekannten in die hellen Augen –, »ich möchte nicht, dass es zwischen uns Unklarheiten gibt. Ich bin Hexer.«
    »Das hab ich mir gedacht. Aber du sagst es in einem Ton, als
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